1 Leitsatz

Der Kläger einer Beschlussersetzungsklage muss alle für die begehrte Entscheidung und die dabei vorzunehmende Ermessensentscheidung notwendigen Tatsachengrundlagen darlegen und gegebenenfalls beweisen. Der Kläger muss die Ermessensentscheidung des Gerichts durch seinen Vortrag so vorbereiten, als wären die Wohnungseigentümer selbst mit der Entscheidung befasst.

2 Normenkette

§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K beantragt, dass das Gericht anstelle der Wohnungseigentümer folgenden Beschluss fasst:

"Der Verwalter wird beauftragt, auf Basis der vom Architekten M vorgelegten Baukostenübersicht ‚Baukostensteigerung August 2020 zu Juni 2021, Basis vorliegende Angebote’ vom 21.6.2021 zur Umsetzung der ersten plangerechten Herstellung der DG S-Straße, die in dieser Übersicht bezeichneten Gewerke Abbruch, Rohbau, Zimmerer, Dachdecker. Fenster, Naturstein, Innenputz, Trockenbau/Rigips, Fassade, Metallbau, Fertigtreppen, Estrich und Innentüren, an die in dieser Baukostenübersicht für diese Gewerke bezeichneten Unternehmen zu den in dieser Baukostenübersicht genannten Netto-Preisen jeweils zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer als pauschalierte Festpreise unter Beachtung der Bindungsfristen der Unternehmen an diese Festpreisangebote wie folgt zu beauftragen. (…) Für den Fall, dass die Beauftragung der vorbezeichneten Unternehmen hinsichtlich der vorbezeichneten Gewerke und der bezeichneten Leistungen außerhalb einer Angebotsbindungsfrist der Unternehmung für die Angebotsfestpreise erfolgt, wird der Verwalter beauftragt, unter Inanspruchnahme der Beratung durch den Architekten M und/oder eines anderen Architekten die gem. vorstehend dargestellter Baukostenübersicht zu den einzelnen Gewerken dargestellten Angebote der einzelnen Unternehmen bei jeweils gleicher Leistung preislich neu zu verhandeln und sodann unter Berücksichtigung auch einer eventuellen Kostensteigerung von bis zu 10 % die jeweils preisgünstigsten Anbieter mit den zum jeweiligen Gewerk angebotenen Leistungen zu beauftragen. Jedem Miteigentümer ist eine Kopie der abgeschlossenen Werkverträge auf erstes Anfordern zur Verfügung zu stellen. Der Verwalter wird beauftragt, die in der vom Architekten M vorgelegten Baukostenschätzung vom 21.6.2021 aufgeführten Gewerke Gerüst, (…) entspr. der Vergabeempfehlungen des Architekten M und/oder eines anderen Architekten an den bei gleicher Leistung jeweils preisgünstigsten Anbieter zu vergeben und die Leistungen zu pauschalierten Festpreisen entsprechend der jeweiligen Angebote dieser Unternehmen zu beauftragen, sobald insoweit – von dem Architekten M oder einem anderen Architekten erstellt – funktionale und/oder detaillierte Leistungsbeschreibungen mit den Angebotspreisen von Unternehmen unterlegt sind und insoweit 3 Vergleichsangebote von Unternehmen vorliegen. (…)"

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Gericht dürfe bei einer Beschlussersetzungsklage nur eine solche Entscheidung treffen, die zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes notwendig sei. Es müsse sich z. B. auf einen Grundlagenbeschluss oder die Vorgabe einer konkreten Maßnahme beschränken, um den Wohnungseigentümern die Möglichkeit zu eröffnen, zur Ausführung eigenverantwortlich weitere Entscheidungen zu treffen.

Gemessen an dieser Vorgabe widerspreche der von K begehrte Beschluss einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Vielmehr seien weitere Planungs- und Ausschreibungsmaßnahmen erforderlich. Dies gehe zulasten des K. Denn K müsse dem Gericht alle für die begehrte Entscheidung und die dabei vorzunehmende Ermessensentscheidung notwendigen Tatsachengrundlagen darlegen und gegebenenfalls beweisen, etwa soweit erforderlich Vergleichsangebote für eine Auftragsvergabe vorlegen, wenn ein Beschluss über eine Auftragserteilung angestrebt werde. K müsse also die Ermessensentscheidung des Gerichts durch seinen Vortrag so vorbereiten, als wären die Wohnungseigentümer selbst mit der Entscheidung befasst.

Dem werde das Vorbringen des K nicht gerecht. Es fehle bereits an einer ordnungsmäßigen Ausschreibung der "Gewerke" durch den beauftragten Architekten. Des Weiteren seien die durchzuführenden Arbeiten insgesamt festzulegen. Auch die Kostenvoranschläge seien keine ausreichende Grundlage. K selbst gehe nicht davon aus, dass die Beauftragung erschöpfend sei. Dementsprechend werde eine "Öffnungsklausel" beantragt. Eine solche übertrage allerdings das Auswahlermessen auf den Verwalter, was angesichts des Umfangs und der Bedeutung der Baumaßnahme nicht infrage komme. Vielmehr seien zunächst der Umfang sämtlicher Arbeiten festzulegen, Kostenvoranschläge einzuholen und dann das Auswahlermessen auszuüben. Erst danach sei auch die Höhe der Sonderumlage bestimmbar.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall möchte ein Wohnungseigentümer, dass das Dachgeschoss als Maßnahme der erstmaligen ordnungsmäßigen Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums ausgebaut wird. Da der Antrag bei den anderen Wohnungseigentümern keinen Anklang findet, erhebt er nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG eine Beschlussersetzungsklage.

Beschlussersetzungs...

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