Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wird an Stelle eines kriegszerstörten Geschäftsgrundstücks im Jahre 1952 ein neues Geschäftshaus errichtet, so ist bei Fortschreibung des Einheitswerts des Geschäftsgrundstücks auf den 1. Januar 1953 kein Sonderabschlag vom Realwert wegen Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer vorzunehmen.

 

Normenkette

BewG § 52 Abs. 1, § 76; BewDV § 32 Abs. 1 Ziff. 2; BewG § 75/3; BewDV § 33/2; BewG § 76/3/2; BewDV § 37; BewG §§ 82, 76/1/2; BewDV § 42

 

Tatbestand

Es handelt sich um die Fortschreibung des Einheitswerts für das bebaute Grundstück der Beschwerdegegnerin (Bgin.) auf den 1. Januar 1953. Der Einheitswert auf den 1. Januar 1935 wurde nach dem Sachwertverfahren als gemeiner Wert ermittelt und betrug 485.500 RM. Das damals auf dem Grundstück stehende Geschäftshaus ist durch Kriegseinwirkung völlig zerstört worden. Der auf Grund des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 (Fortschreibungsgesetz) auf den 21. Juni 1948 fortgeschriebene (berichtigte) Einheitswert betrug 326.200 DM und setzte sich wie folgt zusammen:

Bodenwert -------------------------------- 441.750 DM Sonderabschläge nach § 2 Abs. 3 des Fortschreibungsgesetzes -------------------- 9.000 DM Restbodenwert ---------------------------- 432.750 DM Sonderabschlag wegen Gebäudeentschuldungsteuer (3 x 8.316 DM) -- 24.948 DM Ausgangswert ----------------------------- 407.802 DM Wertzahl -------------------------------------- 80 Einheitswert (abgerundet) ---------------- 326.200 DM. Im Jahre 1952 wurde das Grundstück mit einem neuen Geschäftshaus bebaut. Das Gebäude enthält Keller, Erdgeschoß, 5 Obergeschosse, Sammelheizung und Personenfahrstuhl. Das Finanzamt nahm auf den 1. Januar 1953 Wertfortschreibung auf Grund folgender Berechnung vor:

Gebäudenormalherstellungskosten (umbauter Raum 9.128 cbm zu je 20 RM/DM) ---------- 182.560 RM/DM Zuschläge für Sammelheizung 5 v. H. von 182.560 RM/DM ----------------------------- 9.128 RM/DM Zuschlag für Fahrstuhl nach Index 283 : 130 --------------------------------- 7.350 RM/DM ----------------------------------------- 199.038 RM/DM überteuerungszuschlag 30 v. H. von 199.038 RM/DM ---------------------------- 59.711 RM/DM Gebäuderealwert ------------------------- 258.749 RM/DM Wert des Grund und Bodens --------------- 441.750 RM/DM Realwert -------------------------------- 700.499 RM/DM Sonderabschlag wegen Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer (Hauszinssteuer) 24.948 RM/DM Ausgangswert ---------------------------- 675.551 RM/DM Wertzahl ------------------------------------- 80 gemeiner Wert des Grundstücks = Einheits- wert auf den 1. Januar 1953 (abgerundet) 540.400 DM. Gegen den Wertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1953 wurde Einspruch eingelegt und um Mitteilung der Bewertungsgrundlagen gebeten. Das Finanzamt erteilte die gewünschte Auskunft, teilte der Bgin. aber gleichzeitig mit, daß bei der Wertfortschreibung insofern ein Fehler unterlaufen sei, als vom Realwert der dreifache Jahresbetrag der Belastung mit Hauszinssteuer abgezogen worden sei. Dies sei bei neu aufgebauten Gebäuden unzulässig. Im Einspruchsverfahren wurde von der Bgin. geltend gemacht, daß die Vornahme eines Zuschlags von 30 v. H. für den Ansatz von 7.350 DM für den Fahrstuhl nicht gerechtfertigt gewesen sei. Ebenso sei die Streichung des Sonderabschlags wegen Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer unzutreffend. Diese Belastung gehöre zu den Wertverhältnissen im Sinne des § 3 a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV). Bei allen Grundstücken müsse das Weiterbestehen der Gebäudeentschuldungsteuer unterstellt werden. In der Einspruchsentscheidung wurde der Einheitswert auf den 1. Januar 1953 auf 568.100 DM festgestellt. Der Zuschlag von 30 v. H. auf den Ansatz von 7.350 DM für den Fahrstuhl wurde fallengelassen. Andererseits wurde nunmehr, da das neu errichtete Gebäude mehr als 5 Geschosse habe, ein Zuschlag von 5 v. H. zum Gesamtgebäudewert vorgenommen. Der Abschlag wegen der Belastung des alten bebauten Grundstücks mit Hauszinssteuer in Höhe von 24.948 DM wurde versagt, da es sich bei dem jetzt zu bewertenden Gebäude um ein 1952 errichtetes neues Gebäude handle, während die Gebäudeentschuldungsteuer (Hauszinssteuer) nur von dem vor dem 1. Juli 1918 bebauten Grundbesitz zu erheben gewesen sei. Das Finanzgericht hat den Einheitswert auf den 1. Januar 1953 auf 538.600 DM herabgesetzt. Es hat den Sonderabschlag wegen Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer wieder zugelassen, da nach § 37 Abs. 1 BewDV die Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer wertmindernd zu berücksichtigen und nach § 42 BewDV sogar im Falle der Ablösung der Gebäudeentschuldungsteuer nach der Verordnung vom 8. Dezember 1931 Zweiter Teil Kapitel I § 2 (Reichsgesetzblatt I S. 699, 706) diejenige Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer zu unterstellen sei, die ohne Ablösung am Feststellungszeitpunkt bestehen würde. Die Bestimmung über die Berücksichtigung der Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer müßte trotz Wegfalls dieser Steuer ab 1. Januar 1943 weitergelten, da bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf spätere Zeitpunkte stets die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 zugrunde zu legen seien und die Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer zu den Wertverhältnissen gehöre. Es sei daher nicht angängig, zwischen einem vor dem 1. Juli 1918 errichteten noch bestehenden Gebäude und einem an die Stelle eines kriegszerstörten Gebäudes getretenen Neubaus insoweit einen Unterschied zu machen. Eine andere Betrachtungsweise würde zu dem unbilligen Ergebnis führen, daß der Sonderabschlag bei stehengebliebenen Gebäuden zuzulassen wäre, bei kriegszerstörten und wiederhergestellten Bauten dagegen nicht. Ferner hat das Finanzgericht den Zuschlag von 5 v. H. wegen des 6. Geschosses beseitigt, da nach den bestehenden Verwaltungsvorschriften dieser Zuschlag nur für Büro- und andere Bauten auf Industriegelände gelte. Schließlich hat das Finanzgericht bei Bewertung des Fahrstuhls mit 7.350 DM als 30 - prozentigen überteuerungszuschlag 2.205 DM abgezogen. Danach errechnete sich der Einheitswert auf den 1. Januar 1953 wie folgt:

Neuer Ausgangswert 675.551 DM - 2.205 DM = 673.346 DM Wertzahl -------------------------------------- 80 Einheitswert abgerundet ------------------ 538.600 DM. Gegen dieses Urteil hat der Vorsteher des Finanzamts Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsbeschwerde richtet sich gegen die vom Finanzgericht vorgenommene Kürzung des Grundstücksrealwerts wegen Belastung mit Hauszinssteuer in Höhe des dreifachen Jahresbetrags, der nach dem Stand vom 1. Januar 1935 zu zahlen war, und gegen die Absetzung des überteuerungszuschlags von 30 v. H. bei dem Fahrstuhl.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

Aus § 37 Abs. 1 BewDV kann entgegen der Auffassung des Finanzgerichts im Streitfall nichts für die Wertminderung des Grundstücks der Bgin. wegen Belastung mit Hauszinssteuer entnommen werden. Denn die bezeichnete Vorschrift bezieht sich nur auf Grundstücke, die mit einem Vielfachen der Jahresrohmiete bewertet worden sind. Diese Voraussetzung ist jedoch im Streitfall nicht gegeben, da das Grundstück unstreitig nach dem gemeinen Wert bewertet worden ist. Auch § 42 BewDV greift hier nicht ein. Danach ist bei der Bewertung von Grundstücken, für die die Gebäudeentschuldungsteuer ganz oder teilweise abgelöst worden ist, diejenige Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer zu unterstellen, die ohne die Ablösung am Feststellungszeitpunkt bestehen würde. Ob für das Grundstück der Bgin. die Gebäudeentschuldungsteuer (Hauszinssteuer) gemäß der Verordnung vom 8. Dezember 1931 abgelöst worden ist, lassen die Akten nicht erkennen. Es kommt indessen hierauf auch nicht an. Denn jedenfalls ist nach § 42 a. a. O. nur diejenige Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer zu unterstellen, die ohne die Ablösung am Feststellungszeitpunkt bestanden hätte. Am 1. Januar 1953 bestand indessen überhaupt keine Gebäudeentschuldungsteuer für das hier in Rede stehende Grundstück. Denn die von den Ländern auf Grund des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1926 (Reichsgesetzblatt I S. 251) erhobene Steuer vom bebauten Grundbesitz (Gebäudeentschuldungsteuer) bezog sich nur auf Grundbesitz, soweit er vor dem 1. Juli 1918 bebaut worden ist (ß 7 Abs. 1 der Preußischen Hauszinssteuerverordnung vom 2. Juli 1926 - Preußische Gesetzsammlung 1926 S. 213 - bzw. vom 9. März 1932 - Preußische Gesetzsammlung 1932 S. 114 - und Begründung zur Verordnung über die Aufhebung der Gebäudeentschuldungsteuer vom 31. Juli 1942 - Reichssteuerblatt 1942 S. 836 -). Im Streitfall ist der Neubau des Geschäftsgebäudes im März 1952 begonnen und am 15. Dezember 1952 bezogen worden. Aus öffentlichen Mitteln ist der Neubau nach Akteninhalt nicht erstellt worden. Er war somit niemals Objekt der Gebäudeentschuldungsteuer (Hauszinssteuer). Es kann sich demnach höchstens darum handeln, ob die Gebäudeentschuldungsteuer, die für das kriegszerstörte alte Gebäude bestanden hat, auch für den nicht der Gebäudeentschuldungsteuer unterliegenden Neubau als noch weiterbestehend zu gelten hat. Das ist zu verneinen. Aus § 42 BewDV läßt sich jedenfalls eine so weitgehende Folgerung nicht ziehen. Der Zweck dieser Vorschrift bestand lediglich darin zu verhüten, daß Grundstückseigentümern aus der Ablösung der Gebäudeentschuldungsteuer gegenüber den Grundstückseigentümern, die nicht abgelöst hatten, steuerliche Nachteile entstünden. Es ergibt sich aber nichts dafür, daß die Gebäudeentschuldungsteuer von zerstörten bebauten Grundstücken auch bei an ihre Stelle getretenen Neubauten als fortbestehend angesehen werden müßte. Zutreffend ist, daß nach § 3 a Abs. 1 BewDV bei Fortschreibungen der Einheitswert für Grundbesitz die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 zugrunde zu legen sind, und daß auch die normale Belastung mit Gebäudeentschuldungsteuer den Wertverhältnissen zuzurechnen ist. Andererseits ist indessen bei Fortschreibungen des bebauten Grundbesitzes, und zwar ebenfalls gemäß § 3 a Abs. 1 a. a. O., auch der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes (Bestand, bauliche Verhältnisse usw.) vom Fortschreibungszeitpunkt zugrunde zu legen. Unter die tatsächlichen Verhältnisse am Fortschreibungszeitpunkt fällt im Streitfall der Umstand, daß am 1. Januar 1953 ein neues, im Jahre 1952 errichtetes Gebäude vorhanden war, für das, wie ausgeführt, keine Gebäudeentschuldungsteuer zu erheben war. Der Auffassung des Finanzgerichts, daß die Nichtberücksichtigung der Gebäudeentschuldungsteuer in diesen Fällen unbillig sei, kann nicht gefolgt werden. Mit Recht hat das Finanzamt ausgeführt, daß die Rechtsansicht des Finanzgerichts zu erheblichen Unstimmigkeiten führen würde. So müßte z. B. wenn bei der Einheitsbewertung 1935 wegen geringer Belastung mit Hauszinssteuer ein Zuschlag vorgenommen worden ist, dieser Zuschlag auch heute noch bei wieder aufgebauten Gebäuden fortgeführt werden, oder es müßten zwei in gleicher Art und gleichem Umfang wieder aufgebaute, völlig gleichwertige Gebäude nur wegen unterschiedlicher Belastung des alten zerstörten Gebäudes am 1. Januar 1935 mit Hauszinssteuer heute verschieden bewertet werden. Aus der von der Bgin. angeführten Stelle in dem Handbuch für "Bewertung und Besteuerung des Grundbesitzes" Teil I unter C "Grundfragen der Bewertung" S. III 4 (von Weil), die sich mit der Aufhebung der Gebäudeentschuldungsteuer und der Abgeltung derselben befaßt, läßt sich die von der Bgin. vertretene Rechtsauffassung nach Ansicht des Senats nicht herleiten. Wäre es dennoch der Fall, so könnte der Senat dieser Ansicht nicht beitreten.

Auch hinsichtlich der Absetzung des 30 - prozentigen überteuerungszuschlags bei dem Fahrstuhl ist die Rechtsbeschwerde begründet. Das Finanzgericht hat den Betrag von 2.205 DM zu Unrecht von den Kosten des Fahrstuhls von 7.350 DM abgesetzt, weil dieser Wert bereits auf den Baukostenindex 1935 (130 v. H.) zurückgeführt worden war, und durch den weiteren Abzug von 2.205 DM die Wertverhältnisse von 1914 berücksichtigt würden. Es trifft auch nicht zu, daß in der Einspruchsentscheidung die Berechtigung zur Kürzung der 7.350 DM um 2.205 DM vom Finanzamt anerkannt worden sei. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der auf den 1. Januar 1953 fortzuschreibende Einheitswert für das bebaute Grundstück der Bgin. errechnet sich wie folgt:

Gebäudewert ---------------------------- 182.560 DM 5 % Zuschlag für Sammelheizung ----------- 9.128 DM ---------------------------------------- 191.688 DM 30 % überteuerung ----------------------- 57.506 DM ---------------------------------------- 249.194 DM Zuschlag für Fahrstuhl ------------------- 7.350 DM Gebäuderealwert ------------------------ 256.544 DM Bodenwert ------------------------------ 441.750 DM Realwert ------------------------------- 698.294 DM Wertzahl ------------------------------------ 80 Einheitswert 1. Januar 1953 (abgerundet) 558.600 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409285

BStBl III 1959, 151

BFHE 1959, 389

BFHE 68, 389

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