Leitsatz (amtlich)

1. Die Anerkennung als Berufsbetreuer setzt voraus, daß die Gesamtbetrachtung der vom Betreuer ausgeführten Tätigkeiten zu dem Ergebnis führt, diese seien nur im Rahmen einer Berufstätigkeit zu erwarten.

2. Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist Aufgabe des Tatrichters und kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden.

3. Berufsbetreuer kann auch sein, wer neben einem anderen Beruf als Betreuer tätig wird.

4. Ein Beamter kann Berufsbetreuer sein.

5. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufsbetreuer sind bei Beamten die gleichen wie bei anderen Berufsgruppen.

 

Normenkette

BGB § 1836; FGG § 27 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Beschluss vom 31.05.1995; Aktenzeichen 4 T 442/95)

AG Ansbach (Aktenzeichen XVII 219/94)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Ansbach vom 31. Mai 1995 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

B. war seit 27.10.1994 Betreuer des Betroffenen. Dieser ist am 4.4.1995 verstorben. B. ist vollzeitbeschäftigter Beamter. Ihm wurde die Führung von Betreuungen mit Wirkung vom 1.2.1995 vom Bayer. Staatsministerium der Finanzen als Nebentätigkeit im Umfang von bis zu acht Stunden pro Woche genehmigt. Er beantragte für seine bis 16.2.1995 ausgeführten Tätigkeiten als Betreuer eine aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung von 4.539,30 DM. Das Amtsgericht (Rechtspfleger) setzte mit Beschluß vom 23.3.1995 die Vergütung antragsgemäß fest. Hiergegen legte der Bezirksrevisor Rechtsmittel ein ausschließlich mit der Begründung, ein vollzeitbeschäftigter Beamter könne nicht Berufsbetreuer im Sinne des § 1836 Abs. 2 BGB sein. Das Landgericht wies mit Beschluß vom 31.5.1995 die Beschwerde zurück. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors.

 

Entscheidungsgründe

II.

1 Die weitere Beschwerde ist zulässig.

Sie ist nicht durch § 16 Abs. 2 ZSEG ausgeschlossen. Diese Bestimmung eröffnet im gerichtlichen Festsetzungsverfahren nur die Erstbeschwerde und schließt die weitere Beschwerde grundsätzlich aus (BayObLGZ 1993, 123; BayObLG FamRZ 1994, 1332; BayObLG Rpfleger 1984, 270). Dieser Ausschluß greift nach dem Sinn der in § 16 Abs. 2 ZSEG getroffenen Regelung nur ein, wenn die Höhe des festgesetzten Betrages angegriffen wird. Ziel der weiteren Beschwerde ist hier jedoch nicht eine Abänderung des im Festsetzungsverfahren zuerkannten Betrages, sondern die Feststellung, daß das Festsetzungsverfahren an sich unzulässig ist, weil die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Staatskasse nicht vorliegen, da B. kein Berufsbetreuer sei. In diesem Fall steht § 16 ZSEG der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht entgegen (BayObLGZ 1995, 212 m.w.N.).

2. Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.

a) Das Landgericht hat ausgeführt, B. sei Berufsbetreuer im Sinne des § 1836 Abs. 2 BGB. Eine Definition des Berufsbetreuers gebe es nicht. Es werde auf die Zahl der übertragenen Betreuungen abgestellt; als entscheidend werde auch angesehen, wenn eine Person als Betreuer im Hinblick auf ihr Anerbieten, das Amt berufsmäßig zu führen, ausgewählt oder wegen ihrer beruflichen Qualifikationen mit der Betreuung betraut worden sei.

B. führe sechzehn Betreuungen, davon insgesamt zwölf Dauerbetreuungen; bei einer derartigen Anzahl könne nicht mehr davon ausgegangen werden, daß er die Betreuungen nur „nebenbei” führe. B. sei die Betreuung im vorliegenden Fall im Hinblick auf seine berufliche Qualifikation und auf die Qualität der bisher ausgeübten Betreuungen übertragen worden.

Gegen die Eigenschaft von B. als Berufsbetreuer spreche auch nicht, daß er die Betreuungen als Nebentätigkeit neben seinem Beruf als Oberregierungsrat ausführe. Allein die beamtenrechtliche Bezeichnung „Nebentätigkeit” weise noch nicht aus, daß die Tätigkeit nicht berufsmäßig werde.

Die gesetzliche Formulierung „nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann” sei nicht so zu verstehen, daß nur selbständige Vollzeitbetreuer als Berufsbetreuer anzusehen seien. Entscheidend sei der Sinn der Vorschrift, die mit Rücksicht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 54, 251 ff.) erlassen worden sei. Nach dieser entspreche zwar die Vormundschaft als unentgeltliches Ehrenamt dem gesetzlichen Leitbild; demjenigen, der in großem Umfang Vormundschaften und Pflegschaften auch über mittellose Mündel führe, seien jedoch Zeitaufwand und anteilige Bürokosten als Aufwendungen zu erstatten. Dieser Gedanke gelte nicht nur für Rechtsanwälte, sondern auch für andere Betreuer. Da Berufsbetreuer eine Aufgabe erfüllten, die der Allgemeinheit diene, erscheine eine Entschädigung für ihre Tätigkeit unabhängig von ihren übrigen Einkünften nicht unbillig.

Die vom Amtsgericht zugesprochene Vergütung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

b) Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

Werden jemandem Vormundschaften/Betreuungen in solchem Umfang übertragen, daß er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann, so ist ihm nach § 18...

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