Leitsatz (amtlich)

Über die Zulassung der Beschwerde ist im Ausgangsbeschluss zu entscheiden. Enthält dieser keinen ausdrücklichen Ausspruch zur Zulassung, ist das Rechtsmittel nicht zugelassen. Die nachträgliche Zulassung der Beschwerde durch das AG ist grundsätzlich unwirksam.

 

Normenkette

FamFG § 61; ZPO §§ 511, 522; BGB § 1605

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Beschluss vom 26.05.2011; Aktenzeichen 11 UF 336/11)

AG Erlangen (Beschluss vom 17.01.2011; Aktenzeichen 2 F 331/08)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des OLG Nürnberg vom 26.5.2011 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

Wert: 500 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind getrennt lebende Eheleute. In der vorliegenden Scheidungssache ist der Antragsgegner in der Folgesache zum Güterrecht durch Teilbeschluss des AG zur Auskunft über schenkweise oder unentgeltliche Zuwendungen an seine Eltern in der Zeit von März 1998 bis März 2008 verpflichtet worden. In einem späteren Beschluss hat das AG den Beschwerdewert auf 500 EUR festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Das OLG hat die vom Antragsgegner eingelegte Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

II.

Rz. 2

Die nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil es an einem Zulassungsgrund gem. § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung besteht nicht, weil die von ihr aufgeworfenen Fragen höchstrichterlich geklärt sind.

Rz. 3

1. Dass das OLG den Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 61 Abs. 1 FamFG nicht mit über 600 EUR veranschlagt hat, beruht auf zulässiger tatrichterlicher Würdigung und steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde widerspricht die Bewertung schon wegen der Beschränkung auf Zuwendungen des Antragsgegners an seine Eltern auch in Anbetracht des Zeitraums von zehn Jahren nicht der Lebenserfahrung. Der aus § 21 JVEG entnommene Stundensatz von 12 EUR ist jedenfalls nicht zu niedrig veranschlagt (vgl. BGH v. 16.4.2008 - XII ZB 192/06, FamRZ 2008, 1336 Rz. 18; v. 29.9.2010 - XII ZB 49/09 - FuR 2011, 110). Ein höherer Stundensatz kann nur eingreifen, wenn ein Verdienstausfall konkret dargetan ist (Senatsbeschluss v. 29.9.2010 - XII ZB 49/09 - FuR 2011, 110 m.w.N.), was hier nicht der Fall ist.

Rz. 4

2. Die nachträgliche Zulassung der Beschwerde ist vom OLG zu Recht als unwirksam angesehen worden. Denn über die Zulassung der Beschwerde ist im Ausgangsbeschluss zu entscheiden. Enthält dieser keinen ausdrücklichen Ausspruch zur Zulassung, ist das Rechtsmittel nicht zugelassen (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl., § 61 Rz. 36 m.w.N.; zu § 511 Abs. 4 ZPO vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2011 - III ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rz. 15 und Beschl. v. 15.6.2011 - II ZB 20/10, NJW 2011, 2974 Rz. 14).

Rz. 5

a) Nach der Rechtsprechung des BGH kann bei einem Urteil, das keinen ausdrücklichen Ausspruch über die Zulassung der Berufung enthält, die Zulassung nur dann im Wege eines Berichtigungsbeschlusses wirksam nachgeholt werden, wenn das Gericht die Berufung im Urteil zulassen wollte und dies nur versehentlich unterblieben ist. Dieses Versehen muss nach außen hervorgetreten und selbst für Dritte ohne Weiteres deutlich sein (vgl. BGH Beschlüsse v. 11.5.2004 - VI ZB 19/04, FamRZ 2004, 1278; v. 5.4.2011 - VI ZB 61/10, NJW-RR 2011, 1430; BGHZ 78, 22 = NJW 1980, 2813).

Rz. 6

Zwar kann die Berufungszulassung - auch vom Rechtsmittelgericht - noch nachgeholt werden, wenn das erstinstanzliche Gericht etwa aufgrund eines von ihm festgesetzten höheren Streitwerts ersichtlich davon ausgegangen ist, dass ein Rechtsmittel auch ohne Zulassung statthaft ist (BGH v. 23.3.2011 - XII ZB 436/10, FamRZ 2011, 882; v. 21.4.2010 - XII ZB 128/09, FamRZ 2010, 964; BGH, Urt. v. 14.11.2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218, 219 und Beschl. v. 3.6.2008 - VIII ZB 101/07, WuM 2008, 614). Daran fehlt es aber, wenn aus dem angefochtenen Beschluss nicht zu erkennen ist, dass das erstinstanzliche Gericht ein Rechtsmittel für statthaft gehalten hat (BGH, Urt. v. 10.2.2011 - III ZR 338/09, NJW 2011, 926 und Beschl. v. 15.6.2011 - II ZB 20/10, NJW 2011, 2974).

Rz. 7

b) So verhält es sich im vorliegenden Fall. Von der Rechtsbeschwerde wird nicht dargetan, dass der angefochtene Beschluss die Beschwerde nur versehentlich nicht zugelassen hat. Allein aus der nachfolgenden Korrektur durch das AG und ohne entsprechende Anhaltspunkte im angefochtenen Beschluss kann dies noch nicht geschlossen werden. Abgesehen von der mangelnden Aussagekraft des Streitwerts für den Wert des Beschwerdegegenstandes (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2011 - III ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rz. 14 und Beschl. v. 15.6.2011 - II ZB 20/10, NJW 2011, 2974 Rz. 15) hat das AG den Streitwert nicht im angefochtenen, sondern erst in seinem nachträglichen Beschluss festgesetzt. Schließlich kann auch aus dem Umstand, dass die gesetzliche Regelung nunmehr in § 61 FamFG enthalten ist, ein Zulassungsgrund nicht hergeleitet werden, weil damit offensichtlich keine inhaltliche Änderung verbunden war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2961832

EBE/BGH 2012

FamRZ 2012, 961

FuR 2012, 382

NJW-RR 2013, 131

MDR 2012, 665

FamRB 2012, 245

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