Leitsatz

Es ist keine bauliche Veränderung gegeben, wenn ein Wohnungseigentum vom Bauträger abweichend erstellt wird. Baut der Bauträger eine Fußbodenheizung ein, können die anderen Wohnungseigentümer aber vom betroffenen Wohnungseigentümer verlangen, dass er die Beseitigung der Fußbodenheizung auf Kosten aller duldet.

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 22 Abs. 1 WEG; §§ 812, 1004 BGB

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verlangt von Wohnungseigentümer W, seine Fußbodenheizung stillzulegen. Ferner begehrt sie von W Schadensersatz. Der Verbrauch der Fußbodenheizung sei jahrelang nicht erfasst worden.
  2. Das AG weist die Klage ab, soweit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Stilllegung verlangt. Es liege keine bauliche Veränderung vor. Die Wohnungseigentumsanlage sei abweichend von der "Teilungserklärung" hergestellt worden. In einem solchen Fall könne nur ein Anspruch bestehen, das Gebäude (erstmals) in einen den ursprünglichen Plänen entsprechenden Zustand zu versetzen. Da W bereits Besitz am Sondereigentum gehabt habe, als die Eintragung im Grundbuch erfolgt sei, bestehe (gegen diesen) kein Anspruch auf Stilllegung und anschließende Herstellung des verbleibenden Heizkreislaufes.
  3. Der Anspruch auf Schadensersatz sei hingegen begründet. B sei verpflichtet gewesen, die anderen Wohnungseigentümer auf die Existenz der nicht von Wärmemengenzählern erfassten Fußbodenheizung hinzuweisen. Zudem habe er die anderen Wohnungseigentümer darauf aufmerksam machen müssen, dass – selbst wenn die Existenz der Fußbodenheizung bekannt gewesen wäre – die Einbeziehung der hierdurch verursachten Kosten in die Heizkostenabrechnung mangels Ablesegeräten unterblieben sei. Die Höhe des Schadensersatzanspruches für die Jahre 1997 bis 2002 schätzt das AG. Als Grundlage legt es die Gesamtgröße des Sondereigentums (137,8 m²) und die Größe der Räume mit Fußbodenheizung (24,15 m²) zugrunde. Ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Jahre 2009 und 2010 verneint es. Die Abrechnungsbeschlüsse für 2010 und 2012 entfalteten insoweit eine Ausschlusswirkung. Denn zum Zeitpunkt der Genehmigungsbeschlüsse seien die Wohnungseigentümer über die Sachlage (des nicht erfassten Verbrauchs der Fußbodenheizung) informiert gewesen.
  4. Hiergegen richtet sich die Berufung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Sie verlangt jetzt im Wege der Klageänderung, W nur noch zur Duldung zu verurteilen. Ferner soll W verurteilt werden, an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer weitere 6.114,99 EUR zu zahlen. Das AG habe bei seiner Schätzung nicht berücksichtigt, dass die Fußbodenheizung auch die Diele beheize. Es sei deshalb von einer Gesamtfläche von 59,27 m² auszugehen. Das AG habe den Schadensersatzanspruch aber auch gar nicht schätzen dürfen, sondern ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Schließlich sei das AG fehlerhaft zu der Auffassung gelangt, die Abrechnungsbeschlüsse entfalteten eine Ausschlusswirkung. Eine solche Ausschlusswirkung scheitere schon daran, dass die Verbräuche der Fußbodenheizungen gar nicht erfasst worden seien. Im Übrigen dürfe ein Ersatzanspruch nur dann in die Gesamt- oder Einzelabrechnung eingestellt werden, wenn der Anspruch "bereits tituliert sei oder sonst feststehe, etwa weil er von dem betreffenden Wohnungseigentümer anerkannt worden sei".
 

Die Entscheidung

  1. Der geänderte Klageantrag zur Stilllegung der Fußbodenheizung sei begründet. Nach § 21 Abs. 4 WEG könne jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen entspreche. Dieser Anspruch bestehe auch bei baulichen Maßnahmen, unabhängig davon, ob diese eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG darstellten. Eine solche Veränderung liege allerdings nicht vor, wenn "ein" Wohnungseigentum durch den Bauträger abweichend vom Aufteilungsplan erstellt werde. In derartigen Fällen bestehe kein Beseitigungsanspruch gegen den einzelnen Wohnungseigentümer, sondern ein gegen die Gesamtheit der Wohnungseigentümer gerichteter Anspruch auf Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands (Hinweis auf OLG Frankfurt a.M. v. 24.7.2007, 20 W 538/05, NJW-RR 2008 S. 395, 397).
  2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne deshalb von B verlangen, dass er die Beseitigung der Fußbodenheizung (auf Kosten aller) dulde und so ein Zustand hergestellt werde, wie er zur erstmaligen ordnungsmäßigen Herstellung des Gebäudes geschuldet sei. Wie dieser Zustand sein müsse, ergebe sich aus der Teilungserklärung, in welcher auf die Baubeschreibung Bezug genommen und diese als Bestandteil der Teilungserklärung ausgewiesen sei. Nach der Baubeschreibung sei die Errichtung einer Fußbodenheizung aber nicht vorgesehen gewesen.
  3. Der Zahlungsanspruch sei teilweise begründet. Die Berufung dringe allerdings nicht damit durch, dass B's (Mehr-)Verbrauch für die Jahre 1997/98 bis 2008 höher sei, als vom AG im Wege der Schätzung ermittelt. Das AG sei zu einer Schätzung befugt gewesen.
  4. Für die Jahre 2009 und 2010 sei hingegen ein weiterer Schadensersatzanspruch zuzubillige...

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