Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentserrichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Form, Material und Schreibwerkzeug sind gleichgültig.

 

Normenkette

BGB §§ 2247, 2247 Abs. 1, §§ 2258, 2355-2356; FGG §§ 12, 20, 27, 29; ZPO §§ 448, 452, 550

 

Verfahrensgang

LG Hof (Beschluss vom 04.11.1985; Aktenzeichen T 86/85)

AG Hof (Aktenzeichen VI 1093/82)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Hof vom 4. November 1985 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1 hat die dem Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens über die weitere Beschwerde wird auf 27.500 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

1. Am … 1982 verstarb in H., ihrem letzten Wohnsitz, die verwitwete Hausfrau A. A. S. im 73. Lebensjahr. Aus ihrer Ehe mit dem im Jahre 1940 verstorbenen W. B. S. sind die Beteiligten zu 1 und 2 hervorgegangen.

Der Nachlaß besteht aus einem im Erbbaurecht errichteten Anwesen (Verkehrswert: 104.000 DM), Bankguthaben von etwas über 6.000 DM und Hausrat.

2. In der Wohnung der Erblasserin fand der Beteiligte zu 2 zwei von der Erblasserin verfaßte handgeschriebene Blätter im Format DIN A 4. Der Text auf dem ersten Blatt ist teilweise im Durchschreibeverfahren hergestellt, teilweise in Urschrift verfaßt. Der Inhalt lautet:

Teildurchschlag

4.4.78

3 Uhr

Mein letzter Wille!

Das Haus gehört M. u. G. zu gleichen Teilen.

Das Haus darf in den nächsten 10 Jahren nicht verkauft werden.

Es soll möglichst Unterkunft geben, wenn bei einem die Ehe unerträglich geworden ist.

Der od. die Bewohner (in) muß dem Anderen eine angemessene Miete (nicht zu hohe) bezahlen od. anrechnen lassen, sodaß sich dessen Hälfte um die nicht bezahlte Miete erhöht.

Das Haus muß allerdings vom Bewohner instand gehalten werden, mit der Miete zu verrechnen.

A. S.

Zur Aufbewahrung gegeben an Frau

nach meinem Ableben gegebenenfalls an das Nachlaßgericht abzugeben.

Danke!

A. S.

bitte wenden 5.4.78

Die Rückseite ist nicht beschrieben.

Das andere Blatt ist teils mit blauem, teils mit schwarzem Kugelschreiber wie folgt beschrieben:

A. S.

4.4.78

3 Uhr 10

Nach meinem Ableben zu bedenken: Standesamt

Bei der Post-Rentenstelle ab melden. 3 Renten, ersichtlich Kontoauszüge Ferner bestattungsverein S. bzw. seit 1951 Krankenkasse melden, gibt mahl Sterbegeld. Nicht so schnell anfallende Rechnungen bezahlen Versorgungsamt od. Kriegshinterbliebenenfürsorge R. gibt mir Geld für unbezahlte Rechnungen.

Ich will nicht im H.-Friedhof auch nicht als Asche verstreut. Evtl. in M./Sch. Urnenhaus mein Platz ist. * Wenn ich in R. operiert werde, ./. sterbe, wo auch immer An Stelle einäschern u. bleiben In Ist. sind jährlich vom Lastenausgleich – Darlehen 2 × 128,– zu zahlen insgesamt waren es 50 × 128. = 6400. aber die ersten Jahre wurden jährl. 1 × 128 gezahlt ./. wieviel es noch sind weiß ich nicht. Auskunft b. Bau- u. Bodenbank München u. Kontoauszüge 2 × 104 DM Erbpacht. außer der sonstigen allgemeinen Lasten, ersichtlich Kontoauszüge.

Keinen großen Rummel! Nach der Einäscherung erst Anzeige in d. Zeitung Nach eigenem Wunsch in aller Stille stattgefunden.

Nach den Angaben des Beteiligten zu 2 befand sich das mit „Mein letzter Wille” überschriebene Papier in der Wohnung der Erblasserin in einem verschlossenen Schubfach, in dem sie u. a. ihre Sparbücher aufbewahrt hatte.

3. Am 30.11.1982 beantragten beide Beteiligten übereinstimmend einen Erbschein dahin, wonach bezeugt werde, daß die Erblasserin aufgrund des Testaments vom 4.4.1978 je zu gleichen Teilen von ihnen beerbt worden sei. Am 1.12.1982 erteilte das Amtsgericht Hof diesen Erbschein, gab eine Ausfertigung des Erbscheins an den Beteiligten zu 2 und unterrichtete hiervon die Beteiligte zu 1.

4. Mit Schreiben vom 29.1.1984 erklärte die Beteiligte zu 1 die Anfechtung des Testaments. Sie behauptete u. a., ein Testament vom 15.4.1978 mit eineinhalb Seiten sei bis zum Ableben der Erblasserin vorhanden gewesen. Auf der Rückseite des verschwundenen Testaments vom 15.4.1978 habe es geheißen, daß bei evtl. auftretenden Streitigkeiten um das Haus es auf jeden Fall ganz der M. gehöre und G. daraus seinen Pflichtteil erhalte.

5. In den Ausführungen der Beteiligten zu 1 sah das Amtsgericht Hof einen Antrag auf Einziehung des Erbscheins und Erteilung eines neuen Erbscheins als Alleinerbin für die Beteiligte zu 1. Es lehnte mit Beschluß vom 12.7.1985 diese Anträge ab. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 dagegen wies das Landgericht Hof nach Beweisaufnahme mit Beschluß vom 4.11.1985 zurück.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer zu Protokoll des Rechtspflegers beim Landgericht Hof erklärten weiteren Beschwerde. Sie beantragt, die Beschlüsse des Landgerichts Hof vom 4.11.1985 und des Amtsgerichts Hof vom 12.7.1985 aufzuheben, den Erbschein des Amtsgerichts Hof vom 1.12.1982 einzuziehen und einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweise, zu erteilen. D...

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