Leitsatz

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Frage, ob einem betreuenden Elternteil Erwerbseinkünfte, die er neben der Kindesbetreuung erzielt, ganz oder teilweise anrechnungsfrei zu belassen sind.

 

Sachverhalt

Die Parteien lebten voneinander getrennt. Die Ehefrau betreute das gemeinsame Kind, das das 3. Lebensjahr vollendet hatte und erzielte eigene Einkünfte aus einer Teilzeittätigkeit.

Sie begehrte Trennungsunterhalt und beantragte für die von ihr beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe, die ihr von dem erstinstanzlichen Gericht nur partiell bewilligt wurde.

Die gegen den erstinstanzlichen Beschluss von ihr eingelegte sofortige Beschwerde hatte in geringem Umfang Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf ging in seiner Entscheidung davon aus, dass das Einkommen der Antragstellerin vollständig in die Unterhaltsberechnung einzustellen sei.

Der Senat verwies insoweit auf seine ständige Rechtsprechung, wonach die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit neben der Betreuung eines Kindes, das das 3. Lebensjahr vollendet habe, die Vereinbarkeit dieser Tätigkeit mit den Belangen des Kindes i.S.d. § 1570 Abs. 1 BGB indiziere. Der Abzug eines Betreuungsbonus oder eine Teilanrechnung der tatsächlich erzielten Einkünfte nach § 1577 Abs. 2 BGB komme deshalb im Regelfall nicht in Betracht.

Eine tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit sei nur dann als unzumutbar bzw. überobligatorisch anzusehen, wenn derjenige, der die Tätigkeit ausübe, hierzu unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet sei. Der Umfang der individuell geschuldeten Erwerbstätigkeiten neben der Betreuung eines Kindes könne seit dem 1.1.2008 jedoch nicht mehr nach dem Alter des Kindes oder anderen Kriterien pauschal bestimmt werden, sondern orientiere sich an den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles (BGH, Urt. v. 18.3.2009 - XII ZR 74/08).

Mit der tatsächlichen Ausübung einer Tätigkeit zeige der kinderbetreuende Elternteil im Regelfall, dass diese Tätigkeit mit der Pflege und Erziehung der Kinder konkret vereinbar sei und in ihrem Umfang der Billigkeit i.S.d. § 1570 BGB entspreche.

Außergewöhnliche Umstände, die die Erwerbstätigkeit als unzumutbar und überobligatorisch erscheinen lassen könnten, seien im entschiedenen Fall weder vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich. Die genannten Erwägungen seien auch für eine bereits während des Trennungsjahres aufgenommene Erwerbstätigkeit heranzuziehen, da in diesem Fall der Schutzzweck des § 1361 Abs. 2 BGB nicht mehr erfüllt werden könne, nach welchem eine Zerrüttung der Ehe nicht durch eine vorschnelle Umgestaltung der Lebensverhältnisse vertieft werden solle.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2009, II-8 WF 155/09

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