Leitsatz

Vorliegend allerdings Verwirkung des Störbeseitigungsanspruches (Zeitablauf von 6 Jahren)

 

Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 862 BGB, § 864 BGB, § 1004 BGB

 

Kommentar

1. Der Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums kann auch von einem einzelnen Miteigentümer, also ohne Ermächtigung durch die Gemeinschaft, geltend gemacht werden (Individualanspruch nach h.M., vgl. BGH, NJW 92, 978; KG Berlin, NJW-RR 95, 1228 = WE 95, 313).

Die nachträgliche Errichtung eines hohen Holzflechtzauns auf der Trennlinie zwischen zwei angrenzenden Sondernutzungsflächen ist eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG (auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums, vgl. auch KG Berlin, WE 94, 213 = NJW-RR 94, 207). Bei solchen massiven gegenständlichen Baumaßnahmen besteht auch keine Duldungspflicht im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG (KG Berlin, NJW-RR 94, 526).

Hat jemand (als Sondereigentumsnutzer) in eigener Verantwortung und Zuständigkeit eine Störung des gemeinschaftlichen Eigentums veranlasst, kann er sich nicht darauf berufen, dass er seinerzeit nicht verantwortlicher Miteigentümer war und somit jetzt auch nicht in Anspruch genommen werden könne. Negatorische Unterlassungs- und Störbeseitigungsansprüche nach den §§ 862 und 1004 BGB können nach nunmehr h.M. im Falle der Vermietung nicht nur gegen den vermietenden Miteigentümer, sondern auch gegen den unmittelbar störenden Mieter gerichtet werden - allerdings im ordentlichen Zivilprozess - (vgl. OLG München, NJW-RR 92, 1492; OLG Stuttgart, NJW-RR 93, 24; OLG Karlsruhe, NJW-RR 94, 146; vgl. auch BGH, NJW 96, 714). Aus diesem Grund müssen auch hinsichtlich baulicher Veränderungen Beseitigungsansprüche beispielsweise gegen einen Mieter von Wohnungseigentum zulässig sein. Maßgebend ist, dass ein Dritter aus eigener Sachherrschaft durch Umbaumaßnahmen in das gemeinschaftliche Eigentum eingreift. Veranlasst dagegen ein Wohnungserwerber vor seiner Eintragung im Grundbuch den noch eingetragenen Voreigentümer zu baulichen Veränderungen an der Wohnung, liegt die Verantwortung allein beim Verkäufer, auch wenn dieser etwa eine vertragliche Verpflichtung dazu übernommen haben sollte (vgl. KG Berlin, NJW-RR 91, 1421). Mit dem Eintritt in die Gemeinschaft als Sonderrechtsnachfolger tritt der Erwerber nicht etwa in die Handlungsstörerhaftung seines Rechtsvorgängers ein; allenfalls trifft ihn eine Duldungspflicht, wenn die Eigentümer etwa den Rückbau auf gemeinschaftliche Kosten durchsetzen können.

Wiederum anders verhält es sich, wenn der teilende Eigentümer vor Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft bauliche Veränderungen entgegen der Teilungserklärung und Abgeschlossenheitsbescheinigung durchführen lässt, weil der Bestandschutz des § 22 Abs. 1 WEG erst mit dem Beginn der Wohnungseigentümergemeinschaft einsetzt (vgl. OLG Hamm, WE 93, 318).

Im vorliegenden Fall hatte der Antragsgegner als seinerzeitiger Nutzer bereits gewisse Sachherrschaft und konnte deshalb nicht als bloßer Gehilfe der seinerzeitigen Miteigentümer (seiner Eltern) bezeichnet werden. Allerdings bedürfe die Frage keiner weiteren Sachaufklärung, ob der Antragsgegner damals vergleichbar einem Mieter aus eigener Sachherrschaft den Zaun errichtet habe.

2. Der angefochtene Beschluss war aus anderem Grund gültig; der Beseitigungsanspruch war nämlich im vorliegenden Fall verwirkt und somit nicht mehr gerichtlich durchsetzbar. Angesichts der gesamten Umstände und auch des Zeitablaufes von jedenfalls 6 Jahren zwischen der Zaunerrichtung und der Anhängigmachung des Beseitigungsanspruches stellt die jetzige Anspruchsgeltendmachung eine unzulässige Rechtsausübung dar. Aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Beteiligten heraus wäre es zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller erheblich früher mit seinem Beseitigungsverlangen gegen den Antragsgegner hervorgetreten wäre; die Argumentation, er habe von der Verwaltung jahrelang erfolglos ein Vorgehen gefordert, ändert an der Verwirkung seines Individualanspruches mangels frühzeitiger gerichtlicher Geltendmachung nichts. Soweit sich der Antragsteller auch auf die Anspruchsgrundlage des § 862 BGB beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass gerade dieser Besitzanspruch gem. § 864 BGB bereits mit dem Ablauf eines Jahres nach Eigentumsstörung erlischt.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 10.02.1997, 24 W 6582/96= WE 5/97, 190).

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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