Leitsatz (amtlich)

Zum Zollwert von Waren, die nach einem patentrechtlich geschützten Verfahren hergestellt sind, gehört die zur Ablösung des Rechts zur Benutzung des Patents zu zahlende Lizenzgebühr auch dann, wenn der Verkäufer der Ware nicht Inhaber des Patentrechtes ist und der Käufer demgemäß die Lizenzgebühr unmittelbar an den Patentinhaber zu zahlen hat.

 

Normenkette

ZTG § 6 Abs. 4, § 8 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

I. - Die Bgin. betreibt die Herstellung von Isolierstoffen für die Elektroindustrie. Am 1. Oktober 1951 schloß sie mit einer ausländischen Schutzrechtsverwertungsgesellschaft einen Lizenzvertrag über die von dieser Gesellschaft in der Bundesrepublik angemeldeten Patente und über ihr international geschütztes Warenzeichen. Die Patente betreffen Verfahren zur Herstellung von Isolierstoffen auf Glimmergrundlage und Verfahren zur Behandlung von Glimmer. Im wesentlichen handelt es sich dabei um die Herstellung von Glimmerwaren im Hinblick auf die Verwendung dieser Produkte in der elektrischen Isolierstofffabrikation. Auf Grund des Lizenzvertrages erhielt die Bgin. eine nicht ausschließliche Lizenz "der Fabrikation und der Anwendung der besagten Verfahren und der besagten Patente", beschränkt auf die Fabrikation, den Gebrauch und den Verkauf von elektrischen Isolierstoffen. Gleichzeitig verpflichtete sich die Lizenzgeberin, der Bgin. sämtliche technischen Urkunden über die Fabrikation zu überlassen. Die Lizenzgeberin verpflichtete sich ferner, der Bgin. die Forschungsergebnisse und Verbesserungen auf dem Gebiet der Herstellung von Isolierungen auf Grund der Verwendung der patentierten Glimmerwaren zu überlassen. Nach Art. II des Lizenzvertrags ist die Bgin. verpflichtet, der Lizenzgeberin ohne Vergütung alle Erfindungen und Verbesserungen der Techniken und Patente mitzuteilen.

Als Lizenzgebühr war schließlich ein Vomhundertsatz der Nettoverkaufserlöse aller von der Bgin. auf Glimmergrundlage hergestellten Erzeugnisse vereinbart worden. Tatsächlich wurden auch jeweils 10 % von den erwähnten Verkaufserlösen als Lizenzgebühr gezahlt. Im Lizenzvertrag war zum Ausdruck gebracht, daß sich hiervon 2/5 auf die Patentlizenz und 3/5 auf das Warenzeichen und die Mitgabe der Techniken und Forschungsergebnisse beziehen sollten.

Die Bgin. stellte jedoch nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, die patentierten Waren selbst her, sondern bezog sie von einer ausländischen Firma, der einzigen Herstellerfirma dieser Waren.

Streitig ist der Zollwert der von der Bgin. in der Zeit vom April 1952 bis Juli 1955 von dieser Herstellerfirma bezogenen Waren. Die Zollstelle legte zunächst der Zollbewertung die Rechnungspreise der Herstellerfirma zugrunde. Eine bei der Bgin. durchgeführte Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, daß zum Zollwert der eingeführten Waren auch die von der Bgin. an die Lizenzgeberin gezahlten vollen Lizenzgebühren zu rechnen seien. Demgemäß forderte das Zollamt mit Bescheid vom 5. September 1955 unter Berücksichtigung einer fehlerhaften Berechnung der Ausgleichsteuer anläßlich einer Abfertigung am 6. Juni 1953 insgesamt ... DM Eingangsabgaben für die ab 5. April 1952 eingeführten Sendungen nach. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Es war der Auffassung, daß die Lizenzgebühr für keine der überlassenen Lizenzen zum Zollwert gehöre.

In der Rb. trägt der Vorsteher des Hauptzollamts vor, daß bei der Ermittlung des freien Marktpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 und 2 des Zolltarifgesetzes (ZTG) 1951 auch die Lizenzgebühr in den Zollwert einbezogen werden müßte, die ein unabhängiger Käufer beim Erwerb der eingeführten Ware zu entrichten gehabt hätte, da diese Gegenstand eines Patentrechts sei. Dies gelte ohne Rücksicht darauf, ob die Lizenzgebühr an den Verkäufer oder an einen Dritten gezahlt werde. Das Finanzgericht habe die wertzollrechtlichen Bestimmungen verkannt. Es sei nicht angängig, den rein patentrechtlichen Begriff der Konsumtion ohne weiteres auf das Wertzollrecht zu übertragen. Wertzollrechtlich sei die Einschränkung der Benutzungsart beim Verkauf eines Sachpatents lediglich insoweit von Bedeutung, als dadurch gegebenenfalls der Mehrwert der patentierten Ware und damit die Höhe der Lizenzgebühr beeinflußt werde. Es sei aber nicht zu bestreiten, daß bei der Veräußerung einer in einem patentierten Verfahren hergestellten und zu einer bestimmten Nutzungsmöglichkeit verkauften Ware gegenüber einer nichtpatentierten Ware ein Mehrwert vorhanden sei. Für diesen durch das patentierte Herstellungsverfahren erzielten Mehrwert der Ware zahle die Bgin. 2/5 der Lizenzgebühr. Der Höhe nach beschränkte der Vorsteher des Hauptzollamts die Rb. zunächst auf die Einbeziehung dieser 2/5 der Lizenzgebühr.

Der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, führt aus, daß bei Herstellung der eingeführten Waren Patentrechte ausgewertet worden seien. Nach § 6 Abs. 4 ZTG 1951 gehöre die auf die eingeführten Waren entfallende Lizenzgebühr zu deren Normalpreis. Es sei der Preis festzustellen, den die Waren erzielen würden, wenn sie vorbehaltlos verkauft würden. Die von der Herstellerfirma in Rechnung gestellten Preise seien Preise für Lizenznehmer. Diese Firma beliefere keine Betriebe, die nicht einen Lizenzvertrag mit der Patentinhaberin abgeschlossen hätten. Demnach sei die Zahlung des Kaufpreises nicht die einzige Leistung für die zu bewertende Ware. Die Bgin. erbringe außer der Zahlung des Kaufpreises noch eine zusätzliche Leistung an die Patentinhaberin in Form einer Lizenzgebühr. Für die Bewertung der eingeführten Waren erfordere die Zollwertnorm die Unterstellung eines Sachverhalts, bei dem ein unabhängiger Käufer die Waren im maßgebenden Bewertungszeitpunkt von einem unabhängigen Verkäufer zu einem freien Marktpreis kaufe. Auch wenn man die Unabhängigkeit der Herstellerfirma unterstelle, sei der von ihr in Rechnung gestellte Preis nicht der im Normfall erzielbare Preis, d. h. nicht der Normalpreis. Denn er enthalte nicht alle Faktoren, die ein Preis für die unter Ausnutzung eines Patentrechts hergestellten Waren enthalten müßte.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Bundesministers der Finanzen den Vortrag dieser Ausführungen noch dahin ergänzt, daß nach Art. I und V des Lizenzvertrages das Patent in seinem wesentlichen Inhalt sich auf die Herstellung von Glimmerwaren beziehe; die hiernach hergestellte eingeführte Ware sei Träger der Isolation. Die volle Lizenzgebühr sei für diese eingeführte Ware zu entrichten. Das Entgelt für die Ausnutzung des Patents seien aber nicht nur 2/5, sondern alle 5/5 der Lizenzgebühr. Im Inland finde nur eine unwesentliche Weiterverarbeitung der eingeführten Ware statt, für die bis heute kein deutsches Patent erteilt worden sei. Bezüglich des Warenzeichens komme es nicht darauf an, ob es wirklich angebracht werde, sondern daß der in dem Lizenzvertrag bezeichnete Markenartikel gekauft worden sei.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat der Bundesminister der Finanzen die Nichtbeteiligung des Hauptzollamts an der vom Berichterstatter des Finanzgerichts vorgenommenen Besichtigung und an den dort gepflogenen Erörterungen gerügt.

Die Bgin. hat, auch unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Finanzgerichts, schriftlich und mündlich ihr früheres Vorbringen wiederholt. Sie betont, daß nicht die eingeführte Ware, sondern das Endergebnis des Verfahrens, der endgültig hergestellte Isolierstoff, Gegenstand der vereinbarten Lizenzgebühr sei. Was mit dem Zwischenprodukt geschehe, sei unwesentlich; die Lizenzgebühr sei nicht zu zahlen, wenn es nicht verarbeitet werde oder untergehe. Die Lizenzgebühr habe mit der eingeführten Ware nichts zu tun; da ein "aliud" entstanden sei, sei der Gegenstand des Lizenzvertrags etwas anderes als die eingeführte Ware. Der Verkauf der Endprodukte sei nicht nur als Berechnungsmethode maßgebend, sondern bilde die Grundlage des Vertrages. Die Bgin. stützt sich weiter darauf, daß es ungesetzlich sei, denselben Umsatz zweimal zur Versteuerung heranzuziehen. Der Bundesminister der Finanzen als Zollbehörde wolle die Lizenz als Teil des Normalpreises der Umsatzausgleichsteuer unterwerfen; als Finanzbehörde beanspruche er für die Lizenz die Zahlung von Umsatzsteuer.

Verfahrensrechtlich rügt die Bgin., daß ihr der Betriebsprüfungsbericht der Zollwertprüfungsstelle bei der Oberfinanzdirektion nicht bekannt gewesen sei.

 

Entscheidungsgründe

II. -

Die Rb. hat Erfolg. Der Vorsteher des Hauptzollamts hat ursprünglich die Rb. der Höhe nach auf 2/5 der gesamt zu entrichtenden Lizenzgebühr beschränkt. Diese Beschränkung ist für den Streitwert von Bedeutung, bleibt aber ohne Einfluß auf die sich aus §§ 204, 143 Abs. 2 AO für den Senat ergebende Amtspflicht, alle für den einzelnen Steuerfall in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. Riewald, Reichsabgabenordnung, § 243 Anm. 1 Ziff. 3). Ein Rechtsmittel führt stets in vollem Umfange zur Wiederaufrollung des Steuerfalles. Das sich im Streitfall um die einheitlich für eine Ware zu beantwortende Frage nach der Höhe des Zollwerts handelt, d. h. also ob die Lizenzgebühr überhaupt, in voller Höhe oder nur zum Teil dem Zollwert zuzurechnen ist, ist eine Aufspaltung des Problems im Streitfall nicht möglich.

Zu prüfen ist, ob der von der Herstellerfirma der Bgin. in Rechnung gestellte Preis für die gelieferten Waren ein Normalpreis im Sinne der Wertzollvorschriften ist oder ob der Rechnungspreis um die allerdings an einen Dritten, die Lizenzgeberin, gezahlte Lizenzgebühr ergänzt werden muß, um als Normalpreis gelten zu können.

Der Senat hat in dem Grundsatzurteil VII 102, 114, 115/58 S vom 25. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 183, Bundeszollblatt - BZBl - 1959 S. 236, Slg. Bd. 68 S. 483) die Ansicht vertreten, daß ein Kaufgeschäft im Sinne des Wertzollrechts nur dann als unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zustande gekommen angesehen werden kann, wenn der Verkäufer berechtigt ist, die verkaufte Ware an jeden beliebigen Käufer zu veräußern. Es müssen also bei ihm alle diejenigen Rechte vereinigt sein, die es ihm ermöglichen, die eingeführte Ware ohne Rechtsverstoß an jeden beliebigen Käufer abzusetzen. Diese damals für den § 53 des Zollgesetzes (ZG) entwickelten Grundsätze haben auch für die im Streitfall anzuwendende Bestimmung des § 6 ZTG 1951 zu gelten, da der § 53 ZG anerkanntermaßen inhaltlich keine änderung des Zollwertbegriffs gebracht hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VII 163/57 S vom 16. Dezember 1959, BStBl 1960 III S. 150, BZBl 1960 S. 279).

Die strittigen Waren sind nach einem im Ausland patentierten Verfahren dort hergestellt.

Entgegen den Möglichkeiten des Lizenzvertrags stellte die Bgin., ebenso wie die anderen Lizenznehmer, die Waren nicht her. Vielmehr ist die ausländische Lieferfirma zur Zeit die alleinige Herstellerin der patentrechtlich geschützten eingeführten Waren. Da sie nicht Lizenznehmerin der Patentinhaberin ist, muß davon ausgegangen werden, daß sie die Waren im Einverständnis mit dieser herstellen darf. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß diese Firma die von ihr hergestellten Waren nur im Einvernehmen mit der Patentinhaberin an deren Lizenznehmer verkaufen kann; dies geht auch aus dem Brief der Patentinhaberin an die Bgin. und den Niederschriften über die erwähnten Besprechungen zwischen dem Berichterstatter des Finanzgerichts und den Vertretern der Bgin. hervor. Die Herstellerfirma war also nicht im Besitz derjenigen Rechte, die es ihr ermöglicht hätten, die Waren frei an jeden beliebigen Käufer zu verkaufen. Nach dem genannten Grundsatzurteil entspricht das Kaufgeschäft über die von der Bgin. eingeführten Waren daher nicht den Voraussetzungen eines Kaufgeschäfts im Sinne des Wertzollrechts, und der auf diesem Geschäft beruhende Rechnungspreis, der unstreitig die auf die Fabrikation dieser Waren entfallende Lizenzgebühr nicht enthält, kann nicht als Normalpreis anerkannt werden.

Es fragt sich nun, welcher Betrag dem Rechnungspreis hinzuzusetzen ist. Das hängt von der Rolle ab, die die eingeführte Ware im Rahmen der Herstellung der Isolierstoffe und im Rahmen des Lizenzvertrags einnimmt. Die Patentinhaberin verlangt für die überlassung des Rechts zur Herstellung von Glimmerwaren zwecks Verwendung in der Fabrikation von elektrischen Isolierungen eine Lizenzgebühr, die in Art. V Abs. 2 des Lizenzvertrags festgelegt und ihrer Höhe nach in Art. V Abs. 1 des gleichen Vertrags bestimmt ist. Nach Art. II des gleichen Vertrags ist der Bgin. jeder Verkauf dieser Glimmerwaren in diesem Zustand ohne ausdrückliche vorherige Genehmigung der Lizenzgeberin untersagt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Bgin. bestätigt, daß die eingeführte Ware Gegenstand des ausländischen Grundpatents sei. Der fertige Isolierstoff stellt, wie auch der Augenschein zeigt, nur eine unter Zusatz von Bindemitteln gepreßte Schichtung der eingeführten Waren dar. Es handelt sich also um eine verhältnismäßig unwesentliche Weiterverarbeitung. Nach dem Vorbringen der Parteien und dem Inhalt der Akten steht fest, daß die eingeführte Ware die Grundlage des Patents und der Lizenzerteilung ist. Diese Ware ist die eigentliche patentierte Ware, sie ist Gegenstand der Lizenz. Was für ihren Erwerb von der Bgin. neben dem Kaufpreis aufgewendet wird, sind nach Ansicht des Senats nicht nur die 2/5, sondern auch die weiteren 3/5 der Lizenzgebühr. Das beiderseitige Interesse der Erwerberin und der Lizenzgeberin an der Ware schöpft die Lizenzgebühr aus. Die Verpflichtung der Lizenzgeberin zur Mitgabe der Techniken ist ohne Einfluß auf die Lizenzgebühr, da sie durch die Verpflichtung der Lizenznehmerin zur Mitteilung von Forschungsergebnissen (Art. VIII des Lizenzvertrags) ausgeglichen ist. Auch auf das Warenzeichen entfällt, da es nicht ausgenutzt wurde und von der Bgin. selbst mit Null bewertet wird, kein Teil der einzubeziehenden Lizenzgebühr. Wie die Bgin. in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, wurde die zu zahlende Lizenzgebühr, obwohl feststand, daß das überlassene Warenzeichen nicht ausgenutzt werden würde, nicht herabgesetzt. Auch daraus folgert der Senat, daß die gesamte Lizenzgebühr tatsächlich für die überlassung des Patents an der eingeführten Ware gezahlt wurde. Das auf einem anderen Tatbestand - nachträgliche Anbringung eines Warenzeichens - beruhende Urteil des damals für Zölle und Verbrauchsteuern zuständigen V. Senats V z 77/57 U vom 2. Mai 1958 (BStBl 1958 III S. 343, BZBl 1958 S. 554, Slg. Bd. 67 S. 187) scheidet bei der Erörterung des Streitfalles aus.

Das Finanzgericht hat die Einbeziehung der vertraglich aufgeteilten Lizenzgebühr im wesentlichen damit abgelehnt, daß das Recht zur gewerbsmäßigen Nutzung des Patents im maßgebenden Bewertungszeitpunkt noch nicht konsumiert gewesen sei, und zwar deshalb nicht, weil die eingeführten Waren als die auf Grund des Patents unmittelbar hergestellten Erzeugnisse nicht vorbehaltlos in den Verkehr gebracht werden durften und infolgedessen in der Hand der Bgin. nicht gemeinfrei geworden seien. Dieser Gesichtspunkt kann nicht entscheidend sein, weil die zu § 6 des Patentgesetzes entwickelte Rechtsanschauung über den Eintritt der Patentfreiheit (Konsumtion), welche dem Schutz des Patentinhabers dient und die Dauer seiner Rechte gegenüber Dritten abgrenzt, für die hier zu entscheidende wertzollrechtliche Frage, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, keine Bedeutung hat.

Es kommt im Streitfall allein darauf an, daß eine im Zollausland patentrechtlich geschützte Ware eingeführt wurde, in deren Preis (Rechnungspreis) der Gegenwert des Patents nicht enthalten ist. Dieser Wert gehört jedoch zum normalen Preis einer patentierten Ware und wird auch im vorliegenden Fall vom Käufer der Ware an den Patentinhaber in Form einer Lizenzgebühr bezahlt.

Der Preis, den die Bgin. an die Herstellerfirma gezahlt hat, ist daher auch nicht die einzige Leistung des Käufers im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 ZTG 1951. Nach dem Sachverhalt ist es eindeutig, daß die Bgin. die Waren überhaupt nur erwerben konnte, weil sie das Herstellungspatent an ihnen durch den mit der Patentinhaberin geschlossenen Lizenzvertrag erworben hatte. Da die Herstellerfirma keine Lizenzgebühren für die Herstellung der Waren an die Patentinhaberin gezahlt hat, stellt die Lizenz, die der Käufer, die Bgin., zu zahlen hat, eine zusätzliche Leistung des Käufers dar. Der Preis ist aber nur dann als Normalpreis anzusprechen, wenn er alle notwendigen Aufwendungen des Käufers enthält, die dieser für den Erwerb einer geschützten Ware auch an Dritte (hier an die Patentinhaberin), machen mußte und die daher den Wert der Ware im maßgebenden Bewertungszeitpunkt bilden. Zu den Leistungen dieser Art gehören gegenüber dem Patentinhaber eingegangene Verpflichtungen auch dann, wenn ihre Erfüllung erst nach dem maßgebenden Bewertungszeitpunkt liegt (vgl. das oben angeführte Urteil vom 25. Februar 1959 Teil II).

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich folgendes:

Zum Zollwert von Waren, die nach einem patentrechtlich geschützten Verfahren hergestellt sind, gehört die zur Ablösung des Rechts zur Benutzung des Patents zu zahlende Lizenzgebühr auch dann, wenn der Verkäufer der Ware nicht Inhaber des Patentrechts ist und der Käufer demgemäß die Lizenzgebühr unmittelbar an den Patentinhaber zu zahlen hat.

Der Einwand der Bgin., daß die Lizenzgebühr erst mit der im Inland erfolgten Verarbeitung zu einem verkaufsfähigen Fertigprodukt fällig und nach dem Nettoerlös gezahlt werde, vermag daher nicht durchzugreifen. Diese Vereinbarung enthält nur die Grundlage für die Bemessung der Lizenzgebühr, also für das Abrechnungsverfahren zwischen den Parteien des Lizenzvertrags, doch gibt dies keinen bindenden Aufschluß darüber, auf welche Ware sich die Lizenzgebühr bezieht. Steht, wie oben erörtert, die eingeführte Ware im Mittelpunkt des Herstellungsverfahrens und der Lizenzerteilung und kann mit ihr nur der etwas anfangen, dem die Schutzrechte überlassen sind, so waren die von der ausländischen Herstellerfirma in Rechnung gestellten Preise keine Verkaufspreise des freien Wettbewerbs und ihre Bezahlung nicht die einzige Leistung, die die Bgin. für den Erwerb der eingeführten Waren aufbringen mußte.

Da die Rechnungspreise als Grundlage für die Zollwertermittlung sonach auszuscheiden haben, muß der Normalpreis theoretisch ermittelt werden. Der den Einfuhren zugrunde liegende Lizenzvertrag muß also mit Rücksicht auf die Zollwertnorm so aufgefaßt werden, als ob die Bgin. die eingeführten Waren von einem ausländischen Patentinhaber erworben hätte, dem die Patentrechte und auch die Vertriebsrechte zustehen, so daß der Zollwert neben den Herstellungskosten der Waren auch den anteiligen Gegenwert der Leistungen für den Erwerb des Patentrechts, hier die volle Lizenzgebühr, sowie den darauf entfallenden anteiligen Unternehmergewinn der Herstellerfirma enthält.

Das gleiche ergibt sich auch bei folgender Betrachtungsweise. Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung durch Anwendung der Zollwertnorm erfordert es, von einem Preis auszugehen, den ein unabhängiger, nicht durch Lizenzabmachungen gebundener Käufer für die zu bewertenden Waren zu zahlen hätte. Dieser im Normalfall erzielbare Preis würde als Berechnungsfaktor für die unter Ausnutzung eines Patentrechts hergestellten Waren auch einen den Lizenzgebühren entsprechenden Betrag enthalten, der dem Zollwert mit zugrunde zu legen wäre. Die Tatsache, daß die Ware unter Ausnutzung eines Patentrechts hergestellt ist, ist von Einfluß auf ihren Wert und daher bei der Feststellung des Normalpreises zu berücksichtigen. Die Lizenzgebühr gehört sonach gemäß § 6 Abs. 4 in Verbindung mit § 8 ZTG 1951 zum Normalpreis der eingeführten Ware. Es macht keinen Unterschied, wer die Lizenzgebühr entrichtet, ob er der Hersteller der Ware oder ihr Käufer ist (vgl. Art. III der Brüsseler Begriffsbestimmung des Zollwerts).

Zum Einwand der ungesetzlichen Doppelbesteuerung (Ausgleichsteuer und Umsatzsteuer) ist darauf hinzuweisen, daß die Lizenzgebühr als solche nicht der Ausgleichsteuer unterliegt. Vielmehr unterliegt die eingeführte Ware der Ausgleichsteuer, während die Leistung des Lizenzgebers der Umsatzsteuer unterworfen ist. Die Ausgleichsteuer bemißt sich nach dem Werte der eingeführten Ware (§ 6 Abs. 1 Satz 1 UStG, § 4 Abs. 1 Satz 1 der Ausgleichsteuerordnung). Für die Feststellung dieser Werte sind die Vorschriften über die Wertverzollung unmittelbar maßgebend (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VII 174/57 S vom 25. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 166, BZBl 1959 S. 241, Slg. Bd. 68 S. 431, 435).

 

Fundstellen

Haufe-Index 409663

BStBl III 1960, 282

BFHE 1961, 95

BFHE 71, 95

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