Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohngeld. Richterablehnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Offen bleibt, ob sich die Frage der Zuständigkeit des zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch berufenen Gerichts nach dem Inkrafttreten des Zivilprozeßreformgesetzes danach richtet, wann das Ablehnungsgesuch gestellt wurde oder wann es dem anderen Richter des Amtsgerichts oder dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde.

2. Ein einzelner Verfahrensfehler durch einen Richter ist i.d.R. nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen.

 

Normenkette

ZPO §§ 42, 45 Abs. 2; Zpo § 261 Abs. 3 Nr. 2; EGZPO § 26

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 20.02.2002; Aktenzeichen 4 SA 33/01)

AG Laufen (Aktenzeichen UR II 24/01)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 20. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner zu 2 hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage mit 29 Wohnungen. Die Antragsteller haben zunächst von den Antragsgegnern Wohngeldrückstände von 144,35 DM vor dem Wohnungseigentumsgericht geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 11.10.2001 haben sie die Hauptsache in Höhe von 131,17 DM für erledigt erklärt; sie verlangen nunmehr noch Zahlung von 13,18 DM und Zinsen seit 20.2.2001.

Mit Schreiben vom 8.12.2001 hat der Antragsgegner zu 2 den für das Verfahren zuständigen Richter am Amtsgericht unter Hinweis auf einen streitigen Zivilprozeß wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. In dem Zivilprozeß, den der Antragsgegner zu 2 gegen ein Mitglied des Verwaltungsbeirats führte, habe derselbe Amtsrichter sein Urteil auf ein Schreiben gestützt, das in einem anderen Zivilprozeß eingereicht worden und dem Antragsgegner zu 2 unbekannt geblieben sei. Mit Verfügung vom 17.12.2001 hat das Amtsgericht die Akten dem Landgericht zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vorgelegt. Mit Beschluß vom 20.2.2002 hat das Landgericht die Ablehnung des Richters am Amtsgericht für unbegründet erklärt. Dieser Beschluß wurde den beiden Antragsgegnern am 28.2.2002 zugestellt. Am 5.3.2002 ist beim Landgericht ein Schriftsatz des Antragsgegners zu 2 eingegangen, in dem er zum Ausdruck bringt, daß er mit dem Beschluß des Landgerichts vom 20.2.2002 nicht einverstanden sei. Dieser Schriftsatz ist zunächst dem Oberlandesgericht und von dort dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Das Landgericht war zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch des Antragsgegners zu 2 zuständig.

a) Für das Rechtsmittel des Antragsgegners zu 2 gelten die §§ 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO in der seit 1.1.2002 geltenden Fassung (§ 26 Nr. 10 EGZPO) entsprechend. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts werden aber nur für die Frage der Statthaftigkeit die Vorschriften der ZPO herangezogen, während es im übrigen bei den Vorschriften über die sofortige Beschwerde des FGG verbleibt (im einzelnen Demharter NZM 2002, 233/235). Da das Landgericht hier im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die sofortige Beschwerde gem. § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Im übrigen konnte der Antragsgegner zu 2 die sofortige Beschwerde gem. §§ 22, 21 Abs. 1, 2 FGG durch eine von ihm selbst unterzeichnete Beschwerdeschrift beim Landgericht wirksam einlegen. Daß er die sofortige Beschwerde zusätzlich bei dem nicht zuständigen Oberlandesgericht eingereicht hat, ändert nichts an der Zulässigkeit. Über die sofortige Beschwerde hat nach § 199 FGG das Bayerische Oberste Landesgericht zu entscheiden.

b) Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), das auch für das Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz maßgebend ist (§ 43 Abs. 1 WEG), enthält keine eigenen Vorschriften über die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit durch einen Verfahrensbeteiligten. Für derartige Fälle werden deshalb die Vorschriften der Zivilprozeßordnung (§§ 42 ff. ZPO) entsprechend angewendet. Demgemäß sind die Änderungen des Ablehnungsverfahrens zum 1.1.2002 durch das Zivilprozeßreformgesetz auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beachten. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. hat seit 1.1.2002 bei Ablehnung eines Richters am Amtsgericht ein anderer Richter desselben Gerichts über das Gesuch zu entscheiden. Da § 26 EGZPO für § 45 Abs. 2 Satz 1 ZPO keine besondere Übergangsvorschrift enthält, gilt die Neuregelung unmittelbar seit 1.1.2002. Im vorliegenden Fall hat zu Recht noch das Landgericht über das Gesuch entschieden, wie es der bis zum 31.12.2001 geltenden Rechtslage entsprach (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.). Dabei kann offen bleiben, ob sich die Frage der Zuständigkeit des zur Entscheidung über das Ablehnun...

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