Leitsatz (amtlich)

1. Die Entfernung eines schon bei Begründung des Wohnungseigentums auf einer Gemeinschaftsfläche befindlichen Grillplatzes stellt in der Regel eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung dar.

2. Schutz- und Treuepflichten der Wohnungseigentümer untereinander können den Anspruch eines Wohnungseigentümers begründen, dass eine bauliche Anlage (hier: Sitz- und Grillplatz) entfernt wird, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an dem gegenwärtigen Zustand als grob unbillig erscheinen lassen. Dies festzustellen, ist in erster Linie Sache des Tatrichters.

 

Verfahrensgang

LG München (Beschluss vom 30.01.2004; Aktenzeichen I-1 T 9213/03)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 1392/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 30.1.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragstellerin gehört eine im zweiten Stock der Anlage gelegene Wohnung. Im südwestlichen Grundstücksbereich, in Luftlinie etwa 15 m entfernt vom Wohnzimmerfenster der Antragstellerin, befindet sich auf der Gemeinschaftsfläche ein Grillplatz, der mit einem Tisch, fünf Bänken, einer Pergola, einem Grillofen sowie einem Sandkasten eingerichtet ist. Diese Grillsitzecke war schon etwa zwei Jahre vor Begründung des Wohnungseigentums im Jahr 2001 angelegt. In der Teilungserklärung vom 29.1.2001 ist sie nicht ausgewiesen. Die Grillsitzecke steht allen Miteigentümern offen, wird jedoch überwiegend von etwa sechs Familien genutzt.

In der Eigentümerversammlung vom 20.11.2002 wurde mehrheitlich ein Antrag auf Auflösung des Grillplatzes abgelehnt.

Die Antragstellerin fühlt sich durch Lärm und Rauch bei der Nutzung des Grillplatzes belästigt. Sie hat beim AG beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären sowie die Eigentümergemeinschaft zu verpflichten, der Auflösung des Grillplatzes zuzustimmen. Das AG hat mit Beschluss vom 10.4.2003 die Anträge abgewiesen. Das LG hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin einschließlich des nun zusätzlich gestellten Hilfsantrags, einer Verlegung des Grillplatzes in den nordöstlichen Bereich der Wohnanlage zuzustimmen, am 30.1.2004 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Beschluss, die Auflösung des Grillplatzes abzulehnen, sei als Negativbeschluss anfechtbar. Er entspreche aber ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Antragstellerin gerade keinen Anspruch auf Zustimmung zur Auflösung des Grillplatzes habe.

Die Beseitigung des Grillplatzes wäre eine bauliche Veränderung. Wegen des damit verbundenen Entzugs der Nutzungsmöglichkeit sei die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erforderlich. Gegen diese bestehe aber kein Anspruch auf Abänderung des vorhandenen Zustands. Es fehle an außergewöhnlichen Umständen, die ein Festhalten als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen ließen. Die Entfernung der Anlage zum Wohnzimmerfenster der Antragstellerin betrage mindestens 15 m. Zwischen dem Sitzplatz und der Wohnung befinde sich u.a. ein Zufahrtsweg. Grill- und Sitzplatz lägen näher am Nachbargebäude als an dem Gebäude, in dem die Antragstellerin ihre Wohnung habe. Diese habe ihre Wohnung auch in Kenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten erworben. Überdies hätten die Antragsgegner angeboten, übermäßige Beeinträchtigungen der Antragstellerin auch durch den Erlass einer Nutzungsordnung zu beheben. Die Antragstellerin habe sich derartigen Lösungsmöglichkeiten ggü. verweigert. Ihr bleibe es unbenommen, gegen einzelne Eigentümer, die die Grillfläche übermäßig nutzten, gesondert vorzugehen.

Auch der Hilfsantrag bleibe ohne Erfolg. Die Ungültigerklärung des Negativbeschlusses könne schon deshalb nicht verlangt werden, weil er nur die Auflösung, nicht eine Verlegung verneine. Auf die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zur Verlegung des Grillplatzes bestehe kein Anspruch, weil die Beibehaltung am gegenwärtigen Ort die Antragstellerin nicht unzumutbar belaste, während eine Verlegung andere Wohnungseigentümer beeinträchtigen könne.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das LG hat nicht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, indem es den Schriftsatz der Antragstellerin vom 6.2.2004 bei seiner am 4.2.2004 hinaus gegebenen Entscheidung vom 30.1.2004 nicht berücksichtigt hat. Das LG hat auf den erstmalig unter dem 30.12.2003 gestellten Hilfsantrag den Antragsgegnern mit Verfügung vom 14.1.2004 Gelegenheit gegeben, sich bis 10.2.2004 zu äußern. Eine ergänzende Sc...

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