Leitsatz (amtlich)

1. Der Gegenstandswert des Verfahrens vor der Vergabekammer ist in entsprechender Anwendung des § 12 a Abs. 2 GKG mit 5 % der Auftrags- oder Angebotssumme zu bestimmen.

2. Zum Anfall und zur Höhe einer Besprechungsgebühr, wenn die Vergabekammer ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, jedoch in einem ihrer Entscheidung vorausgegangenen Telefonat mit dem Anwalt die entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte angesprochen und ergänzend Unterlagen angefordert wurden.

 

Normenkette

GKG § 12a; BRAGO § 8 Abs. 1, § 118 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Nordbayern (Entscheidung vom 08.01.2002; Aktenzeichen 320.VK-3194-35/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Bescheid der Vergabekammer Nordbayern vom 8. Januar 2002 dahingehend abgeändert, daß die dem Antragsgegner von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 2.341,26 EUR festgesetzt werden.

II. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 3/20 und der Antragsgegner 17/20 zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.971,93 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsgegner schrieb die Rohbauarbeiten für einen Krankenhausneubau im Offenen Verfahren nach § 3a Nr. 1 Buchstabe a VOB/A europaweit aus. Die Antragstellerin beteiligte sich an der Ausschreibung. Sie rügte, daß die Leistungsbeschreibung nicht eindeutig und unvollständig sei, und hat schließlich die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragt. Die Vergabekammer hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung mit Beschluß vom 29.10.2001 als unzulässig verworfen, die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle der Antragsteller in auferlegt und ausgesprochen, daß die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Vergabestelle notwendig war. Der Beschluß blieb unangefochten.

Die anwaltlichen Bevollmächtigten des Antragsgegners haben beantragt, die zu erstattenden Aufwendungen aus einem Gegenstandswert von 800.000 DM auf 12.792,48 DM (= 6540,69 EUR) festzusetzen. Mit Bescheid vom 8.1.2002 entsprach dem die Vergabekammer nur in Höhe von 1568,75 EUR und wies den Antrag im übrigen, auch soweit eine Besprechungsgebühr geltend gemacht worden war, ab. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit dem Ziel, die ihm zu erstattenden Aufwendungen im wesentlichen in ursprünglich beantragter Höhe festzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Vergabekammer ist ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt, gegen den abweichend vom allgemeinen Verwaltungsrechtsweg nach §§ 40 ff. VwGO die sofortige Beschwerde nach §§ 116 ff. GWB zum Bayerischen Obersten Landesgericht statthaft ist (BayObLG BauR 2001, 238; Beschluß vom 28.9.2001 Verg 13/01; Thüringer OLG Beschluß vom 13.9.2001, 6 Verg 1/01). Die Entscheidung des Senats kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde überwiegend keinen Erfolg.

a) Die Vergabekammer setzt keinen Gegenstandswert fest. Denn in deren Verfahren wird gemäß § 128 Absätze 1 und 2 GWB keine streitbezogene Gebühr erhoben. Der Streitwert spielt vielmehr nur für die Anwaltsgebühren eine Rolle, die sich nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGO richten (BayObLG Beschluß vom 28.9.2001 Verg 13/01; dazu jüngst ausführlich Bär NZBau 2002, 63 ff.). Hat die Vergabekammer die Kostengrundentscheidung getroffen und darüber befunden, ob die Hinzuziehung eines Anwalts notwendig war und damit eine Erstattung der Anwaltskosten überhaupt in Betracht kommt, so muß der Rechtsanwalt, sofern das Nachprüfungsverfahren in der Hauptsache ohne Anrufung des Vergabesenats endet, den Wert zunächst anhand der einschlägigen Vorschriften der BRAGO selbständig bestimmen und seinem Antrag auf Kostenfestsetzung zugrunde legen. Die Vergabekammer hat dann den Wertansatz inzident mitzuüberprüfen (Thüringer OLG Beschluß vom 13.9.2001, 6 Verg 1/01).

b) Der Streitwert beträgt nach § 12 a Abs. 2 GKG 5 % der Auftragssumme. Die Vorschrift regelt allerdings ausdrücklich nur den Streitwert für das gerichtliche Beschwerdeverfahren. Schon weil der Streitgegenstand identisch ist, können für das vorangehende Verfahren vor der Vergabekammer aber keine anderen Bemessungsgrundlagen gelten (Beck'scher VOB-Kommentar/Gröning § 128 GWB Rn. 22). Überdies verweist § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für Tätigkeiten des Rechtsanwalts außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte, ebenfalls auf die Wertvorschriften des Gerichtskostengesetzes (BayObLG Beschluß vom 28.9.2001 Verg 13/01; Gröning aaO; Bar aaO).

c) Der Senat geht bei der Streitwertbemessung nach § 12 a Abs. 2 GKG im Regelfall vom Bruttowert der Auftragssumme, hilfsweise der Angebotssumme, aus, also von demjenigen (abschließenden) Betrag, für den der Bieter den Zuschlag erhalten hat od...

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