Leitsatz (amtlich)

a) Da das BPatG im Beschwerdeverfahren daran gehindert ist, seine Entscheidung allein aufgrund des Zeitablaufs seit der Beschwerdeeinlegung zu treffen, wenn der Beschwerdeführer zugleich mit der Beschwerdeeinlegung eine Beschwerdebegründung angekündigt und mit einem weiteren Schriftsatz um Mitteilung gebeten hat, bis wann die Beschwerdebegründung eingereicht werden kann, und das BPatG nach den Umständen dieser Bitte auch entsprechen will, darf in einem solchen Fall der Beschwerdeführer grundsätzlich davon ausgehen, dass er Gelegenheit haben wird, seine Beschwerde vor einer Entscheidung des BPatG zu begründen (Fortführung von BGH GRUR-RR 2008, 457, 458 - Tramadol und BGH GRUR 2013, 1276 Rz. 16 bis 18 - MetroLinien).

b) Einseitige Gespräche zwischen einem Beteiligten und einem Mitglied des Gerichts bergen jedenfalls dann die Gefahr einer Verletzung des Anspruchs des anderen Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auf ein faires Verfahren und auf Beachtung des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit, wenn nicht alle Verfahrensbeteiligte von dem Gesprächsinhalt unterrichtet werden (im Anschluss an BGH GRUR 2012, 89 Rz. 17 - Stahlschluessel und BGH GRUR 2013, 1276 Rz. 23 - MetroLinien).

 

Normenkette

DesignG § 23 Abs. 5 S. 2; PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3; MarkenG § 83 Abs. 3 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BPatG (Beschluss vom 17.09.2020; Aktenzeichen 30 W (pat) 802/18)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 30. Senats (Marken- und Design-Beschwerdesenats) des BPatG vom 17.9.2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das BPatG zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 35.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Rz. 1

I. Für die Designinhaberin ist am 4.8.2014 das am 30.10.2013 angemeldete Design 40 2013 004 752-0002 mit der folgenden Darstellung für das Erzeugnis "Heizkörper" in das Designregister beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden:

Rz. 2

Gegen dieses Design hat die Antragstellerin mit einem am 15.10.2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangenen Schriftsatz einen auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Neuheit und Eigenart gestützten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gestellt. Die Designinhaberin hat mit Schriftsatz vom 10.11.2015 für die Zukunft auf das Design verzichtet und dem Nichtigkeitsantrag für die Zeit vor dem Verzicht widersprochen. Die Antragstellerin hat daraufhin mitgeteilt, dass sie von einem ihrer Kunden, der von der Designinhaberin abgemahnt worden sei, in Regress genommen werde und deshalb ein Interesse an der rückwirkenden Feststellung der Nichtigkeit des angegriffenen Designs habe. Ihren auf Feststellung der Nichtigkeit des Designs gerichteten Antrag hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 30.11.2017 zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 13.12.2017 zugestellt worden.

Rz. 3

Mit am Montag, dem 15.1.2018, eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag hat die Antragstellerin gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30.11.2017 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die Beschwerdebegründung bleibe einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Die Designinhaberin hat den Antrag gestellt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Rz. 4

Mit Schriftsatz vom 8.2.2018 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt:

In dem Designverfahren ... fragen wir höflich an, bis wann die Beschwerdebegründung eingereicht werden kann. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung des Unterzeichners als alleinigen Sachbearbeiters und wegen der laufenden Korrespondenz mit Unternehmen aus der Türkei in dieser Sache kann die Beschwerdebegründung nicht zeitnah erfolgen.

Rz. 5

Dieser Schriftsatz ist dem Berichterstatter des Marken- und Design-Beschwerdesenats des BPatG am 22.3.2018 mit dem Vermerk

Hr. BE ... zKtn v. Bl. ... Was kann mitgeteilt werden?

zugeschrieben worden. Der Verfahrensakte lässt sich nicht entnehmen, dass die schriftsätzliche Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom BPatG beantwortet worden ist.

Rz. 6

Mit Schriftsätzen vom 24.10.2018, 17.6.2019 und 5.11.2019 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Designinhaberin angefragt, ob inzwischen die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin angekündigte Beschwerdebegründung vorliege. Auf den Schriftsätzen findet sich jeweils der handschriftliche Vermerk "tel. erledigt". Der Verfahrensakte lässt sich nicht entnehmen, dass diese Schriftsätze der Antragstellerin oder ihrem Verfahrensbevollmächtigten übersandt worden sind. Außerdem findet sich dort kein Hinweis, dass das BPatG die Antragstellerin oder ihren Verfahrensbevollmächtigten über die mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Designinhaberin geführten Telefonate informiert hat.

Rz. 7

Mit Beschluss vom 17.9.2020 hat das BPatG die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen, ohne dass eine Beschwerdebegründung der Antragstellerin vorgelegen hat. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Versagung rechtlichen Gehörs rügt. Die Designinhaberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Rz. 8

II. Das BPatG hat ausgeführt:

Rz. 9

Die Beschwerde sei zulässig, obwohl weder ein konkreter Antrag gestellt noch sie begründet worden sei. In der Sache habe die Beschwerde keinen Erfolg. Der auf die absoluten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Neuheit und Eigenart gestützte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen Designs sei zwar zulässig. Er sei aber unbegründet. Dem angegriffenen Design fehle es weder gegenüber den als Entgegenhaltungen in das Verfahren eingeführten Heizkörpern mit den Produktbezeichnungen "D." und "B." noch gegenüber den weiteren Entgegenhaltungen an Neuheit und Eigenart.

Rz. 10

III. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.

Rz. 11

1. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 23 Abs. 5 Satz 2 DesignG, § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Ihre Statthaftigkeit folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 23 Abs. 5 Satz 2 DesignG, § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG) und hat diese Rüge im Einzelnen begründet. Auf die Frage, ob die erhobene Rüge durchgreift, kommt es für die Statthaftigkeit des Rechtsmittels nicht an (st.Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 22.5.2014 - I ZB 34/12, GRUR 2014, 1232 Rz. 6 = WRP 2015, 53 - S-Bahn; Beschl. v. 10.9.2020 - I ZB 13/20, juris Rz. 5; Beschl. v. 15.4.2021 - I ZB 67/20, juris Rz. 7, jeweils zur zulassungsfreien Rechtsbeschwerde gem. § 83 Abs. 3 MarkenG).

Rz. 12

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Verfahren vor dem BPatG verletzt die Antragstellerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 23 Abs. 5 Satz 2 DesignG, § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG).

Rz. 13

a) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, aus dem Verfahrensablauf ergebe sich, dass das BPatG die Beschwerde zurückgewiesen habe, ohne der Antragstellerin Gelegenheit zur Begründung ihrer Beschwerde gegeben zu haben. Das BPatG habe nicht auf die Bitte der Antragstellerin reagiert mitzuteilen, bis wann die Beschwerdebegründung eingereicht werden könne. Dagegen habe es die drei Anfragen der Designinhaberin beantwortet, ohne wiederum die Antragstellerin über die Anfragen und die Antworten des BPatG in Kenntnis zu setzen. Das BPatG habe die Antragstellerin auch nicht darauf hingewiesen, dass es entscheiden werde, ohne auf die schriftsätzlich angekündigte Beschwerdebegründung zu warten. Durch dieses Verhalten habe es den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren verletzt. Mit diesem Vorbringen hat die Rechtsbeschwerde Erfolg.

Rz. 14

b) Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern (BGH, Beschl. v. 26.6.2010 - GRUR 2010, 1034 Rz. 11 = WRP 2010, 1034 - LIMES LOGISTIK; Beschl. v. 11.4.2013 - I ZB 91/11 GRUR 2013, 1276 Rz. 16 = WRP 2013, 1608 - MetroLinien). Allerdings ist das BPatG grundsätzlich nicht gehalten, den Beteiligten im schriftlichen Beschwerdeverfahren Äußerungsfristen zu setzen oder einen beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung mitzuteilen. Zwar kann die Bestimmung einer Schriftsatzfrist insb. unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie und zur Vermeidung unklarer Vorstellungen der Beteiligten über den Verfahrensfortgang zweckmäßig und sinnvoll sein. Entsprechendes gilt für eine Mitteilung des Gerichts an die Beteiligten, dass es nicht vor einem bestimmten Termin entscheiden wird. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs ist es jedoch lediglich geboten, dass für die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit besteht, sich i.S.v. § 23 Abs. 4 Satz 4 DesignG i.V.m. § 93 Abs. 2 PatG gegenüber dem Gericht zu äußern. Die Möglichkeit zur Äußerung ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Gebots des Art. 103 Abs. 1 GG gewahrt, wenn den Beteiligten eine angemessene Frist zur Verfügung stand, zur Sache vorzutragen (vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2000 - X ZB 27/98, GRUR 2000, 597, 598 [juris Rz. 8] = WRP 2000, 642 - Kupfer-Nickel-Legierung; Beschl. v. 22.4.2008 - X ZB 13/07, GRUR-RR 2008, 457 Rz. 8 = WRP 2008, 957 - Tramadol; zur Parallelvorschrift § 78 Abs. 2 MarkenG vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.1996 - I ZB 8/96 GRUR 1997, 223 f. [juris Rz. 12] = WRP 1997, 560 - Ceco; BGH GRUR 2013, 1276 Rz. 16 - MetroLinien, m.w.N.). Das BPatG ist jedoch daran gehindert, seine Entscheidung allein aufgrund des Zeitablaufs seit der Beschwerdeeinlegung zu treffen, wenn der Beschwerdeführer darum gebeten hat, Gelegenheit zur Beschwerdebegründung zu erhalten, und das BPatG nach den Umständen dieser Bitte auch entsprechen will (zur Parallelvorschrift § 78 Abs. 2 MarkenG vgl. BGH GRUR 2013, 1276 Rz. 16 - MetroLinien, m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch der Beteiligten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Danach darf das Gericht sich nicht widersprüchlich verhalten; es darf aus eigenen oder ihm zurechenbaren Fehlern keine Verfahrensnachteile ableiten und ist allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet (BVerfG NJW 2008, 2243 [juris Rz. 16]; NJW 2014, 205 Rz. 20; BVerfG, Beschl. v. 25.9.2018 - 2 BvR 1731/18, juris Rz. 22 m.w.N.). Zu beachten ist außerdem der im Zusammenhang mit dem Gehörsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 1 GG stehende Grundsatz der Waffengleichheit, der als Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes im Verfahrensrecht verfassungsrechtlich die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor Gericht sichert (vgl. BVerfGE 69, 248, 254 [juris Rz. 26]; BVerfG WRP 2021, 736 Rz. 29; WRP 2021, 743 Rz. 20).

Rz. 15

c) Diesen Anforderungen wird die Verfahrensgestaltung des BPatG im Streitfall nicht gerecht.

Rz. 16

aa) Eine Gehörsverletzung ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass die Antragstellerin nach den Umständen darauf vertrauen durfte, dass das BPatG nicht ohne einen vorherigen Hinweis vor Eingang einer Beschwerdebegründung entscheiden werde.

Rz. 17

Die Antragstellerin hatte zugleich mit der Beschwerdeeinlegung eine Beschwerdebegründung angekündigt und das BPatG mit Schriftsatz vom 8.2.2018 zudem ausdrücklich gebeten mitzuteilen, bis wann die Beschwerdebegründung eingereicht werden kann. Ausweislich der handschriftlichen Zuschreibung dieses Schriftsatzes an den Berichterstatter mit der Anfrage "Was kann mitgeteilt werden?" in der Verfahrensakte des BPatG wollte das BPatG dieser Bitte auch entsprechen. Das lässt sich auch dem Umstand entnehmen, dass das BPatG den Schriftsatz der Antragstellerin der Designinhaberin übersandt und insgesamt drei auf den Schriftsatz der Antragstellerin und den Eingang der angekündigten Beschwerdebegründung bezugnehmende Anfragen der Designinhaberin telefonisch beantwortet hat. Anhaltspunkte dafür, dass das BPatG ohne den Eingang der angekündigten Beschwerdebegründung entscheiden werde, sind der Antragstellerin nicht mitgeteilt worden, so dass sie darauf vertrauen durfte, dass sie Gelegenheit haben werde, ihre Beschwerde vor einer Entscheidung des BPatG zu begründen.

Rz. 18

bb) Der Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs und prozessualer Waffengleichheit ist im Streitfall auch deswegen verletzt worden, weil das BPatG sie vor der Entscheidung über die Beschwerde nicht von den insgesamt drei Telefongesprächen unterrichtet hat, die ein Mitglied des BPatG mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Designinhaberin geführt hat.

Rz. 19

Einseitige Gespräche zwischen einem Beteiligten und einem Mitglied des Gerichts bergen jedenfalls dann die Gefahr einer Verletzung des Anspruchs des anderen Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auf ein faires Verfahren und auf Beachtung des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit, wenn - wie im Streitfall - nicht alle Verfahrensbeteiligten von dem Gesprächsinhalt unterrichtet werden (BGH, Beschl. v. 22.6.2011 - I ZB 9/10, GRUR 2012, 89 Rz. 17 = WRP 2011, 468 - Stahlschluessel; BGH GRUR 2013, 1276 Rz. 23 - MetroLinien; vgl. auch BVerfG, WRP 2021, 736 Rz. 33). So liegt es auch hier. War das BPatG bereits ohne die von der Antragstellerin angekündigte Beschwerdebegründung geneigt, nach einer gewissen Zeit über die Beschwerde zu entscheiden, und hat es dies dem Verfahrensbevollmächtigten der Designinhaberin telefonisch mitgeteilt, wäre das Gericht gehalten gewesen, auch die Antragstellerin über diesen Umstand zu informieren und ihr Gelegenheit zur Einreichung der angekündigten Beschwerdebegründung vor seiner Entscheidung zu geben. Dass die Telefonate einen anderen Inhalt hatten, lässt sich den kurzen, den Gesprächsinhalt nicht wiedergebenden handschriftlichen Aktenvermerken des BPatG nicht entnehmen.

Rz. 20

d) Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf der Versagung rechtlichen Gehörs.

Rz. 21

aa) Ein Gehörsverstoß i.S.v. § 23 Abs. 5 Satz 2 DesignG i.V.m. § 93 Abs. 2 PatG setzt voraus, dass die angefochtene Entscheidung auf der Versagung rechtlichen Gehörs beruht oder beruhen kann. Liegt der Gehörsverstoß in der Verletzung einer Hinweispflicht, muss mit der Rüge ausgeführt werden, wie die betreffende Partei auf einen Hinweis reagiert hätte, weil nur so das Rechtsbeschwerdegericht beurteilen kann, ob die angefochtene Entscheidung auf dem Gehörverstoß beruht (zur zulassungsfreien Rechtsbeschwerde gem. § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG vgl. BGH GRUR 2010, 1034 Rz. 17 - LIMES LOGISTIK, m.w.N.; GRUR 2013, 1276 Rz. 25 - MetroLinien).

Rz. 22

bb) Diesen Anforderungen genügt die Rechtsbeschwerde. Sie hat geltend gemacht, die Antragstellerin hätte die von ihr eingelegte Beschwerde begründet, wenn das BPatG die Ansprüche der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auf ein faires Verfahren sowie auf die Erteilung eines Hinweises beachtet hätte. Dabei hätte sie vorgetragen und durch den als Anlage zur Rechtsbeschwerdebegründung eingereichten Internetauszug belegt, dass die Firma T. den Heizkörper D. - noch unter dem Namen D. - bereits 2011 und damit außerhalb der Neuheitsschonfrist des § 6 Satz 1 DesignG offenbart habe. Es wären außerdem weitere Unterlagen vorgelegt worden, die ebenfalls nachwiesen, dass die Firma T. das Design des Heizkörpers weit früher veröffentlicht habe, als dies vom Deutschen Patent- und Markenamt und vom BPatG angenommen worden sei. Die Antragstellerin hätte weiter dazu vorgetragen, dass die von ihr angeführten Veröffentlichungen auch den jeweiligen Fachkreisen bekannt gewesen seien und die Firma T. den Heizkörper nicht exklusiv für die Designinhaberin entworfen, sondern diesen lediglich im Rahmen einer normalen Geschäftsbeziehung an diese, wie auch an andere Unternehmen, veräußert habe.

Rz. 23

Das BPatG hat angenommen, Offenbarungshandlungen seitens der Firma T. außerhalb der Neuheitsschonfrist des § 6 Satz 1 DesignG seien nicht ersichtlich; dazu habe die Antragstellerin nichts vorgetragen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das BPatG bei Berücksichtigung der von der Rechtsbeschwerde dargelegten Umstände zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre. Ob und in welchem Umfang dies auch für die weiteren Umstände gilt, die nach den Ausführungen der Rechtsbeschwerde von der Antragstellerin in einer Beschwerdebegründung vorgebracht worden wären, kann auf sich beruhen.

Rz. 24

IV. Die angefochtene Entscheidung ist danach aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das BPatG zurückzuverweisen (§ 23 Abs. 5 Satz 2 DesignG, § 108 Abs. 1 PatG).

 

Fundstellen

BlPMZ 2022, 201

GRUR 2022, 189

ZAP 2022, 175

JZ 2022, 74

MDR 2022, 449

WRP 2022, 191

BPatGE 2022, 322

MarkenR 2022, 97

Mitt. 2022, 93

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