Leitsatz

  • Bei Verwerfung einer sofortigen Beschwerde als unzulässig müssen nicht alle materiell Beteiligten auch formell am Verfahren beteiligt werden

    Wer nicht selbst fristgemäß einen Beschluss angefochten hat, ist bei Zurückweisung des Anfechtungsantrages eines anderen Eigentümers nicht beschwerdeberechtigt (Vorlage zum BGH)

 

Normenkette

§ 23 Abs. 4 WEG, § 43 Abs. 1, 4 WEG, § 20 FGG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO, § 551 Nr. 5 ZPO

 

Kommentar

1.  Das LG hatte im Beschwerdeverfahren nur den Antragsteller, die Beschwerdeführer und Rechtsbeschwerdeführer sowie die Antragsgegnerin beteiligt, nicht die übrigen Antragsgegner und die Verwaltung in das Verfahren einbezogen. Dies sei kein Mangel gewesen, der zur Aufhebung und Zurückverweisung zwänge (BayObLG, NJW-RR 1991, 849 und WM 1991, 612/613 vgl. auch BGH, NJW 1992, 182). Eine Beteiligung aller Wohnungseigentümer und der Verwaltung am Verfahren sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen. Es habe sich zwar um ein Verfahren gem. § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG gehandelt, an dem nach § 43 Abs. 4 Nr. 2 alle Wohnungseigentümer und der Verwalter zu beteiligen seien. § 43 Abs. 4 WEG gehe jedoch von der materiellen Beteiligung, also von der rechtlichen Beziehung zum Verfahrensgegenstand aus. Es sei allerdings nicht Sinn dieser Bestimmung, Personen in das Verfahren einzubeziehen, die materiell-rechtlich von ihm nicht betroffen sein könnten. Da das LG die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen habe, sei das dem Antrag zugrunde liegende materielle Rechtsverhältnis im II. Rechtszug nicht Verfahrensgegenstand geworden, da Verfahrensgegenstand dort nur die Frage gewesen sei, ob die Rechtsbeschwerdeführer beschwerdeberechtigt seien oder nicht; von dieser Frage seien die übrigen Eigentümer und auch die Verwaltung materiell nicht betroffen (wie in vergleichbaren Fällen, wo nur noch über die Kosten eines Verfahrens zu entscheiden sei). Eine weitere Beteiligung aller Eigentümer und gegebenenfalls auch des Verwalters sei vorliegend auch nicht aus Gründen der Sachaufklärung oder zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erforderlich.

2.  § 20 Abs. 2 FGG gilt auch in Wohnungseigentumsverfahren, welche die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses zum Gegenstand haben. Der Beteiligte, der den Anfechtungsantrag nicht innerhalb der Monatsfrist gestellt hat, ist bei der Zurückweisung des Antrages eines anderen Beteiligten nach Ansicht des Senats nicht beschwerdeberechtigt (Vorlage an den BGH wegen Abweichung von OLG Düsseldorf, DWE 1980, 131 = WEM 1980, 178).

§ 43 Abs. 4 WEG umschreibt den Kreis der in einem WE-Verfahren materiell Beteiligten; für die davon zu unterscheidende Frage der Beschwerdeberechtigung enthält das WEG keine besonderen Vorschriften; sie richtet sich deshalb nach § 20 FGG. Der in der Rechtsprechung vertretenen Meinung, die Beschwerdeberechtigung ergäbe sich jedenfalls im Beschlussanfechtungsverfahren unabhängig von den Voraussetzungen des § 20 FGG allein aus der durch § 43 WEG begründeten Beteiligtenstellung, vermag der Senat nicht zu folgen, da § 20 FGG einen anderen Regelungsgehalt besitzt als § 43 WEG. Die "rechtliche Beeinträchtigung" eines Beteiligten ist zusätzlich Voraussetzung für dessen Beschwerdeberechtigung. Nach § 20 Abs. 2 FGG steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu, soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden kann oder der Antrag zurückgewiesen wurde. § 20 Abs. 2 FGG wird überwiegend dahin ausgelegt, dass beschwerdeberechtigt auch ist, wer den Antrag zwar nicht gestellt hat, ihn aber hätte stellen können. Dies kann aber nur dann gelten, wenn der Beschwerdeführer den Antrag im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung noch wirksam stellen könnte. Ist das Antragsrecht aber, etwa infolge Fristablaufs erloschen, dann trifft diese Erwägung nicht zu, und § 20 Abs. 2 FGG steht der zulässigen Einlegung des Rechtsmittels entgegen. Der Beteiligte, der sein Antragsrecht nach § 23 Abs. 4, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG durch Versäumung der (1-monatigen) Anfechtungsfrist verloren hat, kann das Verfahren nicht fortführen, wenn der ursprüngliche Antragsteller seinen Antrag zurücknimmt (BayObLG Z 1977, 226/228, OLG Frankfurt, DWE 1989, 70; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1989, 657/658). Das Gleiche muss folgerichtig auch für die Fortsetzung des Verfahrens durch Beschwerde oder weitere Beschwerde gelten, wenn der Antragsteller selbst kein Rechtsmittel einlegt.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 31.01.1992, BReg 2 Z 119/91= BayObLGZ 1992 Nr. 7 - Vorlage zum BGH)

zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

Anmerkung:

Bestätigung der Meinung des BayObLG durch BGH, Beschluss v. 10.12.1992, Az.: V ZB 3/92

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