Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Die Feststellung, ob die von einem Wohnungseigentümer auf seiner Terrasse errichtete Pergola den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage nachteilig verändert, liegt grundsätzlich auf tatrichterlichem Gebiet.

 

Normenkette

WEG § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 2; BGB § 1004 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen 2 UR II 61/99)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 26. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer größeren Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Den Antragstellern gehört eine Wohnung im obersten Stockwerk eines Wohngebäudes, das stufenförmig aufgebaut und dessen Dach bis zum 1. Stock heruntergezogen ist. Die Wohnungen im 2. Stock haben große Balkone; die Wohnungen im 1. und im 3. Stock verfügen über Terrassen, die jeweils in Dachausschnitte eingebaut sind. Die Antragsteller ließen auf einem Teil ihrer etwa 5 m² großen Terrasse eine Pergola errichten. Die Holzkonstruktion ist an zwei Seiten an den Dachsparren mittels Dübeln fest montiert; die Abdeckung der Pergola besteht aus verstellbaren Lamellen.

Die Wohnungseigentümer beschlossen am 22.7.1999, daß die Antragsteller die Pergola binnen einer Frist von einem Monat zu entfernen haben. Die Antragsteller haben beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 8.12.1999 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 26.5.2000 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluß entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Antragsgegner die Beseitigung der Pergola verlangen könnten.

Die Pergola sei dauerhaft und fest mit dem Dach verbunden; eine bauliche Veränderung liege somit vor. Nicht entscheidungserheblich sei, ob die Pergola auf Sondereigentum errichtet worden sei. Sie verändere den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage, folglich werde Gemeinschaftseigentum umgestaltet. Die Veränderung sei nachteilig, so daß die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich gewesen sei; daran fehle es. Ein Nachteil könne auch in einer nachhaltigen Veränderung des ästhetischen Gesamteindrucks der Wohnanlage liegen. Hier werde der einheitliche und symmetrische Eindruck, den die Gebäudefront auf einen Betrachter mache, durch die Balken der Pergola gestört. Wegen der feststehenden, massiven Holzbalken sei die von den Antragstellern errichtete Pergola weder mit einer Markise noch mit einem Sonnenschirm vergleichbar. Aufgrund des durchgeführten Augenscheins und der vorgelegten Lichtbilder sei erwiesen, daß die Holzkonstruktion von der Straße aus deutlich sichtbar sei.

Mit Erfolg könnten sich die Antragsteller nicht darauf berufen, daß einem anderen Wohnungseigentümer gestattet worden sei, seinen Balkon zu verglasen. Zum einen liege insoweit ein Mehrheitsbeschluß vor, woran es hier fehle. Zum anderen liege die Wohnung dieses Wohnungseigentümers in einem anderen Gebäudekomplex, nämlich in einem solchen mit Geschäftseinheiten ohne offene Balkone und Terrassen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der angefochtene Eigentümerbeschluß entspricht einer ordnungsmäßigen Verwaltung im Sinn von § 21 Abs. 3, Abs. 4 WEG, denn die Wohnungseigentümer können gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3, § 14 Nr. 1 WEG die Beseitigung der von den Antragstellern errichteten Pergola verlangen.

a) Die Errichtung der Pergola hat das Landgericht zutreffend als bauliche Veränderung im Sinn von § 22 Abs. 1 WEG angesehen. Schon daraus, daß die Holzkonstruktion an den Dachsparren fest montiert ist, ergibt sich, daß die gegenständliche Veränderung auf Dauer angelegt ist.

b) Unerheblich ist, ob die Terrasse, auf der die Pergola errichtet wurde, nach der Gemeinschaftsordnung dem Sondereigentum zugeordnet wird. Da die äußere Gestalt des Gebäudes durch die Pergola verändert wird, liegt eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums vor (§ 5 Abs. 1 WEG).

c) Als bauliche Veränderung der Außenansicht des Gebäudes bedarf die Errichtung einer Pergola grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Diese ist nur dann entbehrlich, wenn die Wohnungseigentümer durch die Maßnahme keinen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil erleiden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG). Ein solcher Nachteil kann insbesondere in einer nicht ganz unerheblichen Verschlechterung des optischen Gesamteindrucks ...

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