Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erstattungsfähigkeit von Dolmetscherkosten. Anordnung der Hinzuziehung eines Dolmetschers durch das Gericht. Grundsatz der Kostensparsamkeit. detaillierte Darlegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dolmetscherkosten sind dem Rechtsanwalt nur dann zu erstatten, wenn die Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich war. Dies ist dann nicht der Fall, wenn durch andere Personen, etwa Verwandte oder Arbeitskollegen des Rechtssuchenden, eine Verständigung möglich gewesen wäre, ohne dass hierfür Kosten entstehen.

2. Aus der Anordnung der Hinzuziehung eines Dolmetschers für eine mündliche Verhandlung folgt nicht, dass Dolmetscherkosten für den Rechtsanwalt notwendig gewesen wären.

3. Der Grundsatz, dass ein der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtiger Beschuldigter in jeder Phase des Verfahrens einen Dolmetscher hinzuziehen kann, ist wegen der Besonderheiten des Strafverfahrens unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Kostensparsamkeit auf sozialgerichtliche Verfahren nicht übertragbar.

4. Zu den Anforderungen an eine detaillierten Darlegung, die für die Abrechnung von Dolmetscherkosten grundsätzlich erforderlich ist.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 10. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Erinnerungsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist, ob die Aufwendungen für Dolmetscherleistungen durch die Staatskasse zu vergüten sind.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG), Aktenzeichen S 33 U 433/09, ging es um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung einer Verletztenrente. Am 02.07.2009 erhob der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den Beschwerdeführer, Klage und beantragte die Gewährung von PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 07.09.2009 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet. Das Verfahren wurde durch einen (rechtskräftigen) Gerichtsbescheid (19.06.2012) abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 09.03.2013 machte der Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 1.886,15 EUR geltend. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.08.2013 wurden die außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.433,34 EUR festgesetzt. Dabei berücksichtigte der Kostenbeamte erstattungsfähige Dolmetscherkosten in Höhe von 563,45 EUR. Zur Begründung verwies er auf die gerichtliche Ladung eines Dolmetschers zur mündlichen Verhandlung der Kammer am 13.04.2011; daher sei die Notwendigkeit der Zuziehung eines Dolmetschers bei den Mandantenbesprechungen ebenfalls gegeben gewesen. Die in der Abrechnung des Beschwerdeführers geltend gemachten Kosten für das Vorverfahren könnten nicht berücksichtigt werden; es würden daher nur die Termine ab Erlass des Widerspruchsbescheids des Beklagten erstattet.

Hiergegen hat die Staatskasse mit Schreiben vom 29.08.2013 Erinnerung eingelegt. Auslagen wegen Dolmetscherkosten bzw. Übersetzungshilfe seien vorliegend nicht ersetzbar; im Übrigen hat sich die Staatskasse gegen weitere nicht mehr streitgegenständliche Punkte der Kostenfestsetzung gewandt. Zur Begründung hat die Staatskasse vorgetragen, dass sich die Notwendigkeit von Dolmetscherkosten bzw. Übersetzungshilfe nicht aus der Verpflichtung des erkennenden Gerichts gemäß § 185 Gerichtsverfassungsgesetz ergebe, unter bestimmten Umständen zu Verhandlungen einen Dolmetscher beizuziehen. Denn solche Kosten könnten nur dann ersetzt werden, wenn sie erforderlich seien. Im Hinblick auf die Beweisanordnung der erkennenden Kammer bezüglich des Sachverständigen Dr. Dr. K. und die Durchführung der Begutachtung durch diesen sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Landgerichts (LG) Bochum (Beschluss vom 25.10.2001, Az.: 7a T 317/01) vorliegend Übersetzungshilfe nicht erforderlich, da eine Verständigung durch die Ehefrau des Klägers möglich gewesen wäre. Dies entspreche dem Grundsatz, dass die Partei die entstehenden Kosten so niedrig wie möglich zu halten habe. Vorsorglich hat die Staatskasse auch darauf hingewiesen, dass die angefallenen Kosten nicht ausreichend spezifiziert worden seien.

Hierauf hat der Beschwerdeführer unter anderem festgestellt, dass es ins pflichtgemäße Ermessen des Rechtsanwalts falle, zu überprüfen, ob im konkreten Fall ein Dolmetscher erforderlich sei. Vorliegend sei es sicherlich untunlich gewesen, entsprechende Verwandte oder Ähnliches heranzuziehen.

Mit streitgegenständlichem Beschluss vom 10.01.2014 hat die Kostenrichterin des SG den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.08.2013 insoweit abgeändert, als sie die zu erstattenden Kosten auf 833,00 EUR festgesetzt hat; im Übrigen ist die Erinnerung zurückgewiesen worden. Das SG hat entschieden, dass die Dolmetscherkosten nicht ersetzbar seien, da die Zuziehung nicht als erforderlich zu erachten sei. ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge