Leitsatz

  1. Erstmaliger Einbau einer Gegensprechanlage im vorhandenen Klingeltableau als duldungspflichtige bauliche Änderung des Gemeinschaftseigentums
  2. Gültiger Eigentümerbeschluss, Wohnungsabschlusstüren in Zukunft (statt wieder in braun) in weißer Ausführung zu gestalten
 

Normenkette

(§§ 14 Nr. 1, 16 Abs. 2, 3, 22 Abs. 1, 23 Abs. 2, 25 WEG)

 

Kommentar

  1. Der erstmalige Einbau einer Gegensprechanlage in das vorhandene Klingeltableau einer Wohnanlage stellt zwar eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar, beeinträchtigt aber im Allgemeinen nicht die Rechte eines Wohnungseigentümers über das in § 14 WEG erforderliche Maß hinaus. Vorliegend wurde die Gebäudefassade nicht optisch beeinträchtigt, weil die Gegensprechanlage im vorhandenen Klingeltableau kaum wahrnehmbar integriert wurde; ein Eingriff in die Gebäudesubstanz ist ebenfalls nicht feststellbar. Weiterhin wurden die Kosten der Installation einem Sonderkonto entnommen, an dem der Antragsteller nicht kostenmäßig beteiligt war (entsprechend der Regelung des § 16 Abs. 3 2. HS WEG). Diese Kostenbefreiung erfasst auch etwaige Folgekosten für den Betrieb oder zukünftig erforderliche Aufwendungen für Reparaturen usw., so lange ein Antragsteller nicht mit seiner Einheit an die Gegensprechanlage angeschlossen ist (vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, § 22 Rn. 220).
  2. Ein Eigentümerbeschluss, der die "Finanzierung einer bereits eingebauten und abgerechneten Gegensprechanlage" regelt, kann seinem objektiven Inhalt nach auch die konstitutive Beschlussfassung über die Vornahme der baulichen Veränderung enthalten, sofern eine solche bisher unterblieben ist.
  3. Unter einem angekündigten Tagesordnungspunkt"Finanzierung der Gegensprechanlage" können die Eigentümer auch über die damit verbundene bauliche Veränderung beschließen. Der Schutzbestimmung des § 23 Abs. 2 WEG wurde vorliegend Rechnung getragen, da Eigentümer auch den Beschlussgegenstand und die Folgen daraus erkennen konnten (vgl. auch Wangemann/Drasdo, Die Wohnungseigentümerversammlung nach WEG, 2. Auflage, Rn. 162).
  4. An der Beschlussfassung über den Einbau und die Finanzierung einer nur in einem Gebäude einer Mehrhausanlage zu installierenden Gegensprechanlage sind auch die Wohnungseigentümer der anderen Gebäude jedenfalls dann zu beteiligen, wenn sie auch mit den anteiligen Kosten belastet werden. Eine gesonderte Abstimmung oder Kostentragung war im vorliegenden Fall nicht vereinbart.
  5. Auch ein Beschluss der Eigentümer, neue Wohnungsabschlusstüren anstelle in limbabrauner künftig in weißer Ausführung zu gestalten, beinhaltet eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums. Wohnungsabschlusstüren gehören jedenfalls mangels abweichender Vereinbarungsregelung in einer Teilungserklärung zum Gemeinschaftseigentum (vgl. auch Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 3. Auflage, Rn. 61, 65). Auch wenn die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft nicht in Frage steht, ist ein Mehrheitsbeschluss über eine solche bauliche Veränderung nicht ausreichend und bedarf grundsätzlich der allseitigen Zustimmung, es sei denn, durch die Veränderung des Zustands werden die Rechte nicht zustimmender Eigentümer nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Vorliegend war eine solche Beeinträchtigung zu verneinen, auch wenn als Folge des zukunftsorientierten Beschlusses eine gewisse Übergangszeit die Treppenhaustüren in unterschiedlicher Farbgestaltung vorhanden sein sollten. Weitergehende Beeinträchtigungen, Verschlechterungen oder gar Verunstaltungen des Gebäudeeindrucks waren zu verneinen. Auch eine zwischenzeitliche Farbänderung ist nicht als beeinträchtigender Nachteil zu werten.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 08.08.2002, 2Z BR 5/02, NZM 20/2002, 869)

Anmerkung

Was im Fall auszutauschender Wohnungsabschlusstüren eine mitbeschlossene außenseitige Farbänderung betrifft, erscheint mir die objektiv wertende und als nicht wesentlich optisch nachteilig bezeichnete Farbänderung doch als eine sehr großzügige Auffassung des Senats. Besteht gerade im Farbbereich gemeinschaftlicher Bau- und Einrichtungsteile ein anfänglicher status quo und muss hier eine Ausführung bzw. auch Farbe nicht notwendigerweise (im Sinne einer modernisierenden Instandsetzung) geändert werden, müsste m.E. auch die ursprüngliche Ausführungsart und Farbgestaltung weitgehend erhalten bleiben. Dies dürfte umso mehr gelten, wenn sich hier entgegen der Meinung des Senats aus vielleicht objektiver Sicht in Flurbereichen zumindest geraume Zeiten unschöne Farbunterschiede ergeben, wenn hier die Türen in unbestimmtem Zeitraum (kurze Zeitdauer?) umgestaltet werden. Prallen subjektive Empfindungen im Eigentümerkreis aufeinander (Unterfertigender würde eine außenseitig weiße Wohnungsabschlusstüre z.B. einer "Krankenhauszimmertüre" gleichsetzen), müsste nach diesseitigem Dafürhalten der farblichen status-quo-Gegebenheit im Zweifel Vorrang eingeräumt werden (mit Beschlussungültigkeitsfolge im Anfechtungsfall). Sicher muss bei Farbänderungen von ge...

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