rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletztenrente. Arbeitsunfall. MdE. ursächlicher Zusammenhang. Schadensanlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein Arbeitsunfall eine Erkrankung aktiviert, die auch durch jedes andere, alltäglich vorkommende Ereignis in etwa derselben Zeit hätte ausgelöst werden können, so stellt der Unfall keine wesentliche Ursache für die Erkrankung dar; es fehlt dann an dem für eine Verletztenrente erforderlichen Kausalzusammenhang.

 

Normenkette

RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1, § 548 Abs. 1 S. 1, § 581 Abs. 3; SGB VII § 212

 

Verfahrensgang

SG Nürnberg (Entscheidung vom 22.02.2001; Aktenzeichen S 2 U 125/99)

 

Tenor

I. Unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.02.2001 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 17.09.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.03.1999 wird die Beklagte verurteilt, eine somatoforme Schmerzstörung und chronifizierte ängstlich-depressive Anpassungsstörung - im Sinne der Verschlimmerung - als Unfallfolgen anzuerkennen und Verletztenrente nach einer MdE von 10 vH (Stützrente) über den 28.01.1998 hinaus zu gewähren.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 10 vH (Stützrente) über den 28.01.1998 hinaus streitig.

Der am 1944 geborene Kläger, der bereits eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH auf Grund eines Arbeitsunfalles vom 17.02.1978 bezieht, erlitt am 18.09.1996 bei der Teilnahme an der Ausbildung eines Wachteams Hundebissverletzungen am rechten Unterarm und linken Ellenbogen (DA-Bericht des Prof.Dr.N. vom 24.09.1996). Nach einer stationären Krankenhausbehandlung vom 18.09. bis 23.09.1996 war er bis 10.11.1996 arbeitsunfähig erkrankt.

Am 12.05.1997 stellte er Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente. Er legte ein ärztliches Attest des Allgemeinarztes B. vom 18.04.1997 vor. Darin wurden ihm starke Schmerzen am linken Unterarm bescheinigt, die zur ständigen Einnahme von Schmerztabletten führten.

Die Beklagte holte Gutachten des Nervenarztes Dr.K. vom 05.03.1998 und des Chirurgen Prof.Dr.N. vom 08.04.1998 ein. Dr.K. schloss eine Nervenläsion und damit eine MdE aus. Prof.Dr.N. fand multiple reizlose Narben im Bereich beider Arme, eine livide Hautverfärbung sowie eine geringe Bewegungseinschränkung. Die unfallbedingte MdE schätzte er bis 28.01.1998 auf 10 vH. Nach Einholung einer Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr.B. gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 17.09.1998 Verletztenrente für die Zeit vom 11.11.1996 bis 28.01.1998 nach einer MdE von 10 vH (Stützrente). Als Folgen des Versicherungsfalles erkannte sie eine geringe Bewegungseinschränkung im linken Hand- und Daumengrundgelenk nach Hundebissverletzung am linken Ellenbogen und am rechten Unterarm an (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 30.03.1999).

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben und beantragt, ihm Rente nach einer MdE um 40 vH, hilfsweise zumindest um 10 vH über den 28.01.1998 hinaus zu gewähren. Er hat hierzu ärztliche Bescheinigungen der Allgemeinärzte Dr.G. vom 25.11.1998 sowie B. vom 05.10.1998 vorgelegt. Der vom SG mit Gutachten vom 08.12.1999 gehörte Orthopäde Dr.P. hat keinerlei unfallbedingte Funktionseinschränkungen mehr gefunden und neurologische Beschwerden des Klägers nicht auf die Unfallfolgen zurückgeführt. Die Einschätzung der MdE mit 10 vH bis 28.01.1998 hat er als äußerst wohlwollend angesehen.

Der Kläger hat ein neurologisches Privatgutachten des Dr.W. vom 05.03.2000 vorgelegt, wonach bei ihm eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit konversionsneurotischer Fixierung auf Grund des Arbeitsunfalles vom 18.09.1996 vorliege und die MdE mit 40 vH zu bewerten sei. Dieser Annahme hat die Beklagte mit einer gutachtlichen Stellungnahme des Nervenarztes Dr.K. vom 03.05.2000 widersprochen, weil über die ersten Jahre nach dem Unfallereignis keinerlei nervenärztliche Befunde mit einer psychischen Symptomatik vorlägen und bereits vor dem Unfall mehrjährige posttraumatische bzw postoperative Schmerzzustände anderer Körperregionen bestanden hätten. Es sei daher von einer Minderbelastbarkeit der schmerzregistrierenden und -leitenden Systeme mit Neigung zur Chronifizierung auszugehen.

Nach Einholung eines Befundberichtes des Nervenarztes Dr.S. vom 22.05.2000 hat das SG ein Gutachten vom 16.08.2000 des Nervenarztes Dr.K. eingeholt. Dieser hat den Unfall vom 18.09.1996 nicht als wesentliche Ursache für das Sulcus-Ulnaris-Syndrom links, etwaige Karpaltunnelsyndrom sowie die anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit depressiven Elementen angesehen, da die Hundebisse zu keiner Nervenverletzung geführt hätten und auch nicht geeignet gewesen seien, die Schmerzstörung des Klägers hervorzurufen.

Nach Beiziehung eines Befundberichtes des Dr.G. vom 09.11.2000 hat das SG Nürnberg mit Urteil vom 22.02.2001 die...

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