Entscheidungsstichwort (Thema)

Vormundschaftssache. Aufhebung der Adoption

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Volljährigenadoption sind die leiblichen Eltern des Angenommenen nicht berechtigt, die Aufhebung des Annahmeverhältnisses zu beantragen.

2. Zur Verletzung des rechtlichen Gehörs gegenüber einem leiblichen Elternteil im Verfahren der Volljährigenadoption.

 

Normenkette

BGB §§ 1760, 1762, 1768, 1772; FGG § 56e; GG Art. 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Zwischenurteil vom 06.03.2000; Aktenzeichen 4 T 2499/99)

AG Lindau (Bodensee) (Zwischenurteil vom 02.11.1999; Aktenzeichen XVI 4/96)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 6.3.2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 und 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 5.000,– festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1 ist der leibliche Vater des am 12.1.1967 geborenen Oliver S. Die Eheleute R. (Beteiligte zu 2 und 3) und Oliver S. stellten am 26.3.1996 den notariell beurkundeten Antrag, Oliver S. als Kind der Beteiligten zu 2 und 3 anzunehmen und begründeten dies mit der langjährigen Einfügung des Oliver S. in die Familie R. In dem Adoptionsverfahren bei dem Vormundschaftsgericht wurden die leiblichen Eltern des Oliver S. nicht angehört.

Mit Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 8.7.1996 wurde Oliver S. von den Beteiligten zu 2 und 3 als Kind angenommen. Beim Ausspruch der Annahme bestimmte das Vormundschaftsgericht dem Adoptionsantrag vom 26.3.1996 entsprechend, daß sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten. Oliver S. ist am 26.4.1999 verstorben.

Am 29.7.1999 beantragte der Beteiligte zu 1, den Adoptionsbeschluß des Vormundschaftsgerichts vom 8.7.1996 aufzuheben. Der Aufhebungsantrag wurde im wesentlichen darauf gestützt, daß der Beteiligte zu 1 in die Adoption nicht eingewilligt habe. Hilfsweise wurde vorgetragen, es hätten Kontakte zwischen dem Beteiligten zu 1 und Oliver S. bestanden; für die Adoption durch die Beteiligten zu 2 und 3 seien wirtschaftliche Gründe maßgebend gewesen.

Mit Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 2.11.1999 wurde der Antrag auf Aufhebung des Adoptionsbeschlusses als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 6.3.2000 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1.

II.

1. Die gemäß § 27 Abs. 1 FGG statthafte weitere Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1 ergibt sich gemäß § 20 Abs. 1, § 29 Abs. 4 FGG aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde.

2. Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

a) Die Vorinstanzen haben sich zwar nicht damit befaßt, daß der Antrag auf Aufhebung des Adoptionsbeschlusses bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil er nicht notariell beurkundet wurde (§ 1762 Abs. 3 BGB). Gleichwohl ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Adoption nicht vorliegen.

b) Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf den vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt im wesentlichen ausgeführt, dem Adoptionsantrag zufolge habe sich Oliver S. seit seinem 15. Lebensjahr in der Familie der Beteiligten zu 2 und 3 aufgehalten und sei in die Familie integriert gewesen; tatsächliche Beziehungen zwischen Oliver S. und seinen leiblichen Eltern hätten nicht bestanden, der Aufenthalt seiner Mutter sei ihm unbekannt gewesen. Die Adoption sei ohne Anhörung der leiblichen Eltern des Oliver S., deren Anschrift in den Akten nicht bekannt gewesen sei, erfolgt. Dies führe jedoch nicht zur Aufhebung des Adoptionsbeschlusses, weil die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Die Einwilligung der leiblichen Eltern in die Adoption sei nicht erforderlich gewesen. Das Elternrecht sei gegen den Willen volljähriger Kinder nicht geschützt. Eine unterlassene Anhörung stelle keinen Aufhebungsgrund i. S. des § 1760 BGB dar, da eine fehlende Einwilligung nicht mit einer unterlassenen Anhörung gleichzustellen sei.

c) Die Beschwerdeentscheidung erweist sich als zutreffend.

Der Beschluß, durch den das Gericht die Annahme als Kind ausspricht, ist unanfechtbar und unabänderlich (§ 56e Satz 3 FGG).

Das auf der Grundlage des § 1772 Abs. 1 BGB durch die Annahme eines Volljährigen mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption begründete Annahmeverhältnis kann gemäß § 1772 Abs. 2 Satz 1 BGB nur in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des § 1760 Abs. 1 bis 5 BGB aufgehoben werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen nicht vor.

Im Adoptionsaufhebungsverfahren ist nur derjenige antragsberechtigt, ohne dessen Antrag oder Einwilligung das Kind angenommen worden ist (§ 1762 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Annahme eines Volljährigen ist die Einwilligung der leiblichen Eltern nicht erforderlich. § 1768...

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