Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaß. Erbscheinserteilung. Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach allgemeiner Ansicht berührt es die Wirksamkeit eines Testaments nicht, wenn dieses ohne den Willen des Erblassers vernichtet worden, verloren gegangen oder sonst nicht auffindbar ist.

2. In einem solchen Fall können Errichtung und Inhalt des Testaments allerdings nur bei strengen Anforderungen mit allen zulässigen Beweismitteln bewiesen werden.

3. Gelingt der Beweis, wobei vielfach wenigstens Durchschriften, Ablichtungen und Fotokopien des verlorengegangenen Testaments vorhanden waren, so kann auf Grund des nicht mehr vorhandenen Testaments sogar ein beantragter Erbschein erteilt werden.

4. Gelingt der Beweis jedoch nicht, so geht dies zu Lasten dessen, der Rechte aus dem Testament herleiten will; denn wer sich auf eine bestimmte Erbfolgeregelung durch ein Testament beruft, muß, wenn er die Urkunde nicht vorlegen kann, im Stande sein, dessen formgültige Errichtung sowie dessen Gesamtinhalt anzugeben und nachzuweisen, wobei keine Vermutung besteht, der Erblasser oder beim gemeinschaftlichen Testament beide Ehegatten hätten es in Widerrufsabsicht vernichtet

 

Normenkette

BGB §§ 2255, 2269-2270, 2292, 2353, 2356, 2356 Abs. 1, § 2358; FGG §§ 12, 20, 27, 29; ZPO § 550

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 29.08.1984; Aktenzeichen 4 T 1652/83)

AG Günzburg (Aktenzeichen VI 953/81)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 29. August 1984 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und neuen Entscheidung an das Landgericht Memmingen zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Am … 1981 verstarb in … … seinem letzten Wohnsitz, der Zimmermann … (Erblasser). Er war verheiratet mit der am … 1974 verstorbenen … geb. … Aus der Ehe sind die Söhne … (Beteiligter zu 3) und … (Beteiligter zu 4) hervorgegangen. Beide sind verheiratet. … … hat einen Sohn … (Beteiligter zu 1), … den Sohn … (Beteiligter zu 2). Beide sind noch minderjährig. Für sie wurde Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Vertretung im Nachlaßverfahren … angeordnet. Der Nachlaß besteht aus Grundbesitz und Bankguthaben.

2. Für die Erbfolge kommen; folgende Verfügungen von Todes wegen in Betracht:

a) Der Erblasser hatte mit seiner Ehefrau am 25.1.1952 zu Urkunde des Notars … in … einen Ehe- und Erbvertrag – URNr. … errichtet, in dem allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart und hinsichtlich der Erbfolge für eintretende Todesfälle folgendes bestimmt war:

„Nach dem Ableben eines Eheteiles soll Fortsetzung der allgemeinen Gütergemeinschaft mit gemeinschaftlichen Abkömmlingen ausgeschlossen sein.

  1. Wenn beim Vorableben eines Eheteiles Abkömmlinge desselben am Leben sind, so soll der überlebende Eheteil das Gesamtgut und ganze Rücklassvermögen des Vorverstorbenen zum Alleineigentum als alleiniger Erbe erhalten; die Kinder des vorverstorbenen Eheteiles aber sollen den

    dritten Teil

    vom Werte des beiderseitigen reinen Gesamtvermögens als Vermächtnis in Geld zu beanspruchen haben.

    Die erbberechtigten Abkömmlinge haben aber das, was sie vom Erblasser zu dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Teilung des Vermächtnisses untereinander in gleicher Weise zur Ausgleichung zu bringen, wie wenn sie als gesetzliche Erben zur Erbschaft gelangt wären.

  2. Die Eheleute … verpflichten sich noch gegenseitig, das Anwesen Hs.-Nr. … in … dereinst nur an ein gemeinschaftliches Kind zu übergeben.

Mit notariellem Übergabevertrag vom 20.8.1968 hat der Beteiligte zu 4 sich mit der Übergabe einer Grundbesitzfläche „als Elterngut” im Umfang von etwa 681 m² hinsichtlich seiner elterlichen Erbansprüche für vollständig befriedigt erklärt und für sich und seine Abkömmlinge auf alle ihm nach Gesetz und Erbvertrag vom 25.1.1952 zustehenden Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche verzichtet.

b) Nach Angaben des Beteiligten zu 3 und seiner Ehefrau … sollen die Eheleute … und … in den Jahren 1970/72 ein gemeinschaftliches Testament errichtet haben, demzufolge der Beteiligte zu 3 nach dem Ableben beider Eheleute alles was noch da sei als Erbe erhalten solle. Ein Schriftstück hierüber war nicht auffindbar.

c) Am 17.9.1978 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament, in dem er „folgende Erben” einsetzte:

„…

  1. Mein Enkelkind … … geb. am … 1969 in … soll das Haus Nr. … und … sowie die Grundstücke, welche in der Gemarkung … liegen erhalten.
  2. Mein Enkelkind … … geb. am … … 1974 in … soll das Haus … sowie die Grundstücke, welche in der Gemarkung … … liegen erhalten.
  3. Beide Enkel dürfen aber dadurch vom jeweiligen Besitz ihrer Eltern nicht ausgeschlossen werden.
  4. Mit dem Alter von 21 Jahren können sie erst über einen Verkauf der Grundstücke selbst entscheiden. Die Überwachung liegt in dieser Zeit in den Händen der Eltern.
  5. Von dem vorhandenen Barvermögen erhalten meine beiden Söhne … und … je die Hälfte. Die Bettwäsche und sonstiger Hausrat, sowie andere Liegenschaften sollen gerecht unter meinen Söhnen verteilt werden.

    … den 17. September 1978

Euer Vater und Opa …”

3. Am 17....

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge