Rz. 231

In der Region Brüssel-Hauptstadt ist eine Tarifermäßigung für Betriebsvermögen, die zum Nachlass gehören, vorgesehen (Art. 482 ErbStGB BH). Diese Tarifermäßigung gilt zugunsten des überlebenden Ehegatten, der Erben in gerader Linie und der Person, die mit dem Erblasser gesetzlich zusammenwohnte, unter der Voraussetzung, dass

der Wert des Anteils, den der betreffende Erbe/Vermächtnisnehmer aus dem Nachlass erhält, die Summe von 250.000 EUR überschreitet;
dieser Anteil sich ganz oder teilweise aus Vermögenswerten zusammensetzt, die zu beruflichen Zwecken in ein Industrie-, Handels-, Handwerks- oder landwirtschaftliches Unternehmen in gleich welcher Rechtsform investiert sind;
das Unternehmen von diesen Personen selbst oder gemeinsam von diesen Personen und einem oder mehreren ihrer Abkömmlinge betrieben wurde;
das Unternehmen von den Erben des Erblassers oder einem Teil der Erben tatsächlich weiter betrieben wird.

Diese Tarifermäßigung gilt insbesondere nicht für freiberufliche Tätigkeiten und Holdinggesellschaften.

 

Rz. 232

Sofern der Wert des Erbanfalls die Summe von 250.000 EUR überschreitet, wird auf die betroffenen Vermögenswerte zwischen 250.000 EUR und 500.000 EUR ein Steuersatz von 22 % und über 500.000 EUR ein Steuersatz von 25 % angewandt.

Diese Ermäßigung gilt nur, wenn die Anwendung von Art. 60bis ErbStGB BH nicht beantragt wird oder keine Anwendung finden.

 

Rz. 233

Gem. Art. 60bis ErbStGB BH gilt in der Region Brüssel-Hauptstadt ein Steuersatz von 3 % (für Erben in gerader Linie, Ehegatten oder gesetzlich Zusammenwohnende) oder 7 % (für alle anderen Erben) für:

Vermögen, das der Erblasser oder sein Ehegatte beruflich in ein Familienunternehmen investiert hat. Familienunternehmen sind Industrie-, Handels-, Handwerks- oder landwirtschaftliche Betriebe sowie freiberufliche Tätigkeiten, die vom Erblasser und/oder seinem Ehegatten oder zusammenwohnenden Partner persönlich, ggf. gemeinsam mit anderen Personen, geleitet bzw. ausgeübt worden sind. Die Steuerbefreiung ist auf den Nettowert der beruflich investierten Güter anwendbar, mit Ausnahme der Immobilien, die zu Wohnzwecken genutzt werden oder dazu bestimmt sind. Sämtliche Nachlasspassiva und Begräbniskosten werden von dem Wert der investierten Güter abgezogen, außer den Schulden, die sich nachweislich und speziell auf den Erwerb oder die Erhaltung anderer Güter beziehen.
Aktien einer Familiengesellschaft. Der Sitz der tatsächlichen Leitung der Gesellschaft muss sich in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums befinden. Es ist nicht erforderlich, dass die Gesellschaft vom Erblasser und/oder seinem Ehegatten persönlich geleitet worden ist. Die Steuerermäßigung bezieht sich auch auf Holdinggesellschaften unter der Voraussetzung, dass diese mindestens 30 % der Aktien einer Tochtergesellschaft hält, die als Familiengesellschaft im Sinne dieser Gesetzgebung gilt, und beschränkt sich auf den Wert dieser Beteiligung an der Familiengesellschaft mit industrieller, kommerzieller, handwerklicher, landwirtschaftlicher oder freiberuflicher Tätigkeit.

Die Steuerbefreiung ist auf Gesellschaftsbeteiligungen mit Stimmrechten gleich welcher Art anwendbar, unter der Voraussetzung, dass diese eine Beteiligung am Gesellschaftskapital darstellen (auch Zertifikate von juristischen Personen).

 

Rz. 234

Gesellschaften ohne tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit sind von diesem ermäßigten Steuersatz gem. Art. 60bis § 2 des ErbStGB BH ausgeschlossen.

Folgende Bedingungen sind für die Anwendbarkeit der oben unter Buchst. b) (siehe Rdn 233) erwähnten Steuerbefreiung zu erfüllen:

Wenigstens 50 % der Aktien müssen dem Erblasser und/oder seiner Familie am Todestag gehören. Unter Familie des Erblassers versteht man i.S.d. Art. 60bis § 2 Ziffer 4 ErbStGB BH seinen Partner, seine Verwandten in gerader Linie und deren Partner, seine seitliche Verwandtschaft bis zum zweiten Verwandtschaftsgrad und deren Partner sowie die Kinder von Geschwistern des Erblassers.

In Abweichung dazu können auch 30 % der Aktien in vollem Eigentum genügen, um von diesem bevorzugten Steuersatz zu profitieren, wenn der Verstorbene und seine Familie zusammen mit einem weiteren Aktionär und dessen Familie mindestens 70 % der Aktien der Gesellschaft gehalten hat oder wenn man mit zwei weiteren Aktionären und deren Familien mindestens 90 % der Aktien der Gesellschaft gehalten hat.

Die Anwendung des Art. 60bis ErbStGB BH muss in der Erklärung ausdrücklich beantragt werden und die Erben müssen bestätigen, dass die Bedingungen dieses Artikels eingehalten wurden. Der Erklärung muss eine vom zuständigen Dienst der Region Brüssel-Hauptstadt ausgestellte Bescheinigung beigefügt werden, in der bestätigt wird, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
 

Rz. 235

Die Steuerermäßigung wird nur beibehalten, wenn:

die Tätigkeit während einer Dauer von mindestens drei Jahren nach dem Tod des Erblassers fortgeführt wird und
bei Anwendung von Art. 60bis § 1 Ziffer 1: insofern die übertragenen Immobilien währ...

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