Entscheidungsstichwort (Thema)

Wasserschaden an Gewächshaus verursacht durch Nutzung des höherliegenden Grundstücks. Nutzung eines höherliegenden Grundstücks bei zulässiger Änderung der wirtschaftlichen Nutzung. Nutzungsumstellung durch Oberlieger

 

Leitsatz (amtlich)

Der Eigentümer eines höher liegenden Grundstücks ist bei einer nach § 115 Abs. 1 Satz 2 NRW LWG zulässigen Änderung seiner wirtschaftlichen Nutzung nicht auf objektiv sinnvolle oder technisch richtige Maßnahmen beschränkt. Die Rechtsprechung des Senats zu den Amtspflichten beim Bau öffentlicher Straßen kann auf Grundstücksnachbarn nicht übertragen werden.

 

Normenkette

LWG NRW § 115

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 27.06.2006; Aktenzeichen 24 U 156/05)

LG Köln (Entscheidung vom 12.10.2005; Aktenzeichen 25 O 506/03)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 24. Zivilsenats des OLG Köln vom 27.6.2006 - 24 U 156/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Gegenstandswert: 225.245,58 EUR.

 

Gründe

I.

[1] Die Klägerin betreibt einen Gartenbaubetrieb, der Beklagte bewirtschaftet eine höher liegende angrenzende Ackerparzelle. Seit mehreren Jahren baut der Beklagte dort Spargel an. Zwei Jahre nach Anlegung des Spargelfelds begann er damit, die Spargeldämme während der Wintermonate zusätzlich durch eine Plastikfolie zu schützen. Hierdurch werden die Niederschläge in Richtung des Grundstücks der Klägerin abgeleitet.

[2] Ende des Jahres 2002 kam es in dieser Gegend zu heftigen Regenfällen, in deren Folge Wasser vom Grundstück des Beklagten in ein Gewächshaus der Klägerin eindrang. Das LG hat den Beklagten zum Schadensersatz i.H.v. 214.491,16 EUR nebst Zinsen verurteilt, das OLG hat die Klage unter Hinweis auf § 115 Abs. 1 Satz 2 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.6.1995 (NRW LWG) abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.

II.

[3] Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§§ 543 Abs. 2, 544 ZPO).

[4] Gegen die Auslegung des § 115 Abs. 1 Satz 2 NRW LWG durch das Berufungsgericht bestehen keine Bedenken. Die Regelung dient wie ihr Vorläufer (§ 197 Abs. 2 PrWG) dem Zweck, den Oberlieger durch das in Satz 1 der Vorschrift bestimmte Verbot, den Ablauf des wild abfließenden Wassers künstlich so zu verändern, dass tiefer liegende Grundstücke belästigt werden, in seiner Dispositionsfreiheit nicht allzu sehr einzuschränken und ihm in der wirtschaftlichen Ausnutzung seines Grundstücks Bewegungsfreiheit zu lassen (BGH v. 18.4.1991 - III ZR 1/90, BGHZ 114, 183, 191 = MDR 1991, 869 und zu § 78 Abs. 1 Satz 2 LWG a.F. Urt. v. 22.11.1971 - III ZR 211/68, MDR 1972, 305 f.; jeweils m.w.N.). Angesichts dieses Gesetzeszwecks besteht kein Anlass, den Begriff der von dem Verbot ausgenommenen "veränderten wirtschaftlichen Nutzung" des Grundstücks eng auszulegen und, wie die Beschwerde es befürwortet, einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Nutzungsumstellung (hier: Anlegung des Spargelfelds) durch den Oberlieger und den zur Ertragssteigerung ergriffenen Folgemaßnahmen (hier: Abdeckung der Spargeldämme mit Plastikfolie) oder aber ein objektiv zweckmäßiges Vorgehen zu verlangen. Mit Recht haben deswegen andere Senate des OLG Köln bereits früher entschieden, dass der Eigentümer des höher liegenden Grundstücks nicht auf wirtschaftlich sinnvolle oder technisch richtige Änderungen in seiner wirtschaftlichen Benutzung beschränkt ist (OLG Köln v. 3.5.1989 - 13 U 299/88, MDR 1989, 819 = VersR 1989, 752; 1995, 666, 667; ebenso OLG Schleswig v. 31.10.1996 - 11 U 76/95, OLGReport Schleswig 1997, 5, 6). Abweichende Stellungnahmen in der veröffentlichten Rechtsprechung oder im Fachschrifttum zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf. Soweit der Senat im Zusammenhang mit Straßenbaumaßnahmen von dem Träger der Straßenbaulast verlangt, bei der Planung und dem Bau der Straße auch die anerkannten Regeln der Straßenbautechnik und der Wasserwirtschaft zu beachten (zuletzt Beschl. v. 29.6.2006 - III ZR 269/05, BGHReport 2006, 1237 = NVwZ-RR 2006, 758, 759), beruht dies auf gesteigerten Amtspflichten der öffentlichen Hand, die einen privaten Grundstücksnachbarn nicht treffen.

[5] Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1774096

BGHR 2007, 1070

BauR 2007, 1874

EBE/BGH 2007

NVwZ-RR 2007, 597

ZfIR 2007, 735

DÖV 2007, 1018

NuR 2007, 569

ZUR 2007, 555

ZfBR 2007, 793

DVBl. 2007, 1240

ZfW 2009, 29

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