Entscheidungsstichwort (Thema)

Geringfügige Beschäftigung. Arbeitsentgelt. einmalige Einnahme

 

Orientierungssatz

Zum Arbeitsentgelt iS des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB 4 gehören nicht etwa nur der vertraglich vereinbarte Grundlohn, sondern alle Zulagen, Zuschläge, Zuwendungen usw soweit sie nicht durch die ArEV ausgenommen sind.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und Krankenversicherung im Jahr 1984.

Der am 1931 geborene Kläger wurde nach dem Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 1 seit 01.05.1973 als Milchprobennehmer in Teilzeitarbeit auf unbestimmte Zeit eingestellt. Er erhielt hierfür die festgesetzte Entschädigung für teilzeitbeschäftigte Milchprobenentnehmer, die sich nach der Anzahl der geprüften Betriebe und Tiere richtete, sowie eine Wegstreckenentschädigung. Die monatlich gezahlte Entschädigung lag geringfügig unterhalb 390,00 DM. Ferner wurde ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Weihnachtsgeld in Höhe von 7 % des Bruttoentgelts und Urlaubsgeld in Höhe von 11 % des Bruttoentgelts vom Arbeitgeber gezahlt.

Der Kläger teilte am 09.04.1984 der Beklagten mit, daß mit den Zahlungen des Weihnachtsgeldes und Urlaubsgeldes in diesen Monaten die beitragsfreien Bruttomonatsentgelte von 390,00 DM überschritten würden; in allen anderen Monaten würde diese Grenze nicht erreicht. Die Beklagte entgegnete mit Schreiben vom 28.05.1984, daß das Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Beurteilung der Versicherungspflicht der Beschäftigung mit einbezogen werden müßten.

Neben dem Arbeitsentgelt bezog der Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von zunächst 540,20 DM, die ab 01.07.1984 auf 561,70 DM anstieg und eine französische Rente von 108,52 DM steigend auf 111,45 DM.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 19.08.1984 gegenüber dem Beigeladenen zu 1 fest, daß der Kläger seit 01.01.1984 der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung der Angestellten unterliege; wegen der geringen Zahl der Arbeitsstunden bestehe keine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung. Die Beiträge wurden abgeführt.

Der Kläger hat mit der Klage vom 19.03.1985 beim Sozialgericht München (SG) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Urteil des BSG vom 28.02.1984 -- 12 RK 21/83, SozR 2100 § 8 Nr. 4 geltend gemacht, es bestehe keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung. Die Einbeziehung des Weihnachtsgeldes und Urlaubsgeldes in die Prüfung der geringfügigen Beschäftigung sei unzulässig. Sonderzahlungen könnten nicht rückwirkend die Versicherungsfreiheit der geringfügigen Beschäftigung beseitigen.

Die Beklagte hat das Widerspruchsverfahren nachgeholt und am 18.06.1985 den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, wegen der Sonderzahlungen im November und Dezember 1984 liege das Arbeitsentgelt für dieses Jahr im Durchschnitt über der Geringfügigkeitsgrenze; damit sei Versicherungspflicht für das ganze Jahr eingetreten. In der Arbeitslosenversicherung bestehe wegen der geringen Wochenstundenzahl Beitragsfreiheit. Das SG hat mit Beschluß vom 17.02.1987 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach Aufnahme des Verfahrens durch den Kläger am 16.05.1989 hat der Beigeladene zu 1 am 16.05.1991 den Bruttoverdienst je Kalendermonat für das Jahr 1984 mitgeteilt.

Das SG hat mit Urteil vom 30.03.1995 die Klage mit der Begründung abgewiesen, es liege im Jahr 1984 keine geringfügige Beschäftigung vor, da das monatliche Arbeitsentgelt 390,00 DM überschreite. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien Sonderzuwendungen, die der Arbeitnehmer bei vorausschauender Betrachtung innerhalb eines Jahres mit hinreichender Sicherheit zu erwarten habe, bei der Ermittlung des regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelts anteilsmäßig zu berücksichtigen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 14.11.1995, mit der er geltend macht, das angefochtene Urteil habe sich nicht mit den Argumenten gegen die Entscheidung des BSG auseinandergesetzt. Für den Fall des Unterliegens solle sich das BSG, gegebenenfalls dessen Großer Senat, ein weiteres Mal mit der Rechtsfrage befassen.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.03.1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.08.1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.1985 aufzuheben, soweit dadurch Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung für das Jahr 1984 festgestellt wurde,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 2 beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für Rechtens.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im übrigen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die frist- und formgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz -- SGG --) eingelegte Berufung ist zulässig. Da sie weder eine Geld- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, bedarf sie nicht ...

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