Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbot der Hundehaltung

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Aktenzeichen 30 T 1613/94)

AG Landshut (Aktenzeichen UR II 2/93)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut (ohne Datum) wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragsgegner haben ihre Eigentumswohnung im Jahre 1991 gekauft und vermietet. Ihre Mieterin hält einen Hund.

Am 1.8.1974 hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, die Hausordnung dahin zu ändern und zu ergänzen, daß die Hundehaltung in der Wohnanlage grundsätzlich untersagt ist. Im Hinblick auf die Hundehaltung in der Wohnung der Antragsgegner, die trotz Hinweises auf den Eigentümerbeschluß vom Jahr 1974 nicht abgestellt wurde, beschlossen die Wohnungseigentümer am 18.5.1992 erneut, daß in der Anlage keine Hunde gehalten werden dürfen.

Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die Hundehaltung in ihrer Wohnung zu unterbinden, hilfsweise das Mietverhältnis mit ihrer Mieterin zu kündigen und Räumungsklage zu erheben. Die Antragsgegner haben ihre Wohnung inzwischen an die Mieterin verkauft. Die Verwaltung verweigert die hierzu erforderliche Zustimmung. Die Antragsgegner haben beantragt festzustellen, daß Hunde gehalten werden dürfen, soweit sie nicht durch ständiges lautes Bellen oder Verunreinigung der Gemeinschaftsanlagen eine erhebliche Belästigung darstellen; ferner haben sie beantragt festzustellen, daß der Eigentümerbeschluß vom 18.5.1992 ungültig ist, und die Antragsteller zu verpflichten, einer Änderung der Eigentümerbeschlüsse vom 1.8.1974 und vom 18.5.1992 dahin zuzustimmen, daß eine Hundehaltung erlaubt ist.

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 27.5.1994 unter Zurückweisung der übrigen Anträge die Antragsgegner verpflichtet, Sorge für die Beseitigung der Hundehaltung zu tragen. Das Landgericht hat die Antragsteller verpflichtet, die Hundehaltung zu dulden, soweit sie nicht durch ständiges Bellen oder Verunreinigung der Gemeinschaftsanlagen in erheblicher Weise belästigt werden; ferner hat es festgestellt, daß die Eigentümerbeschlüsse vom 18.5.1992 und vom 1.8.1974 nichtig sind, soweit sie die Hundehaltung generell untersagen. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat es abgesehen. Gegen diesen „aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.10.1994” im schriftlichen Verfahren erlassenen und nicht mit einem weiteren Datum versehenen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller. Die Antragsgegner haben gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts „selbständige Beschwerde” eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel der Antragsteller ist zulässig. Die auf die Kostenentscheidung beschränkte Beschwerde der Antragsgegner ist als selbständiges Rechtsmittel nicht zulässig (§ 43 Abs. 1 Satz 1 WEG, § 20 a Abs. 1 Satz 1 FGG), wohl aber als unselbständige Anschlußrechtsbeschwerde (BayObLG WE 1990, 139).

Der Senat hält die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller für begründet. An der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und einer Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses sieht er sich jedoch durch die Entscheidung des Kammergerichts vom 13.1.1992 (NJW 1992, 2577) gehindert. Die sofortige weitere Beschwerde wird daher gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Diese hängt von der Beantwortung der Rechtsfrage ab, ob ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluß, der die Hundehaltung in einer Wohnanlage verbietet, nichtig ist. Im Gegensatz zum Kammergericht möchte der Senat die Frage verneinen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Ein allgemeines Verbot der Hundehaltung halte sich nicht im Rahmen der Regelung eines ordnungsmäßigen Gebrauchs und könne daher nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Die Hundehaltung gehöre zum Kernbereich und Wesensgehalt des Sondereigentums, das unter dem Schutz des Eigentums durch das Grundgesetz stehe. Ein allgemeines Verbot der Hundehaltung verstoße auch gegen die ebenfalls grundrechtlich geschützte freie Entfaltung der Persönlichkeit. Die Eigentümerbeschlüsse vom 1.8.1974 und vom 18.5.1992 seien nichtig, weil sie in den Wesensgehalt des Sondereigentums eingriffen. Das Verbot der Hundehaltung ohne Rücksicht auf eine konkrete Gefährdungslage verstoße gegen die guten Sitten, weil es auch den ordentlichen Hundehalter treffe. Das Halten von Haushunden sei nach den hiesigen tradierten soziokulturellen Vorstellungen als Inhalt eines ordnungsmäßigen Wohnens anzusehen. Die Mieterin der Antragsgegner habe ausgesagt, ihr Enkel habe sich den Hund gewünscht, den sie außerdem zum Schutz vor ihrem eigenen Ehemann gebrauche. Der Hund spiele daher eine wichtige soziale Rolle für die Mieterin. Es bleibe den Wohnungseigentümern unbenommen, durch Mehrheitsbeschlüsse Regelungen aufzustellen, die geeignet seien, die bei einer Haltung von Hunden üblicherweise zu erwartenden Belästungen und B...

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