Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 249 Abs 1 SGB 6 idF des RVLVG. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 13 R 34/17 R

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des § 249 Abs 1 SGB VI idF des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes (juris: RVLVG) vom 23.6.2014 über die Zuerkennung von einer Kindererziehungszeit von 24 Monaten für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.10.2018; Aktenzeichen B 13 R 34/17 R)

BSG (Beschluss vom 18.07.2018; Aktenzeichen B 13 R 34/17 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 21.03.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin weitere Kindererziehungszeiten zuzuerkennen sind und in der Folge daraus eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu zahlen ist.

Die 1953 geborene Klägerin beantragte bei der Beklagten zunächst formlos mit Antrag vom 04.01.2015 die Gewährung einer Rente, wobei dies im Folgenden eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen betraf. Diese bewilligte Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13.02.2015 ab November 2014 in Höhe von 666,25 Euro monatlich. Darin wurde eine Kinderziehungszeit für das Kind R., geb. 27.05.1979, für die Zeit vom 01.06.1979 bis 31.05.1981 zuerkannt.

Der hiergegen am 19.03.2015 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2015 als unbegründet zurückgewiesen. Die Berechnung der Kindererziehungszeit sei gemäß der aktuellen Gesetzeslage erfolgt. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz sei nicht ersichtlich; die Anwendung einer Stichtagsregelung sei zulässig.

Zur Begründung der hiergegen am 04.05.2015 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in erster Linie eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung geltend gemacht. Die Lebensverhältnisse der Mütter, die im Jahr 1979 ein Kind auf die Welt gebracht hätten, seien im Verhältnis zu den nachfolgenden Geburtenjahrgängen fast gleich gewesen. Ein Differenzierungsgrund bestehe deshalb nicht. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb für die vor 1992 geborenen Kinder weniger als drei Jahre an Kindererziehungszeiten zuerkannt werden könnten. Des Weiteren hat die Klägerin einen Verstoß gegen Artikel 44 Abs. 2 Verordnung EG Nr. 987/2009 gerügt.

Mit Beschluss vom 11.09.2015 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt. Die hiergegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegte Beschwerde hat zur Aufhebung des Beschlusses und Gewährung von Prozesskostenhilfe geführt, da die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Norm noch nicht abschließend geklärt sei (Beschluss des Senats vom 22.12.2015, Az. L 19 R 773/15 B PKH).

Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht sodann durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - entschieden; es hat die Klage am 21.03.2016 als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid, auf den ausdrücklich verwiesen werde, zutreffend entschieden. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Regelung bestünden nicht. Bei der Schaffung von Gesetzestatbeständen, die ausschließlich Vergünstigungen ohne Gegenleistung der Versicherten in Form von Versicherungsbeiträgen zum Gegenstand hätten, sei der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers - auch zur Setzung eines Stichtags - besonders weit (unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG Niedersachsen vom 04.11.2013 - L 2 R 352/13, veröffentlicht in juris). Die Überprüfung einer gesetzlichen Norm durch die Gerichte habe sich im Übrigen nicht an möglichen anderen Alternativen zu der vorhandenen Regelung zu orientieren, sondern lediglich an deren Verfassungsgemäßheit. Ein Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht liege offensichtlich nicht vor. Soweit die Klägerin eine Vereinbarkeit mit Artikel 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 rügt, gehe dies offensichtlich fehl. Diese Vorschrift regele nur die Konditionen bei der Zuständigkeit unterschiedlicher Mitgliedsstaaten für die Gewährung von Kindererziehungszeiten. Die Klägerin sei jedoch in Deutschland geboren und habe auch ausschließlich in Deutschland gelebt, so dass kein Fall einer konkurrierenden sozialen Sicherung verschiedener Mitgliedsstaaten vorläge. Einschlägig sei ausschließlich deutsches Recht. Aus Artikel 44 der Verordnung gehe geradezu hervor, dass die EU unterschiedliche Regelungen von Kindererziehungszeiten in den Mitgliedsstaaten akzeptiere.

Zu der hiergegen am 29.03.2016 beim Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine neue Vollmacht - vom 05.05.2015 - vorgelegt. Er hat mit Schriftsatz vom 04.07.2016 seine bisherige Begründung wiederholt.

Konkret hat er nochmals darauf hingewiesen, dass es nicht darum ginge, dass der vom Gesetzgeber gew...

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