Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vergütungsansprüche des Berufsbetreuers gegen die Staatskasse verjähren gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB in zwei Jahren.

2. Zum Beginn der Verjährungsfrist.

 

Normenkette

BGB § 196

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Urteil vom 20.01.2000; Aktenzeichen 12 T 296/99)

AG Bad Neustadt a.d. Saale (Urteil vom 04.11.1999; Aktenzeichen XVII 768/95)

 

Tenor

I. Die Beschlüsse des Landgerichts Schweinfurt vom 20. Januar 2000 und des Amtsgerichts Bad Neustadt a.d. Saale vom 4. November 1999 werden aufgehoben

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bad Neustadt a.d. Saale zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 23.1.1996 bestellte das Amtsgericht für die mittellose Betroffene einen Berufsbetreuer. Dieser beantragte mit Schreiben vom 17.9.1999, für die Zeit vom 23.1. bis 31.12.1996 Vergütung und Aufwendungsersatz in Höhe von 4.272,22 DM festzusetzen. Mit Beschluß vom 4.11.1999 lehnte das Amtsgericht den Festsetzungsantrag ab, da die Ansprüche des Betreuers gemäß § 1835 Abs. 1 Satz 3, § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB erloschen seien. Die sofortige Beschwerde des Betreuers wies das Landgericht am 20.1.2000 zurück. Hiergegen wendet sich die zugelassene sofortige weitere Beschwerde des Betreuers.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Ansprüche des Betreuers seien zwar nicht erloschen. Die vom Amtsgericht angewandten Vorschriften seien erst zum 1.1.1999 eingeführt worden. Dem Festsetzungsverfahren lägen dagegen Tätigkeiten aus dem Jahr 1996 zugrunde. Anwendbar sei das materielle Recht, während dessen Geltung die zu vergütende Tätigkeit des Betreuers entfaltet worden sei. Danach seien die Ansprüche jedoch verjährt gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 4, § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB a.F. i.V.m. § 15 Abs. 4 ZSEG, § 196 Abs. 1 Nr. 17 BGB. Die Verweisung in § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB a.F. erfasse auch die Verjährungsregelung.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.

a) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, daß die geltend gemachten Ansprüche nicht gemäß § 1835 Abs. 1 Satz 3, § 1836 Abs. 4 Satz 2 BGB in der seit 1.1.1999 geltenden Fassung erloschen sind. Anzuwenden sind die bis zum Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes maßgebenden materiellen Vorschriften, da die Tätigkeit des Betreuers während deren Geltung entfaltet worden ist (BayObLGZ 1999, 21/23; Bühler BWNotZ 1999, 25/40; Chauvistré BtPrax 1999, 100; vgl. BT-Drucks 13/7158 S. 22). Das OLG Dresden hat seine frühere abweichende Auffassung (FamRZ 1999, 1610) aufgegeben (Rpfleger 2000, 160). Für die Frage des Erlöschens ist somit § 15 Abs. 2 ZSEG sinngemäß anzuwenden (§ 1908i Abs. 1, § 1836a Satz 4, § 1835 Abs. 4 BGB a.F.). Nach dieser Vorschrift sind die Ansprüche nicht erloschen, da die dort bestimmte Frist erst mit der Beendigung des Amtes des Betreuers beginnt (BayObLG FamRZ 1997, 580; 1999, 741; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1056; OLG Hamm Rpfleger 1999, 180).

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die geltend gemachten Ansprüche des Betreuers nicht verjährt.

aa) Die Frage der Verjährung ist im Festsetzungsverfahren zu prüfen. Nach dem früheren Recht beschränkte sich das Vergütungsfestsetzungsverfahren darauf, den Vergütungsanspruch dem Grund und der Höhe nach festzustellen; über Einreden und Einwendungen des Betroffenen war nicht zu entscheiden (vgl. Knittel Betreuungsgesetz § 56g FGG Rn. 16 m.w.N.). Jedoch sind im vorliegenden Verfahren die durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz eingeführten Verfahrensvorschriften anzuwenden (vgl. BayObLGZ 1999, 121/122), wonach durch das Verfahren grundsätzlich ein Vollstreckungstitel geschaffen und damit auch die Durchsetzbarkeit des Anspruchs gesichert wird (vgl. § 69e Satz 1, § 56g Abs. 6 FGG). Es kann dahinstehen, welche Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch im Hinblick darauf nunmehr im Festsetzungsverfahren zu prüfen sind (vgl. auch Knittel aaO). Jedenfalls kann die Einrede der Verjährung, wie sie hier durch die in Anspruch genommene Staatskasse erhoben worden ist, wie die Ausschlußfristen der § 1835 Abs. 1 Satz 3, § 1836a Abs. 2 Satz 4 BGB (vgl. Keidel/Engelhardt FGG 14. Aufl. § 56g Rn. 12) nicht unberücksichtigt bleiben. Andernfalls müßte das Gericht dem Betreuer einen Vollstreckungstitel erteilen, obwohl offensichtlich ist, daß die Durchsetzung des Anspruchs materiell nicht gerechtfertigt ist. Dieser Grundsatz muß im Hinblick auf die einheitliche Anwendung des § 56g FGG auch in Verfahren gelten, in denen es um Ansprüche gegen die Staatskasse geht. Die anderslautende Auffassung des OLG Köln (JMBl NW 1998, 6/8) betrifft die früheren Verfahrensregelungen.

bb) Welche Verjährungsfrist für Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche eines Berufsbetreuers gegen die Staatskasse gelten, ist umstritten. Teilweise wird auf die Regelverjährungsfrist de...

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