Leitsatz

Ein Schadensersatzanspruch wegen Mängeln an einem Bauwerk umfasst nur den Nettobetrag der Aufwendungen für eine spätere Schadensbeseitigung, sofern der Mangel noch nicht beseitigt ist. Ist der Mangel bereits behoben und die Umsatzsteuer daher angefallen, ist der Bruttobetrag anzusetzen.

 

Sachverhalt

Ein Bauherr beauftragte einen Bauträger mit der Errichtung eines Einfamilienhauses. Nach Fertigstellung stellten sich bauliche Mängel an dem Haus heraus, für deren Beseitigung unstreitig ein Betrag von 9405 EUR (netto) aufzuwenden war. Der Bauherr ließ den Mangel vorerst nicht beheben und machte einen Schadensersatzanspruch gegen den Bauträger geltend. Er war der Auffassung, dass sein Anspruch auch die 19 %-ige Umsatzsteuer umfasst, da er für die Beseitigung des Mangels nicht nur die Nettobeträge aufwenden muss.

Der Schadensersatzanspruch wegen Mängeln an einem Bauwerk (§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) umfasst nur den Nettobetrag. Die Einbeziehung der Umsatzsteuer ist nicht gerechtfertigt, wenn der Besteller (= Bauherr) den Mangel noch nicht beseitigen ließ. Nach Ansicht des BGH würde die Einziehung ist diesen Fällen zu einer sog. Überkompensation des Schadens führen. Aus den Erfahrungen im Bauvertragsrecht leitet der BGH ab, dass dem Geschädigten häufig höhere Kosten ersetzt werden, als ihm später tatsächlich entstehen. Daher halten es die Richter für gerechtfertigt, den Umfang des Schadensersatzes stärker als bisher an der Frage auszurichten, welche Maßnahmen der Geschädigte zur Schadensbeseitigung getroffen hat.

 

Hinweis

Mit dieser Entscheidung vollzieht der BGH einen Richtungswechsel. Nach bisheriger BGH-Rechtsprechung war die Umsatzsteuer stets in den Schadensersatzanspruch einzurechnen, sofern keine Vorsteuerabzugsberechtigung bestand (BGH, Urteil v. 18.1.1990, VII ZR 171/88).

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 22.7.2010, VII ZR 176/09.

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