Leitsatz

1. Ist in der Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten (§ 556 Abs. 3 BGB) der Verteilerschlüssel unverständlich, liegt ein formaler Mangel vor, der zur Unwirksamkeit der Abrechnung führt (Abgrenzung zum Senatsurteil v. 17.11.2004, VIII ZR 115/04, NJW 2005, 219, unter II 1 b).

2. Auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB ist § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entsprechend anwendbar.

 

Normenkette

BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1, § 556 Abs. 3

 

Kommentar

Zwischen den Parteien bestand ein Wohnungsmietvertrag, der durch die Kündigung des Mieters vom 25.10.2004 zum 31.1.2005 beendet wurde. In dem Kündigungsschreiben wurde der Vermieter u. a. aufgefordert, die noch ausstehende Betriebskostenabrechnung bis Ende März 2005 vorzunehmen. Die Hausverwaltung hat mit Schreiben vom 5.11.2004 die Abrechnung über die Betriebskosten des Kalenderjahrs 2003 über 602,84 EUR erteilt. In dieser Abrechnung wird der Umlagemaßstab wie folgt bezeichnet:

Umlage nach Quadratmeter Wohnfläche x Monate
Gesamtsumme 3816,00
Ihr Anteil 1176,00
  12,00

Der Mieter hat die Zahlung mit der Begründung verweigert, dass der Umlagemaßstab unklar sei. Daraufhin hat die Hausverwaltung mit Schreiben vom 23.4.2005 – also nach Ablauf der Abrechnungsfrist – eine Abrechnung mit folgenden Angaben erteilt:

Umlage nach Quadratmeter Wohnfläche
Gesamtsumme 318,00
Ihr Anteil 98,00

Der BGH hatte zu entscheiden, ob der in der Abrechnung vom 5.11.2004 angegebene Umlageschlüssel den Anforderungen gerecht wird, die an eine formell ordnungsgemäße Abrechnung zu stellen sind und ob eine unzureichende Abrechnung nach Ablauf der Abrechnungsfrist nachgebessert werden kann.

Anmerkung

Dies wird vom BGH verneint: Nach § 556 Abs. 3 S. 2 BGB muss dem Mieter die Abrechnung bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitgeteilt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung ausgeschlossen (§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB). Nach diesen Regelungen war die Abrechnung vom 5.11.2004 rechtzeitig, die korrigierte Abrechnung vom 23.4.2005 jedoch verspätet. Deshalb stellt sich zunächst die Frage, ob die erste Abrechnung den Anforderungen des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB genügt.

Nach der Rechtsprechung des BGH muss eine Abrechnung für einen "durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter" rechnerisch und gedanklich nachvollziehbar sein (BGH, Urteil v. 17.11.2004, VIII ZR 115/04). Erforderlich ist, dass die Abrechnung folgende Mindestanforderungen enthält:

  1. Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten,
  2. die Angabe und Erläuterung der Verteilungsschlüssel,
  3. die Berechnung des Anteils des Mieters sowie
  4. den Abzug der Vorauszahlungen.

Vorliegend sind die unter der Ziffer 2 dargestellten Anforderungen nicht erfüllt, weil ein durchschnittlicher Mieter nicht erkennen kann, dass die "Gesamtsumme" das rechnerische Produkt aus der Gesamtwohnfläche und den 12 Monaten des Jahres darstellt.

Dies führt zu dem Folgeproblem, ob eine unzureichende Abrechnung nach Ablauf der Abrechnungsfrist korrigiert werden kann. Der BGH unterscheidet insoweit zwischen der formellen Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung und den inhaltlichen Fehlern. Sind die unter den Ziffern 1 bis 4 dargestellten Kriterien nicht gewahrt, ist die Abrechnung nicht nachvollziehbar und damit formell ordnungswidrig. Eine solche Abrechnung kann nicht nachgebessert werden (BGH, Urteil v. 14.2.2007, VIII ZR 1/06). Inhaltliche Fehler können dagegen korrigiert werden.

In Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH (Urteil v. 17.11.2004, VIII ZR 115/04) entschieden, dass ein falscher Umlageschlüssel als inhaltlicher Fehler zu bewerten ist; ein solcher Fehler kann auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist korrigiert werden. Dagegen ist eine Abrechnung mit einem unverständlichen Umlageschlüssel formell fehlerhaft; eine Nachbesserung scheidet aus.

Der Vermieter hat unter anderem behauptet, der Mieter habe gegenüber der Hausverwaltung erklärt, dass er die Abrechnung bezahlen werde. Dies führt zu der Frage, wie sich ein Anerkenntnis auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB auswirkt. Wird eine Forderung vor Eintritt der Verjährung anerkannt, beginnt die Verjährung erneut (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Hierzu hat der BGH bereits mit Urteil vom 18.1.2006 (VIII ZR 94/05) entschieden, dass die Verjährungsregeln nicht analog auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB anzuwenden sind. An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest.

Im Ausnahmefall kann die Berufung des Mieters auf die Ausschlussfrist gegen § 242 BGB verstoßen. Hieran ist insbesondere dann zu denken, wenn der Mieter den Vermieter von der Korrektur einer fehlerhaften Abrechnung abhält. Ein solcher Sachverhalt lag jedoch nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 09.04.2008, VIII ZR 84/07BGH, Urteil v. 9.4.2008, VIII ZR 84/07, NJW 2008, 2258 m. Anm. Harsch = MietRB 2008, 322

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