Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschein

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Erfordernis der Vorlage eines Erbscheins oder der bloßen Vorlage eines notariellen Testaments, wenn es um den Nachweis der Erbfolge durch das Grundbuchamt geht.

 

Normenkette

GBO § 35 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 30.07.1999; Aktenzeichen 5 T 390/99)

AG Cham

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 30. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 135.500 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die 1998 verstorbene Erblasserin war seit dem 9.6.1969 als Alleineigentümerin zweier Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung beruhte teils auf Auflassung, teils auf der durch Erbschein bezeugten Erbfolge nach ihrem 1969 verstorbenen Ehemann. Mit ihm zusammen hatte die Erblasserin am 20./27.12.1961 ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament errichtet, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Weiter war bestimmt:

2. Nach dem Tode des Überlebenden soll der beiderseitige Nachlaß an unsere Nichte … (= Beteiligte zu 1) … fallen.

3. Dem Überlebenden ist es gestattet, seine eigene Anordnung zu widerrufen, insbesondere bezüglich der gemeinsamen Erbeinsetzung eines Dritten.

Durch gemeinschaftliche eigenhändige Verfügung vom 10.5.1966 änderten die Erblasserin und ihr Ehemann „Absatz 2, Seite 1” des gemeinschaftlichen Testaments ab. Sie bestimmten:

Nach dem Tod des Überlebenden soll der beiderseitige Nachlaß an:

  1. … (= Beteiligte zu 1)
  2. … (= Vater der Beteiligten zu 2)
  3. zu gleichen Teilen fallen.

Ich (wir) möchten darauf hinweisen, daß Absatz 2, Seite 1, des gemeinschaftlichen Testaments vom 20.12.1961 zu streichen ist und obige Abänderung von Seite 3, vom 10.5.1966 gilt.

Die Abänderung wurde dem ursprünglichen Testament als Seite 3 beigefügt.

In einem notariellen Testament vom 16.2.1987 widerrief die Erblasserin nach einleitenden Bemerkungen zu dem gemeinschaftlichen Testament alle von ihr bisher errichteten Verfügungen von Todes wegen, „insbesondere alle für den Fall des Todes des Überlebenden getroffenen Verfügungen, soweit sich diese aus dem erwähnten gemeinschaftlichen Testament ergeben”, und setzte den Vater der Beteiligten zu 2, ihren Neffen, zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein. Als Ersatzerben bestimmte sie die Beteiligten zu 2. Abschnitt IV des notariellen Testaments lautet:

Um unklare Rechtsverhältnisse zu vermeiden, bestimme ich noch:

Das gesamte vorliegende Testament und alle in ihm getroffenen Bestimmungen – einschließlich des Widerrufs der für den Schlußerbfall getroffenen Verfügungen aus den gemeinschaftlichen Testamenten – sollen nicht gelten, wenn ich entgegen meiner Annahme durch die vorhandenen gemeinschaftlichen Testamente vom 20.12.1961 und vom 10.05.1966 gehindert sein sollte, über das gesamte, zu meinem Nachlaß gehörende Vermögen (einschließlich des im Weg der Erbfolge von meinem Ehemann auf mich übergegangenen Vermögens) neu zu verfügen. Das heutige Testament soll dann auch nicht bezüglich meines eigenen Vermögens (ausschließlich des von meinem Ehemann auf mich übergegangenen Vermögens) Gültigkeit haben. Vielmehr sollen dann für die Beerbung nach mir im vollen Umfang die für den Schlußerbfall getroffenen Bestimmungen der gemeinschaftlichen Testamente vom 20.12.1961 und vom 10.05.1966 maßgeblich sein.

Ich will aber nochmals betonen, daß nach meiner Überzeugung und meinem Willen und auch nach dem Willen meines verstorbenen Ehemanns durch die gemeinschaftlichen Testamente zu Lasten des Überlebenden in keiner Weise eine bindende Verfügungsbeschränkung begründet werden sollte, vielmehr dem Überlebenden umfassend das Recht eingeräumt wurde, die für den Schlußerbfall getroffenen Bestimmungen abzuändern und aufzuheben und über den beiderseitigen Nachlass neu zu verfügen.

Der Vater der Beteiligten zu 2 nahm die Erbschaft an. Zu notarieller Urkunde vom 18.3.1999 überließ er die beiden Grundstücke im Wege der Schenkung den Beteiligten zu 2; die Auflassung der Grundstücke ist in der Urkunde erklärt. Am 9.6.1999 wurden die Beteiligten zu 2 als neue Eigentümer je zur Hälfte im Grundbuch eingetragen; als Grundlage der Eintragung sind das notarielle Testament vom 16.2.1987 nebst Eröffnungsniederschrift vom 29.12.1998 und die Auflassung vom 18.3.1999 angegeben.

Die Beteiligte zu 1 hat angeregt, „die Möglichkeit eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 GBO” zu prüfen. Sie hat sich auf das gemeinschaftliche Testament von 1961/1966 sowie auf Abschnitt IV des notariellen Testaments berufen und vorgetragen, das Grundbuchamt habe bei dieser Rechtslage die Eintragung nicht aufgrund des notariellen Testaments vornehmen dürfen; es hätte vielmehr einen Erbschein verlangen müssen.

Das Grundbuchamt hat die Anregung, zugunsten der Beteiligten zu 1 einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung d...

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