Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung einer einseitigen Erledigungserklärung, die zwischen Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde und deren Verbescheidung erfolgt ist

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einseitiger Erledigungserklärung des Klägers in der Zeitspanne zwischen Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch den Gegner und deren Verbescheidung durch das Revisionsgericht ist zunächst zu prüfen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig und begründet gewesen wäre; erst wenn diese Frage vom Revisionsgericht bejaht wird, ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob die Klageforderung bis zu dem erledigenden Ereignis bestanden hat, die Revision also zurückzuweisen gewesen wäre.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, 544

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 12.10.2005; Aktenzeichen 20 U 3434/05)

LG Landshut (Entscheidung vom 16.03.2005; Aktenzeichen 71 O 3304/04)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des OLG München vom 12.10.2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 531.569,41 EUR.

 

Gründe

[1] 1. Nach Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem die Berufung der Beklagten zurückweisenden Urteil des OLG durch die Beklagte hat der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen. Demgemäß liegt eine einseitige Erledigungserklärung vor, die das Gericht zu der Prüfung zwingt, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist, ob also die zunächst zulässige und begründete Klage nachträglich gegenstandslos geworden ist. Bei einseitiger Erledigungserklärung des Klägers in der Zeitspanne zwischen Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch den Gegner und deren Verbescheidung durch das Revisionsgericht ist zunächst zu prüfen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig und begründet gewesen wäre; erst wenn diese Frage vom Revisionsgericht bejaht wird, ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob die Klageforderung bis zu dem erledigenden Ereignis bestanden hat, die Revision also zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.1964 - V ZR 187/62, NJW 1965, 537).

[2] 2. Im vorliegenden Fall wäre die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen gewesen. Ein Zulassungsgrund war nicht dargetan.

[3] a) Die Frage, ob aufgrund einer Insolvenzanfechtung die Abtretung eines Anspruchs gefordert werden kann, dessen Bestand noch nicht feststeht, sondern in einem Parallelrechtsstreit geklärt werden muss, ist nicht klärungsbedürftig. Künftige Forderungen können abgetreten werden (BGH v. 22.6.1989 - III ZR 72/88, BGHZ 108, 98, 104 = MDR 1989, 889; ständige Rspr.). Erforderlich ist nur, dass die Entstehung der Forderung zur Zeit der Abtretung als möglich erscheint (RGZ 134, 225, 227). Mit der Abtretung wird die dingliche Zuordnung des erst in Zukunft möglicherweise entstehenden Rechts vorweggenommen. Dem entsprechend kann auch ein Anspruch, dessen gegenwärtiger Bestand erst noch geklärt werden muss, der also nur möglicherweise besteht, dinglich zugeordnet werden.

[4] b) Die Frage, ob der Anfechtungsgegner, der zur Abtretung einer Forderung verpflichtet wird, deren Bestand erst noch in einem anderen Verfahren festgestellt werden sollte, in dem der Anfechtungsgegner rechtskräftig unterlegen ist, vom Insolvenzverwalter Ersatz der dort entstandenen Prozesskosten verlangen kann, ist ohne Weiteres zu verneinen.

[5] Zwar kann der Anfechtungsgegner einen Anspruch auf den Ersatz von notwendigen oder werterhöhenden nützlichen Verwendungen haben (§ 143 Abs. 1 InsO, §§ 819, 818 Abs. 4, 292, 994, 996 BGB). Ihm ist jedoch nur derjenige Wert zu ersetzen, um den der Anfechtungsgegenstand infolge der Leistungen des Anfechtungsgegners im Zeitpunkt der Rückgewähr höher ist als bei der anfechtbaren Weggabe (Kirchhof in MünchKomm/InsO, § 143 Rz. 68). Da im Streitfall nichts an die Insolvenzmasse zurückgewährt wird, scheidet dieser Anspruch aus.

[6] Auch aus den allgemeinen Vorschriften (§ 683 Satz 1 BGB) ergibt sich kein Anspruch. Die Führung des Parallelprozesses, mit dem die Beklagte den Anspruch auf die Versicherungsleistungen für sich reklamiert hat, war ein objektiv eigenes Geschäft. Falls die Beklagte wenigstens auch ein Geschäft des Insolvenzverwalters hätte besorgen wollen, entsprach die Geschäftsführung, wie der Tatrichter festgestellt hat, nicht dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1696548

BGHR 2007, 414

EBE/BGH 2007

NJW-RR 2007, 639

ZIP 2007, 696

MDR 2007, 733

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