Entscheidungsstichwort (Thema)

Entfernung einer Parabol-Antenne

 

Leitsatz (amtlich)

Ist die Auslegung und Anwendung einer Vorschrift durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, so kommt der Rechtsfrage (hier: Anspruch des ausländischen Mieters auf Anbringung einer Parabolantenne) im Hinblick auf § 31 Abs. 1 BVerfGG keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Die dann noch notwendige Gewichtung und Abwägung der konkreten Interessen der Vertragsparteien ist Aufgabe der tatrichterlichen Würdigung; sie kann nicht Gegenstand eines Rechtsentscheids sein.

 

Normenkette

BGB §§ 535-536, 242; ZPO § 541 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 22.11.1993; Aktenzeichen 7 S 4430/93)

AG Nürnberg (Aktenzeichen 26 C 616/93)

 

Tenor

Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauskomplexes in Nürnberg mit insgesamt 63 Wohnungen. Im Jahr 1987 mietete der Beklagte, ein türkischer Staatsangehöriger, von ihr eine dieser Wohnungen und bewohnt sie seitdem zusammen mit seiner Ehefrau. Die Wohnung ist an eine Gemeinschaftsantennenanlage angeschlossen. Während des Rechtsstreits ist auch ein Breitbandkabelanschluß eingerichtet worden, über den ein türkisches Fernsehprogramm, und zwar das des staatlichen Senders der Türkei, zur Verfügung gestellt wird. Fünf weitere türkische Privatsender können nur mit Hilfe einer Parabolantenne empfangen werden. Nach dem Mietvertrag darf der Beklagte eine solche Antenne nur mit Zustimmung der Klägerin anbringen.

Der Beklagte hat vor einem Fenster seiner Wohnung eine Parabolantenne angebracht. Sein Antrag auf Genehmigung dieser Maßnahme wurde von der Klägerin abschlägig beschieden. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Entfernung der Antenne, der Beklagte hat Widerklage auf Genehmigung der Antennenanlage erhoben. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Das Landgericht hat dem Bayerischen Obersten Landesgericht mit Beschluß vom 22.11.1993 wegen grundsätzlicher Bedeutung folgende Fragen zum Rechtsentscheid vorgelegt:

“I.

  • Darf der Vermieter, der zugleich Eigentümer ist, seinem ausländischen Mieter die Erlaubnis zum Anbringen einer Parabolantenne versagen, indem er ihn auf die Möglichkeit des Empfangs eines muttersprachlichen Programms aus dem Heimatland über einen bereits bestehenden oder in absehbarer Zukunft entstehenden Breitbandkabelanschluß verweist?

    Oder gebietet in diesem Fall das Grundrecht des ausländischen Mieters auf Informationsfreiheit dem Vermieter, das Anbringen einer Parabolantenne zu erlauben, wenn der Mieter dadurch mehrere muttersprachliche Fernsehprogramme aus seinem Heimatland empfangen kann?

  • Ist also das Recht auf Informationsfreiheit so weitgehend, daß ein ausländischer Mieter so lange nicht auf einen Breitbandkabelanschluß verwiesen werden kann, als mit Hilfe der Parabolantenne noch zusätzliche ausländische Sender empfangen werden können?

II.

Diese Fragen gelten gleichermaßen für die Beurteilung des Anspruchs des vermietenden Eigentümers auf Beseitigung einer Parabolantenne, die der Mieter angebracht hat:

Kann dieser Vermieter und Eigentümer von seinem ausländischen Mieter verlangen, daß dieser eine bereits angebrachte Parabolantenne beseitigt, wenn dieser Mieter inzwischen durch den Anschluß der Wohnung an ein Breitbandkabel einen muttersprachlichen Sender aus seinem Heimatland empfangen kann, während dieser Mieter über seine bereits vorhandene Parabolantenne mehrere Fernsehprogramme aus seinem Heimatland zu empfangen in der Lage ist?

III.

Bei all diesen Fragen geht das Landgericht davon aus, daß die Parabolantenne entsprechend dem “Katalog der Voraussetzungen zur Wahrung der Eigentümerinteressen” im Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24.08.1993 (3 REMiet 2/93) angebracht werden soll bzw. angebracht ist.”

 

Entscheidungsgründe

II.

Auf die Vorlage, über die das Bayerische Oberste Landesgericht zu entscheiden hat (vgl. BayObLGZ 1991, 348/350), kann ein Rechtsentscheid nicht mehr ergehen, da die vorgelegten Rechtsfragen, soweit sie einem Rechtsentscheid zugänglich sind, jedenfalls durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.1994 – 1 BvR 1687/92 – geklärt und daher nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind.

Gemäß § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Landgericht als Berufungsgericht bei der Entscheidung einer Rechtsfrage, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt, eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die Rechtsfrage (Rechtsentscheid) herbeizuführen, wenn diese von grundsätzlicher Bedeutung und durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden ist. Der Rechtsentscheid kann nur ergehen, wenn diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung des angegangenen Gerichts noch gegeben sind (BGH ZMR 1994, 104/105; BayObLG RES III 3. MietRÄndG Nr. 29; OLG Hamm WuM 1993, 659/660 m. w. Nachw.). Ist die Auslegung und Anwendung ein...

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