Leitsatz

  1. Erstellung eines mehrjährigen Sanierungsplans oder Beschlussfassung über unmittelbar erforderliche Einzelmaßnahmen stehen grundsätzlich im Ermessen der Gemeinschaft
  2. Turnusweise Erledigung des Winterdienstes durch die einzelnen Eigentümer bedarf einer Vereinbarung, kann also nicht als Hausordnungsmaßnahme beschlossen werden
 

Normenkette

§ 21 Abs. 4, 5 Nr. 1, 5 WEG

 

Kommentar

  1. Nach § 21 Abs. 4 WEG kann ein Eigentümer verlangen, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dem Interesse der Gesamtheit der Eigentümer nach billigem Ermessen bzw. dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Sind Eigentümer hinsichtlich der Sanierung eines Altbaus nicht durch Vereinbarung oder Beschluss gebunden, können sie unter mehreren geeigneten Maßnahmen im Rahmen ihres billigen Ermessens eine Wahlentscheidung treffen. Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme entsteht nur dann, wenn nur diese ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Insoweit kann sich eine Gemeinschaft eines Sanierungsplans bedienen, den der Verwalter zu erstellen und zu führen hat (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). Hierüber hat die Versammlung zu beschließen, ggf. auch hinsichtlich einer zu aktualisierenden Prioritätenliste (vgl. hierzu auch OLG Hamburg, NJW-RR 2010 S. 1240). Sanierungen können allerdings auch ohne Plan in Einzelschritten erfolgen, wie dies vorliegend beschlossen wurde. Dringliche Plan-Maßnahmen waren nicht ersichtlich, ebenso wurde etwaige Schadensvergrößerung klägerseits nicht geltend gemacht. Zu Recht hat deshalb die Gemeinschaft Plangenehmigung abgelehnt, demgegenüber auf unmittelbar anstehende Sanierungsarbeiten Tätigkeiten entfaltet.
  2. Ein früherer Beschluss auf Winterdiensterledigung im wöchentlichen Wechsel durch die Eigentümer ist von Anfang an nichtig, da sich entsprechende Legitimation hierfür nur aus dem Gesetz oder einer Vereinbarung ergeben kann. Allein eine Beschlussfassung gibt der Gemeinschaft nicht die Befugnis, dem einzelnen Eigentümer außerhalb der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten Leistungspflichten aufzuerlegen (vgl. BGH, Urteil v. 18.6.2010, NJW 2010 S. 2801, BGH, Urteil v. 18.2.2011, NJW 2011 S. 1220 und BGH, Urteil v. 15.1.2010, NJW 2010 S. 3093). Fehlt die Beschlusskompetenz, ist ein dennoch gefasster Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern nichtig (BGH, Beschluss v. 20.9.2000, V ZB 58/99 und BGH, Urteil v. 18.6.2010, NJW 2010 S. 2801). Die Auffassung der Beklagten und Revisionskläger, ihre Befugnis gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG umfasse jedenfalls insoweit die Begründung von Mitwirkungspflichten, als diese auf die herkömmlichen Regelungsgegenstände einer Hausordnung bezogen seien, trifft hinsichtlich der Räum- und Streupflicht nicht zu. Geht es insoweit um die Erfüllung der Winterdienstpflichten auf öffentlichen Gehwegen, dient dies nicht dem Zweck einer Hausordnung, weil die Pflicht insoweit nicht auf das Gemeinschaftseigentum bezogen ist. Erfüllungspflichtig ist hier aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften die Gemeinschaft. Aber auch bei Winterdienstleistungen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums gehen solche Pflichten über eine Regelung des Zusammenlebens der Eigentümer hinaus, weil sie auch Verkehrssicherungspflichten gegenüber Dritten betreffen. Eine Mehrheitsmacht kann sich zuletzt auch nicht auf die Überlegung stützen, dass die Eigentümer ohnehin verkehrssicherungspflichtig seien und die Hausordnung deshalb keine neuen Pflichten begründe; die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten hat jedenfalls in dem für die Beschlusskompetenz maßgeblichen Innenverhältnis der Eigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG nicht der einzelne Eigentümer, sondern der Verband sicherzustellen (vgl. u.a. Klein in Bärmann-Ktr., 11. Aufl., § 10 Rn. 234, 259, 271 m.w.N.).

    Damit entspricht es Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, die Erfüllung der Räum- und Streupflicht an einen Dritten zu vergeben.

Anmerkung

Es ist nunmehr verfestigte Rechtsprechung des BGH, dass einzelne Eigentümer nicht allein durch Beschlussfassung zur tätigen Mithilfe verpflichtet werden können. Dies gilt insbesondere für Winterdienstmaßnahmen, allerdings wohl auch für Treppenreinigungsdienste oder auch Gartenarbeiten. Sogenannten "Kehrwochen"-Regelungen dürfte damit wohl endgültig zumindest im Wohnungseigentumsrecht eine Absage erteilt sein. Seit Jahren habe ich gegen solche Beschlüsse in falsch verstandener Sparsamkeit opponiert, nicht zuletzt mit dem weiteren Argument damit einhergehender Kostenverteilungsänderung. Ist nämlich ein einzelner Eigentümer krankheits-, alters- oder auch urlaubsbedingt nicht in der Lage, "seinen Wochendienst" zu erfüllen, kann diesem sicher nicht zugemutet werden, eigenständig mit zumeist erheblich höherer Kostenbelastung (gegenüber seinen Anteils-Zahlungspflichten) dann eben für Ersatz sorgen zu müssen (etwa durch einen Nachbarjungen, wie einst das Landgericht Stuttgart meinte!). Auch einer früheren Entscheidung des LG München I unter Hinweis auf Hausordnungsregelungs-Beschlusskompetenz ist damit durch den BGH widersproch...

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