Leitsatz (amtlich)

1. Antragsberechtigt im Spruchstellenverfahren nach §§ 304, 305 AktG ist jeder außenstehende Aktionär, der seine Aktien vor Antragstellung erworben hat.

2. Mit Beginn des Fristlaufs zur Antragstellung wird ein vor Fristbeginn gestellter Antrag wirksam, soweit er vom Antragsteller weiterverfolgt wird.

 

Normenkette

AktG § 304 Abs. 4, § 305 Abs. 5 S. 4

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 14.11.2001; Aktenzeichen 5HK O 21838/00)

 

Tenor

I. Die Rechtsmittel der Antragsgegnerinnen gegen Ziff. I des Beschlusses des Landgerichts München I vom 14. November 2001 werden zurückgewiesen.

II. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 5 wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 14. November 2001 in Ziff. II aufgehoben.

III. Die Antragsgegnerinnen haben die Gerichtskosten der Beschwerdeverfahren zu tragen und den Antragstellern die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu ersetzen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller begehren die Bestimmung des vertraglich geschuldeten Ausgleichs, zum Teil auch der vertraglich geschuldeten Abfindung aufgrund eines zwischen den Antragsgegnerinnen geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages.

Am 12.7.2000 schlossen die Antragsgegnerinnen, eine GmbH und eine Aktiengesellschaft, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, dem die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2, die Aktiengesellschaft, am 13.7.2000 zustimmte. Aktionäre der Antragsgegnerin zu 2 waren zu diesem Zeitpunkt die Antragsgegnerin zu 1, die GmbH, als Mehrheitsaktionärin sowie zwei weitere außenstehende Aktionäre, die ebenso wie die Anteilseigner der Antragsgegnerin zu 1 auf den Bericht über den Vertrag (§ 293a AktG) und die Prüfung des Vertrages (§ 293b AktG) verzichteten. Der Vertrag garantiert den außenstehenden Aktionären der Antragsgegnerin zu 2 für jedes volle Geschäftsjahr die Zahlung eines Ausgleichsbetrages in Höhe von DM 3,40 pro Aktie. Weiterhin hat sich die Antragsgegnerin zu 1 verpflichtet, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine Abfindung von DM 61 pro Aktie zu erwerben. Der Vertrag enthält ferner Anpassungsklauseln für den Fall, daß sich in einem anläßlich der Eingliederung der X.-AG in die Antragsgegnerin zu 2 stattfindenden Spruchstellenverfahren ein höherer Unternehmenswert ergeben sollte. Er wurde am 22.11.2000 in das Handelsregister eingetragen; die Eintragung wurde in der Süddeutschen Zeitung und im Bundesanzeiger bekanntgegeben, wobei der Bundesanzeiger als letztes die Bekanntmachung enthaltendes Blatt am 2.12.2000 erschienen ist.

Die Antragsteller waren Aktionäre der X.-AG, die mit Beschluß der Hauptversammlung vom 13.7.2000 in die Antragsgegnerin zu 2 eingegliedert wurde. Die Eingliederung wurde im September 2000 in das Handelsregister eingetragen. Alle Antragsteller haben nach der Eingliederung die Abfindung durch Aktien der Antragsgegnerin zu 2 gewählt. Solche Aktien wurden spätestens eingebucht im Depot

  • des Antragstellers zu 1 am 4.12.2000 (Umtausch durch Antragsgegnerin zu 2 vorgenommen vor dem 2.12.2000),
  • des Antragstellers zu 2 am 11.12.2000,
  • des Antragstellers zu 3 am 24.11.2000,
  • der Antragstellerin zu 4 am 27.11.2000,
  • des Antragstellers zu 5 am 19.12.2000,
  • der Antragstellerin zu 6 vor dem 2.12.2000,
  • des Antragstellers zu 7 am 9.11.2000.

Wegen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages haben die Antragsteller zu 1 bis 5 einen Antrag auf Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs, die Antragstellerin zu 6 einen Antrag auf Festsetzung des geschuldeten Ausgleichs und der geschuldeten Abfindung gestellt. Der Antragsteller zu 7 hat einen Anschlußantrag bezüglich Ausgleich und Abfindung gestellt. Die Anträge sind wie folgt bei Gericht eingegangen:

  • Antragsteller zu 1 bis 4: 17.11.2000 (ausdrücklicher Wiederholungsantrag 1.12.2000),
  • Antragsteller zu 5: 22.1.2001,
  • Antragstellerin zu 6: 29.1.2001,
  • Antragsteller zu 7: 5.4.2001.

Das Landgericht hat die Erstanträge durch Veröffentlichungen am 9.2.2001 (Ausgleich) und am 1.3.2001 (Abfindung) bekanntgemacht.

Die Antragsgegnerinnen sind der Auffassung, daß die Erstantragsteller nicht antragsberechtigt seien, weil sie zum Zeitpunkt der Beschlußfassung der Hauptversammlung über den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht Aktionäre der Antragsgegnerin zu 2 gewesen seien. Zudem seien die Anträge der Antragsteller zu 1 bis 4 verfrüht, weil vor Bekanntmachung der Eintragung des Vertrages in das Handelsregister gestellt worden. Der Anschlußantrag des Antragstellers zu 7 sei schon deshalb unzulässig, weil es an einem zulässigen Erstantrag fehle.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 14.11.2001 ausgesprochen, daß ein aktienrechtliches Spruchstellenverfahren zur Bestimmung des angemessenen Ausgleichs gemäß § 304 Abs. 1 AktG und der angemessenen Abfindung gemäß § 305 Abs. 1 AktG durchzuführen sei (I). Den Antrag des Antragstellers zu 5 hat es als unzulässig zurückgewiesen (II).

Gegen die Feststellung zur Durchführung des Spruchstellenverfahrens richten sich die Beschwerd...

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