Leitsatz (amtlich)

1. Auswirkungen der unterbliebenen formellen Beteiligung eines materiell Beteiligten im Beschwerdeverfahren.

2. Zu den Erörterungs- und Anhörungspflichten im Verfahren über die Aufhebung einer Minderjährigen-Adoption.

3. Zu den Voraussetzungen der Aufhebung eines Adoptionsverhältnisses aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des minderjährigen Kindes und wegen fehlender Einwilligung eines Elternteils.

 

Normenkette

FGG § 56f Abs. 1; BGB §§ 1759, 1760 Abs. 1-2, § 1762 Abs. 1 S. 1, § 1763

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 28.08.1998; Aktenzeichen 6 T 7035/97)

AG Starnberg (Aktenzeichen XVI 20/96)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 28. August 1998 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der 1983 geborene Beteiligte zu 1 ist das nichtehelich geborene Kind der Beteiligten zu 2 und des Beteiligten zu 4. Die Mutter heiratete 1989 den Beteiligten zu 3, der zu ihrem Sohn ein gutes Verhältnis entwickelte. Auf Antrag des Beteiligten zu 3 sprach das Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 29.4.1993 die Annahme des Beteiligten zu 1 als Kind des Beteiligten zu 3 aus. Im August 1994 trennten sich die Eheleute. Am 26.9.1996 wurde die Ehe geschieden; die Mutter erhielt das alleinige Sorgerecht für das Kind. Sie lebt seit Juli 1995 zusammen mit ihm in Wohngemeinschaft mit einem neuen Lebenspartner, den sie inzwischen geheiratet hat.

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 8.11.1996 ließ der Adoptivvater beim Vormundschaftsgericht die Aufhebung der Adoption beantragen und hilfsweise gegen den Adoptionsbeschluß vom 29.4.1993 Beschwerde einlegen. Er habe seit Jahren keinen Kontakt zu dem Kind, dessen Entwicklung durch die weitgehende Entfremdung ungünstig beeinflußt werde. Andererseits erfahre das Kind Familienbindung in der neuen Partnerschaft der Mutter. Die Aufhebung ermögliche den Zugang zu einer zweiten Adoption. Der Antrag auf Aufhebung werde hilfsweise auch darauf gestützt, daß der Adoptionsbeschluß vom 29.4.1993 unwirksam sei, weil der leibliche Vater nicht am Adoptionsverfahren beteiligt worden sei.

Das Vormundschaftsgericht hat das Jugendamt beauftragt, Ermittlungen zu den Voraussetzungen der beantragten Adoptionsaufhebung durchzuführen und die Beteiligten zu 1 bis 3 zu vernehmen. Über die von ihm durchgeführten Anhörungen hat das Jugendamt schriftlich Bericht erstattet.

Mit Beschluß vom 27.10.1997 hat das Vormundschaftsgericht den Aufhebungsantrag zurückgewiesen. Es fehle an einem wichtigen Grund für die Aufhebung der Adoption. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 3 hat das Landgericht mit Beschluß vom 28.8.1998 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Adoptivvaters, mit der er seinen Antrag auf Aufhebung der Adoption weiter verfolgt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige, gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG formgerecht erhobene weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Ein schwerwiegender Grund, der die Aufhebung des Annahmeverhältnisses von Amts wegen gemäß § 1763 BGB erfordere, sei nicht gegeben. Nach den Feststellungen des Jugendamtes sei das Wohl des Adoptivkindes nicht beeinträchtigt. Eine Aufhebung des Adoptionsbeschlusses wegen fehlender Beteiligung des nichtehelichen Vaters im Adoptionsverfahren gemäß § 1760 BGB komme nicht in Betracht, weil der Adoptivvater insoweit nicht antragsberechtigt sei und überdies die Antragsfrist gemäß § 1762 Abs. 2 BGB verstrichen sei.

Eine Anhörung der Beteiligten sei nicht erforderlich gewesen, weil nach dem ausführlichen Bericht des Jugendamtes hiervon keine weitere Sachaufklärung zu erwarten gewesen sei. Das gelte auch für eine Anhörung durch das Rechtshilfegericht, die wegen der erheblichen Entfernung vom Wohnort der Mutter und des Kindes zum Gerichtsort in Betracht gekommen wäre. Soweit die Entscheidung auf der fehlenden Antragsberechtigung des Adoptivvaters beruhe, sei von vorneherein eine Anhörung entbehrlich gewesen. Die hilfsweise erhobene Beschwerde gegen den Adoptionsbeschluß sei unstatthaft, weil dessen Beseitigung nur unter den Voraussetzungen der §§ 1759 f. BGB und nur für die Zukunft in Betracht komme.

2. Die Beschwerdeentscheidung erweist sich als zutreffend (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).

a) Das Landgericht hat die Zulässigkeit der Erstbeschwerde zu Recht bejaht. Die Beschwerdebefugnis des Adoptivvaters folgt aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG. Mit dem Landgericht kann davon ausgegangen werden, daß der Adoptivvater die Beschwerde nicht ausschließlich oder ganz überwiegend im eigenen Interesse eingelegt hatte. Mögen für ihn auch persönliche Gründe im Vordergrund gestanden sein, so hat er doch auch Umstände angeführt, die ein Interesse des Kindes an der Aufhebung des Annahmeverhältnisses betreffen können (vgl. BayObLGZ 1979, 386/388 f.).

b) Das Landgericht hat den leiblichen Vater am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Darin liegt keine Rechtsverletzung, auf die sich der beschwerdeführende Adoptivvater berufen könn...

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