Rz. 150

Seit dem 1.5.2019 hat der belgische Gesetzgeber die sog. Sitztheorie aufgegeben und gemäß der herrschenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Gründungstheorie umgesetzt. So regelt etwa Art. 110 des belgischen Gesetzes über das internationale Privatrecht, dass juristische Personen dem Recht des Staates unterliegen, in dem sich ihr aus der Gesellschaftssatzung ersichtlicher Sitz befindet (und nicht dem des tatsächlichen Sitzes der juristischen Person). Dies hat m.a.W. zur Folge, dass die Verlegung des Gesellschaftssitzes nicht zur Anwendung eines anderen Gesellschaftsrechts führt.

 

Rz. 151

Mit der Einführung der Gründungstheorie wurde auch eine ausdrückliche Regelung für die internationale Sitzverlegung (von Belgien ins Ausland und vom Ausland nach Belgien) in Buch 14 GGV aufgenommen:

Bei einer Sitzverlegung ins Ausland (Art. 14:18–14:27 GGV) muss das Verwaltungsorgan zunächst bestimmte Informationspflichten gegenüber den Gläubigern und Gesellschaftern erfüllen (so sind ein Umwandlungsvorschlag und ein Umwandlungsbericht zu erstellen). Die außerordentliche Gesellschafterversammlung muss die Verlegung des Gesellschaftssitzes mit einer Mehrheit von 80 % beschließen. Dieser Beschluss muss anschließend notariell beurkundet werden. Die Sitzverlegung wird erst wirksam, wenn die Gesellschaft aus dem belgischen Handelsregister gelöscht wurde.

Soll der Gesellschaftssitz aus dem Ausland nach Belgien verlegt werden (Art. 14:28–14:30 GGV), so ist dies notariell zu beurkunden. Hierfür muss die Gesellschaft dem belgischen Notar zunächst Unterlagen vorlegen, aus denen sich ergibt, dass die ausländischen gesetzlichen Anforderungen für die Umwandlung erfüllt wurden. Auf dieser Grundlage wird die Satzung der Gesellschaft in Übereinstimmung mit dem belgischen Recht geändert. Die notarielle Urkunde und die Gesellschaftssatzung werden dann gemeinsam im belgischen Amtsblatt veröffentlicht. Die Verlegung des Unternehmenssitzes wird jedoch erst dann wirksam, wenn das Unternehmen im belgischen Handelsregister eingetragen wurde. Zudem muss innerhalb von 30 Tagen nach Ausfertigung der belgischen notariellen Urkunde eine Eröffnungsbilanz erstellt werden. Zu diesem Zweck muss das Verwaltungsorgan eine Vermögensaufstellung bei der Belgischen Nationalbank einreichen.

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