Leitsatz (amtlich)

Ein zwischen Ehegatten nach ihrer Trennung oder anläßlich ihrer Scheidung geltend gemachter Schadensersatzanspruch, der sich auf Gegenstände des Hausrates bezieht, stellt keine Familiensache dar.

 

Verfahrensgang

AG Memmingen

AG Biberach

 

Tenor

Das Amtsgericht - Familiengericht - Memmingen ist das zuständige Gericht für die Klage auf Erstattung von DM 972,14 Umzugskosten.

Das Amtsgericht Biberach ist das zuständige Gericht für die Klage auf Zahlung von DM 500,- Schadensersatz.

 

Gründe

1.

Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Im Wege des Mahnverfahrens nahm die Klägerin den Beklagten vor dem Amtsgericht Memmingen auf Zahlung von DM 972,14 Umzugskosten und DM 500,- Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch. Nach Widerspruchseinlegung und Abgabe des Rechtsstreits an das Amtsgericht Biberach trug die Klägerin zur weiteren Klagebegründung vor, daß der erstgenannte Betrag, den sie als Sonderaufwendung im Rahmen des Unterhalts beanspruche, für die Beauftragung eines Transportunternehmens angefallen sei, mit dessen Hilfe sie ihr gehörende Möbel und andere Sachen aus der ehelichen Wohnung in ihre neue Unterkunft befördert habe. Bei der Abholung der Sachen hätten jedoch verschiedene Gegenstände gefehlt. Nachdem sie den Beklagten insoweit vergeblich zur Herausgabe aufgefordert habe, nehme sie ihn auf Schadensersatz in Anspruch. Auf den gerichtlichen Hinweis, daß der Schadensersatzanspruch fraglich sei, solange die beanspruchten Gegenstände noch herausgegeben werden könnten, kündigte die Klägerin an, daß sie hilfsweise die Herausgabe der Gegenstände beantragen werde. Außerdem regte sie die Verweisung des Verfahrens an das Familiengericht Memmingen an, wo das Ehescheidungsverfahren der Parteien anhängig sei. Ohne Anhörung des Beklagten beschloß das Amtsgericht Biberach hierauf, daß die beiden Ansprüche der Klägerin in getrennten Prozessen zu verhandeln seien, erklärte sich hinsichtlich der Klage auf Erstattung der Umzugskosten für sachlich und örtlich unzuständig und gab diesen Rechtsstreit an das Familiengericht Memmingen ab. Als der Beklagte in seiner Erwiderung auf die Schadensersatzklage vortrug, daß die fraglichen Gegenstände noch vorhanden seien, teilten die Klägervertreter fernmündlich mit, daß sie Verweisung an das Familiengericht Memmingen beantragten. Hierauf hob das Amtsgericht Biberach den bereits anberaumten Verhandlungstermin auf, erklärte sich auch hinsichtlich dieses Rechtsstreits für sachlich und örtlich unzuständig und verwies das Verfahren an das Familiengericht Memmingen. Dieses erließ einen Beschluß, in dem es hinsichtlich beider Ansprüche gleichfalls seine Unzuständigkeit erklärte.

2.

Die Vorlage der Akten durch das Amtsgericht Biberach ist zulässig (BGH FamRZ 1979, 421).

a)

Die Zuständigkeitsbestimmung ist hinsichtlich beider Ansprüche, die aufgrund des Trennungsbeschlusses des Amtsgerichts Biberach in getrennten Prozessen zu verhandeln sind, gesondert vorzunehmen. Diese Prozeßtrennung hat weiterhin Gültigkeit. Sie ist durch den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Memmingen nicht wieder rückgängig gemacht worden. Zwar hat sich das Gericht in ihm hinsichtlich beider Verfahren für unzuständig erklärt; der - gleichzeitige - Ausspruch einer Prozeßverbindung ist darin jedoch nicht zu erblikken. Vielmehr stellt sich diese einheitliche Unzuständigkeitserklärung als eine vorübergehende Maßnahme dar, die der tatsächlichen Vereinfachung diente und keine eigentliche prozeßmäßige Verbindung bezweckte (vgl. BGH NJW 1957, 183, 184).

b)

Eine Zuständigkeitsbestimmung allein im Hinblick auf die Verweisungen des Amtsgerichts Biberach (BGHZ 17, 168, 171) scheidet aus, weil diese ohne vorherige Anhörung des Beklagten ergangen sind und ihnen daher keine Bindungswirkung zukommt (BGHZ 71, 69). Deshalb hängt die Frage der Zuständigkeitsbestimmung von dem sachlichen Gegenstand der Verfahren ab.

c)

Soweit die Klägerin den Beklagten auf Erstattung der Umzugskosten in Anspruch nimmt, handelt es sich um eine Streitigkeit, die die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betrifft und damit nach § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG eine Familiensache darstellt. Diese Unterhaltspflicht, die sich im Hinblick auf das Getrenntleben der Parteien nach § 1361 BGB regelt, umfaßt nicht nur den laufenden Unterhalt in Form einer Rente, sondern schließt auch einmalige Zahlungen wegen Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2 BGB) ein (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB 38. Aufl. Anm. 4; MünchKomm/Wacke, Rdn. 20, jeweils zu § 1361). Eine solche außergewöhnliche Unterhaltszahlung beansprucht die Ehefrau mit ihrer Klage. Damit ist für diesen Rechtsstreit nach § 621 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 1 ZPO das mit der Ehesache der Parteien befaßte Amtsgericht - Familiengericht - Memmingen ausschließlich zuständig. Hieran ändert entgegen der Ansicht dieses Gerichts auch der Umstand nichts, daß das Verfahren keine Scheidungsfolgesache darstellt und deshalb nicht dem Verbund mit der Scheidungssache unterliegt (§ 623 Abs. 1, 4 ZPO).

d)

Anders verhält es sich mit dem Rechtsstreit über den Schadensersatzanspruch der Klägerin. Zwar begründet sie diesen mit der Erfolglosigkeit ihres Bemühens um die Herausgabe von Gegenständen des ehelichen Hausrates und macht dieses Herausgabeverlangen zum Gegenstand eines Hilfsantrages. Hierdurch wird die Schadensersatzforderung jedoch nicht zu einer Familiensache gemäß § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 GVG i.V.m. §§ 1, 18 a HausratsVO. Zwar können auch Forderungen, die sich auf Hausratsgegenstände beziehen, zum Hausrat selbst gehören und damit dem Hausratsteilungsverfahren unterliegen. Schadensersatzansprüche eines Ehegatten gegen den anderen gehören jedoch nicht dazu. Für sie ist deshalb nicht das Familiengericht, sondern das Prozeßgericht zuständig (MünchKomm/Müller-Gindullis, 6. DVO EheG § 1 Rdn. 15, 17, S. 2108), Auch die Tatsache, daß der Hilfsantrag als Familiensache im vorgenannten Sinne einzuordnen wäre, hat auf die Frage der Zuständigkeit keinen Einfluß, da sich diese allein nach dem Hauptantrag richtet. Deshalb muß ein für den Hauptantrag unzuständiges Gericht den Rechtsstreit dann verweisen, wenn seine Zuständigkeit für den Hilfsantrag gegeben wäre (BGH NJW 1956, 1357; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO 19. Aufl. § 276 II 2). Hiernach ist für die Klage auf Schadensersatz das Amtsgericht Biberach als zuständiges Gericht zu bestimmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018762

NJW 1980, 192

NJW 1980, 192 (Volltext mit amtl. LS)

MDR 1980, 216 (Volltext mit amtl. LS)

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