Bei der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG steht den Wohnungseigentümern ein weiter Gestaltungsspielraum zu.[1]

Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht ein Kostenverteilungsänderungsbeschluss auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG dann, wenn sich nicht lediglich die Mehrheit auf Kosten einer Minderheit finanziell entlasten möchte (Willkürverbot)[2] und keine Kostenschätzung im Hinblick auf eine Mehr- oder Minderbelastung einzelner Wohnungseigentümer "ins Blaue hinein" erfolgt. Maßgeblich bleiben insoweit weiterhin die Kernaussagen des BGH vom 16.9.2011 zu § 16 Abs. 3 WEG a. F.[3]: "Ein [Mehrheits-]Beschluss der Wohnungseigentümer über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels gemäß § 16 Abs. 3 WEG bedarf keines sachlichen Grundes; er darf nur nicht gegen das Willkürverbot verstoßen. Den Wohnungseigentümern steht aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. So dürfen sie jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung einzelner führt [Festhaltung an BGH, 1.4.2011, V ZR 162/10, NJW 2011 S. 2201]. Von daher ist der Beschluss, dass die Kosten für die Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schneebeseitigungsmittel, Hausreinigung, Gartenpflege, Versicherungen, Schädlingsbekämpfung, Niederschlagswasser sowie die Wartungskosten für die Notstrom- und Brandsicherung in Zukunft nicht mehr nach Miteigentumsanteilen, sondern nach der Fläche der jeweiligen Sondereigentumseinheiten abgerechnet werden, während es hinsichtlich der Kosten für Aufzug, Hausbeleuchtung, Waschanlage, Haustelefon und Hauswart bei einer Verteilung nach Miteigentumsanteilen und hinsichtlich der Heiz- und Wasserkosten bei einer Verteilung nach Verbrauch verbleiben soll, nicht zu beanstanden. Er entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung." Nach Auffassung des LG Berlin[4] stellt die Mehrbelastung eines Wohnungseigentümers um 20 % bei einzelnen Kostenpositionen aufgrund eines geänderten Kostenverteilungsschlüssels keine unangemessene Benachteiligung dar.

Beschlussfassung erforderlich

Eine Änderung der Kostenverteilung kann nur durch einen "ausdrücklichen" Beschluss erfolgen.[5] Die Kostenverteilungsänderung kann also nicht etwa dadurch herbeigeführt werden, dass dem Abrechnungswerk Jahresabrechnung oder dem Abrechnungswerk Wirtschaftsplan insgesamt oder hinsichtlich einzelner Positionen ein geänderter Kostenverteilungsschlüssel zugrunde gelegt wird. Selbst wenn der entsprechende Beschluss über die Festsetzung der Hausgeldvorschüsse nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG bzw. der Beschluss über die Festsetzung der zu leistenden Nachschüsse und Anpassungsbeträge nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG bestandskräftig würde, hätte dies nicht zur Folge, dass eine wirksame Kostenverteilungsänderung mit Wirkung für die Zukunft eingetreten wäre. Jeder Beschluss über die Festsetzung der Nachschüsse auf Grundlage der Jahresabrechnung und jeder Beschluss über die Festsetzung der Hausgeldvorschüsse auf Grundlage des Wirtschaftsplans ist jedenfalls anfechtbar, wenn ein vom Gesetz oder einer Vereinbarung abweichender Kostenverteilungsschlüssel zur Anwendung kommt – mag dieser auch dem Interesse der Wohnungseigentümer entsprechen –, es aber an einem gesonderten ausdrücklichen Kostenverteilungsänderungsbeschluss fehlt.

Freilich kann umgekehrt auch nicht eine Änderung der Kostenverteilung durch Anfechtung des Beschlusses über die Festsetzung der Nachschüsse und Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrechnung herbeigeführt werden. Entspricht ein geltender Kostenverteilungsschlüssel nicht oder nicht mehr den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, haben die Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Möglichkeit, durch Stimmenmehrheit einen derartigen Kostenverteilungsschlüssel für die dort genannten Kosten zu ändern. Kommt ein Beschluss nicht zustande, kann der die Kostenverteilungsänderung begehrende Wohnungseigentümer eine Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erheben. Unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 WEG kann überdies jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen. Nur auf einem dieser beiden Wege kann eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels herbeigeführt werden.[6]

Allgemein anerkannt ist weiter, dass Kostenverteilungsänderungsbeschlüsse in aller Regel nicht rückwirkend für bereits beendete Wirtschaftsperioden gefasst werden können.[7] Bislang nicht definitiv geklärt ist in diesem Zusammenhang allerdings die äußerst praxisrelevante Frage, ob eine Änderung des im bestandskräftigen Wirtschaftsplan angewandten Kostenverteilungsschlüssels für die Jahresabrechnung derselben Wirtschaftsperiode beschlossen werden kann oder nicht.[8] Wurde allerdings der jetzt neu beschlossene Kostenverteilerschlüssel bereits dem korrespondierenden Wirtschaftsplan zugrunde gelegt, dessen Genehmigungsbeschluss bestandskräftig war...

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