Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens beim OLG Frankfurt waren Einzelfragen bei der Durchführung des begrenzten Realsplittings und des vorzunehmenden Nachteilsausgleichs.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren seit dem Jahre 2002 geschieden. Der Beklagte hat im Rahmen seiner Steuererklärung für die Kalenderjahre 2002 bis 2005 jährlich 13.805,00 EUR im Wege des begrenzten Realsplittings als Sonderabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG geltend gemacht. Dem lag zugrunde, dass er aufgrund einer im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung eingegangenen Verpflichtung an die Klägerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 438,00 EUR zahlte und weiteren Unterhalt in Form der Wohnungsüberlassung gewährte.

Mit der Klage machte die Klägerin den Ausgleich der Nachteile geltend, die ihr aus der Durchführung des begrenzten Realsplittings für die Kalenderjahre 2002 bis 2005 entstanden waren. Diese Nachteile bezifferte sie unter Vorlage der Steuerbescheide für das Kalenderjahr 2002 auf 2.528,14 EUR, für das Kalenderjahr 2003 auf 3.371,79 EUR, für das Kalenderjahr 2004 auf 3.875,92 EUR und für das Kalenderjahr 2005 auf 3.769,24 EUR.

Der Beklagte wehrte sich gegen die Forderung u.a. mit der Begründung, der tatsächlich gewährte Unterhalt sei geringer gewesen als der im Rahmen der steuerlichen Veranlagung der Klägerin als Einkünfte aus Unterhalt zugerechnete Betrag. Ferner habe sie im Rahmen ihrer steuerlichen Veranlagung die ihr zur Verfügung stehenden Steuersparmöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft. Schließlich hat der Beklagte noch die Aufrechnung hinsichtlich eines für die Kalenderjahre 2000 und 2001 der Klägerin ausgekehrten Erstattungsbetrages erklärt.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Der steuerliche Schaden ergebe sich aus der von der Klägerin vorgelegten Berechnung ihres Steuerberaters.

Gegen das erstinstanzliche Urteil wehrte sich der Beklagte mit der Berufung. Sein Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Auch das OLG vertrat die Auffassung, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch zu. Sie könne von dem Beklagten den Ausgleich der infolge der Durchführung des begrenzten Realsplittings entstandenen finanziellen Nachteile verlangen.

Ein solcher Erstattungsanspruch folge nach ständiger Rechtsprechung des BGH (z.B. FamRZ 2005, 1162; FamRZ 1985, 1232 [1233]; FamRZ 1992, 534; FamRZ 1992, 1050 [1051]; FamRZ 1997, 544 [546]) aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden gesetzlichen Unterhaltsrechtsverhältnisses. Die Verpflichtung zur Freistellung von finanziellen Nachteilen aus dem Realsplitting bestehe unabhängig davon, ob eine ausdrückliche Freistellungserklärung erfolgt sei (BGH FamRZ 1992, 534; FamRZ 1985, 1232 [1233]).

Der Nachteilsausgleichsanspruch korrespondiere jeweils mit der Verpflichtung der Klägerin, auf Verlangen des Unterhaltspflichtigen der Durchführung des begrenzten Realsplittings zuzustimmen. Wer die Mitwirkung des Unterhaltsberechtigten einfordere, um für sich steuerliche Vorteile zu verwirklichen, sei aus Treu und Glauben regelmäßig verpflichtet, dem Berechtigten die hieraus entstehenden finanziellen Nachteile zu erstatten. Hier beschränke sich die Klägerin darauf, die steuerlichen Nachteile erstattet zu verlangen.

Es könne dahinstehen, ob der Vortrag des Beklagten, die Klägerin habe nicht alle steuerlichen Abzugs- und Abschreibungsmöglichkeiten ausgeschöpft, zutreffen, da er selbst dann hieraus keine Minderung des Nachteilsausgleichungsanspruchs herleiten könne. Der Nachteilsausgleichsanspruch sei kein Schadensersatzanspruch mit einer entsprechend korrespondierenden Schadensminderungspflicht der Klägerin. Die Klägerin hafte dem Beklagten ggü. nicht für Sorgfaltspflichtverletzungen im Rahmen ihrer eigenen Steuerklärung, sondern dem Nachteilsausgleichsanspruch könnten allenfalls im Wege des Verwirkungseinwandes unterhaltsbezogene Obliegenheitsverletzungen entgegengehalten werden. Für derartige Verwirkungstatsachen sei der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Ein solchermaßen mutwilliges schädigendes Verhalten könne dem Vortrag des Beklagten nicht entnommen werden.

Der Anspruch sei hier auch nicht wegen des Zeitablaufs bis zu seiner Geltendmachung verwirkt. Eine solche Verwirkung komme bei Unterhaltsansprüchen hinsichtlich zurückliegender Zeiträume zwar in Betracht, wenn diese über längere Zeit nicht geltend gemacht würden. Die insoweit anzuwendenden Grundsätze könnten jedoch nicht in gleicher Weise für den Nachteilsausgleichsanspruch herangezogen werden. Dieser sei nicht bedürftigkeitsabhängig und unterliege nicht den Schranken des § 1585b BGB. Hinsichtlich eines Verwirkungseintritts wegen Zeitablaufs hätten für den Nachteilsausgleichsanspruch nicht die unterhaltsrechtlichen Besonderheiten Geltung. Vielmehr seien für einen Verwirkungseintritt die Voraussetzungen wie für sonstige vermögensrechtliche Ansprüche heranzuziehen.

Ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ein Nachteilsausgleichsanspruch nicht geltend gemacht werde, könne sic...

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