Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

Beweislast und Beweisanforderungen bei einer 14 Jahre zurückliegenden Anfechtung eines Erbvertrages wegen Motivirrtums des Erblassers.

 

Normenkette

BGB § 2078 Abs. 2, § 2281

 

Verfahrensgang

AG Forchheim (Aktenzeichen VI 0300/96)

LG Bamberg (Aktenzeichen 3 T 222/97)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 11. Januar 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat die dem Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind Söhne der 1996 im Alter von 74 Jahren verstorbenen Erblasserin. Die Erblasserin war nach ihrem 1978 vorverstorbenen Ehemann aufgrund Ehe- und Erbvertrags alleinige Erbin u. a. des umfangreichen Grundbesitzes mit landwirtschaftlichem Betrieb geworden. Aus ihrer Ehe stammen acht Kinder, u. a. die Beteiligten zu 1 und 2, die um das Erbe streiten.

Am 11.6.1979 wurden drei miteinander in Zusammenhang stehende notarielle Urkunden errichtet: ein Erbvertrag, ein Überlassungsvertrag und ein Pflichtteils- und Erbverzicht. Im Erbvertrag setzte die Erblasserin den Beteiligten zu 1 zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein; der Beteiligte zu 1 traf keine letztwillige Verfügung. In der Pflichtteils- und Erbverzichtsurkunde verzichteten die übrigen sieben Kinder der Erblasserin, darunter auch der Beteiligte zu 2, auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht am Nachlaß ihrer Mutter; zugleich erklärten dieselben Personen sowie eine Tochter des Ehemannes der Erblasserin aus dessen erster Ehe, daß sie ihren Pflichtteilsanspruch nach ihrem verstorbenen Vater nicht geltend machen. Im Überlassungsvertrag veräußerte die Erblasserin einen 1/2-Miteigentumsanteil am Grundbesitz sowie am landwirtschaftlichen Inventar an den Beteiligten zu 1, der das Anwesen zu diesem Zeitpunkt gepachtet hatte und den Hof bewirtschaftete. Das Pachtverhältnis wurde unter Herabsetzung des Pachtzinses auf die nicht übertragenen Miteigentumsanteile beschränkt; die Räume im Untergeschoß des Anwesens wurden der Erblasserin zur alleinigen Nutzung vorbehalten, die insoweit auch die laufenden Kosten wie Strom, Wasser, Heizung ebenso wie anfallende Schönheitsreparaturen allein zu tragen hatte. Hinsichtlich der Grundpfandrechte, deren Valutierung zum Stand 1.3.1979 mit insgesamt 88.754 DM angegeben wird, wurde die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten durch den Beteiligten zu 1 zur weiteren Tilgung und Verzinsung vereinbart, wobei die Vertragsteile die Zins- und Tilgungsleistungen im Innenverhältnis je zur Hälfte treffen sollten. Ferner übernahm der Beteiligte zu 1 die Verpflichtung, an seine Geschwister zum Zwecke der Abfindung, weil diese auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichten, insgesamt 29.000 DM zu zahlen. Schließlich enthält der Übernahmevertrag die Klausel, daß keine Vertragspartei ohne Zustimmung des anderen Vertragsteils über seinen Miteigentumsanteil verfügen, ihn insbesondere nicht belasten oder veräußern darf.

Mit notarieller Urkunde vom 18.12.1981 schlossen die Erblasserin und der Beteiligte zu 1 (Erwerber) einen Nachtrag zum Überlassungsvertrag vom 11.6.1979, in dem sie im wesentlichen folgendes bestimmten: Auch der Hälfteanteil am Viehbestand und am Brennrecht wird dem Erwerber übertragen. Der Erwerber kann die von der Erblasserin zurückbehaltenen Miteigentumsanteile bis zu einem Betrag von 60.000 DM mit Grundpfandrechten belasten. Die Erblasserin ermächtigt und bevollmächtigt den Erwerber, zwei Bauplätze zu veräußern; der Erlös gebührt voll dem Erwerber. Die Erblasserin verzichtet für Vergangenheit und Zukunft auf den Pachtzins. Der Erwerber trägt sämtliche Verpflichtungen aus den Darlehensverbindlichkeiten für Vergangenheit und Zukunft allein; er hat die Erblasserin insoweit von jeder Inanspruchnahme freizustellen. Ferner verpflichtete sich der Beteiligte zu 1 in der Nachtragsurkunde entsprechend dem bei landwirtschaftlicher Hofübergabe allgemein Üblichen zu Wart und Pflege der Erblasserin.

In der Folgezeit kam es zwischen der Erblasserin, den beiden Beteiligten sowie den weiteren Geschwistern zu erheblichen Spannungen. Am 16.3.1983 erklärte die Erblasserin in notarieller Urkunde die Anfechtung und den Rücktritt von der Erbeinsetzung. Sie sei zu der Erbeinsetzung durch irrige Annahme bzw. Erwartungen von künftigen Umständen bestimmt worden. Als Begründung ist im wesentlichen genannt: Ihr Sohn habe den Hof schlecht bewirtschaftet und die Hofstelle nicht ordentlich unterhalten; er habe durch Verkäufe die landwirtschaftliche Nutzfläche gemindert; es drohe ein weiterer Verfall des Hofes und wegen Schulden ihres Sohnes auch der mögliche Verlust des Hofes; ihr Sohn erfülle seine Verpflichtung zur Versorgung nicht und behandele sie schlecht. Alle diesen genannten Umstände hätten sich innerhalb des letzten Jahres ergeben bzw. in dieser Deutlichkeit gezeigt.

Ihren Rücktritt von der Erbeinsetzung wegen Verfehlungen ihres Sohnes, ...

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