Leitsatz (amtlich)

›1. Die Eintragung der inländischen Zweigniederlassung einer nach dem Recht der USA bestehenden Aktiengesellschaft, die in den USA ihren Sitz hat, ist registerrechtlich und auch kostenrechtlich wie die Eintragung einer Hauptniederlassung zu behandeln. Der Freundschaftsvertrag zwischen Deutschland und den USA zwingt nicht zur Anwendung der Wertbegünstigungsvorschrift des § 26 Abs. 6 KostO.

2. Für die Eintragung dürfen allerdings nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. e der Gesellschaftsteuerrichtlinie vom 17.7.1969, der auch hier Anwendung findet, nur Gebühren in Ansatz gebracht werden, die dem tatsächlichen Sach- und Personalaufwand entsprechen. Dieser kann aber wegen der umfassenden Prüfungspflicht deutlich höher sein als bei der Eintragung von inländischen Zweigniederlassungen einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland.‹

 

Verfahrensgang

AG (Aktenzeichen Registergericht - München)

LG München I (Aktenzeichen 17 HK T 10353/98)

 

Gründe

1. Am 6.12.1996 meldete die A-Company, eine Aktiengesellschaft nach dem Recht des Staates Connecticut/USA, die Errichtung einer Zweigniederlassung mit dem Sitz in München zur Eintragung in das Handelsregister an. Die Zweigniederlassung wurde am 25.3.1997 eingetragen; das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 54.420.000 US-Dollar.

2. Mit Kostenrechnung vom 20.5.1997 hat der Kostenbeamte des Amtsgerichts unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 44.557.000 DM nach § 26 Abs. 6, § 79 KostO als Gebühr 37.946 DM in Rechnung gestellt. Die gegen diesen Kostenansatz von der Gesellschaft eingelegte Erinnerung hat die Richterin mit Beschluß vom 6.4.1998 zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde der Gesellschaft, der die Richterin nicht abgeholfen hat, hat das Landgericht mit Beschluß vom 25.6.1998 zurückgewiesen; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Gegen diesen Beschluß hat die Gesellschaft weitere Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, die Berechnung der Gebühren nach der ab 1.1.1997 geltenden Fassung von § 26 KostO verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und damit gegen Art. 20 Abs. 3 GG; geschuldet seien nur die nach dem Gesetzesstand bis 31.12.1996 maßgebenden Gebühren. Ferner sei § 26 Abs. 6 i. V. m. § 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO anzuwenden mit der Folge, daß als Geschäftswert nur ein Betrag von höchstens 500.000 DM angesetzt werden könne. Schließlich stehe der Kostenansatz nach § 26 KostO in Widerspruch zu den Vorschriften des Europäischen Rechts.

II. Das zulässige Rechtsmittel (§ 14 Abs. 3 Satz 2 KostO) ist begründet. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 14 Abs. 3 Satz 3 KostO, § 550 ZPO) nicht stand.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Zutreffend sei das Amtsgericht davon ausgegangen, daß für den Gebührenansatz § 26 KostO in der ab 1.1.1997 geltenden Fassung anzuwenden sei. Die Fälligkeit einer Gebühr trete gemäß § 7 KostO mit der Beendigung des gebührenpflichtigen Geschäfts ein, im hier zu entscheidenden Fall somit gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 KostO mit der Handelsregistereintragung. Der zeitliche Ablauf der Angelegenheit gebe keinen Anlaß, entgegen den bindenden Bestimmungen der §§ 7, 79 KostO bei der Berechnung der Eintragungsgebühren die bis zum 31.12.1996 geltende Fassung des § 26 KostO heranzuziehen. Die Anmeldung sei am 6.12.1996 bei dem Registergericht eingegangen. Die gemäß § 126 FGG gebotene Beteiligung der Industrie- und Handelskammer sei durch das Registergericht unverzüglich am 10.12.1996 veranlaßt worden. Die erbetene Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer zur Eintragungsfähigkeit der Zweigniederlassung datiere vom 14.1.1997. Angesichts der Häufung von Feiertagen und der allgemeinen Ferienzeit um den Jahreswechsel liege bis zum Inkrafttreten der neuen Fassung des § 26 KostO keinerlei zögerliche Sachbehandlung vor. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes würden durch die Anwendung des § 26 KostO in der ab 1.1.1997 geltenden Fassung nicht berührt. Die Neufassung des 26 KostO stehe auch nicht in Widerspruch zu Vorschriften des Europäischen Rechts. Die Richtlinie des Rats der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 (69/355/EWG) schaffe kein unmittelbar geltendes Europäisches Recht. Sie richte sich vielmehr an die Mitgliedstaaten, der Richtlinie entsprechende innerstaatliche Vorschriften zu,erlassen. Zwar habe der EuGH mit Urteil vom 2.12.1997 ausgesprochen, daß Art. 10 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 ,Buchst. e der Richtlinie Rechte für den einzelnen begründe, auf die er sich auch vor den nationalen Gerichten berufen könne. Daraus könne die Gesellschaft aber hier keine Rechte herleiten, weil § 26 KostO in der seit 1.1.1997 geltenden Fassung richtlinienkonform sei. Würde der Gesetzgeber die Differenzierung der Gebühren nach dem Geschäftswert zugunsten einer einheitlichen Pauschalgebühr aufgeben, hätte dies zur Folge, daß wirtschaftlich schwache Beteiligte die wirtschaftlich starken Beteiligten durch Entrichtung einheitlicher Pauschalgebühren subventionierten. Dies wäre mit dem Gebot eines sozialen Rechtsstaates unvereinbar. ...

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