Ein Verstoß gegen das Verbot der unbilligen Benachteiligung setzt zunächst voraus, dass einem Wohnungseigentümer Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteile ausgeglichen werden.[1] Darüber hinaus ist erforderlich, dass die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führt, indem die Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden, als den übrigen Wohnungseigentümern.[2]

 
Praxis-Beispiel

Das Klimagerät

Einer der Wohnungseigentümer beabsichtigt die Montage eines Klimageräts im Bereich seines Balkons. Die beiden benachbarten Wohnungen werden entsprechenden Geräuschimmissionen ausgesetzt sein.

Zunächst ist hier zu berücksichtigen, dass die beiden benachbarten Wohnungseigentümer keinen Vorteil von dem Klimagerät haben. Die Baumaßnahme wäre auch mit einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer verbunden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass lediglich die beiden benachbarten Wohnungseigentümer beeinträchtigt sind und keiner der übrigen Wohnungseigentümer.

Allerdings ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass lediglich die Gestattung der Montage eines Klimageräts noch nicht zu einer unbilligen Benachteiligung führt. Ob von dem Klimagerät konkrete Beeinträchtigungen ausgehen (werden), kann typischerweise erst dann beurteilt werden, wenn es in Betrieb genommen wird. Wiederum zu berücksichtigen ist, dass mit dem Beschluss über die Gestattung der Montage eines Klimageräts konkludent auch sein Betrieb gestattet wird.[3]

Da eine etwaige unbillige Beeinträchtigung einzelner Wohnungseigentümer gegenüber anderen nicht zur Beschlussnichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit des Gestattungsbeschlusses führt und insoweit binnen Monatsfrist eine Anfechtungsklage zu erheben ist, innerhalb derer etwaige Beeinträchtigungen nicht erfolgen können (weil das Klimagerät noch nicht montiert bzw. in Betrieb genommen wurde), ist ein potenziell beeinträchtigter Wohnungseigentümer nach Bestandskraft des Beschlusses auf § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG hinsichtlich eines möglichen Unterlassungsanspruchs verwiesen.[4]

Ob dies allerdings im Einzelfall zumutbar ist, dürfte wiederum von den konkreten Maßgaben abhängen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass sich bauliche Veränderungen, die mit Emissionen verbunden sind, erheblich von solchen unterscheiden, die nicht mit Emissionen verbunden sind. Nach diesseits vertretener Auffassung muss daher dem entsprechenden Gestattungsbeschluss zumindest zu entnehmen sein, mit welcher Geräuschentwicklung etwa der Betrieb eines Klimageräts verbunden sein wird, sodass potenziell beeinträchtigte Wohnungseigentümer annähernd abschätzen können, ob sie Immissionen ausgesetzt sein werden.

 
Praxis-Beispiel

Der Balkonanbau

Einer der Wohnungseigentümer beabsichtigt, an seine im ersten Obergeschoss gelegene Wohnung einen Balkon anzubauen. Hierdurch würde es zu einer Verschattung des Wohnzimmers der darunter liegenden Wohnung kommen.

Auch die Gefahr einer Verdunkelung von Räumen im Zuge der Errichtung von Balkonen kann zu einer unbilligen Beeinträchtigung führen.[5] Auch hier wird einem der Wohnungseigentümer allein ein Nachteil zugemutet, der nicht durch den Vorteil der Baumaßnahme ausgeglichen wird, da der Erdgeschosseigentümer schlicht nicht von einem Balkon einer Wohnung im ersten Obergeschoss profitiert.

[3] AG Ludwigshafen, Urteil v. 26.1.2022, 2p C 88/21, ZMR 2022 S. 507.
[4] AG Ludwigshafen, a. a. O.
[5] LG Lüneburg, Urteil v. 31.5.2011, 9 S 75/10, ZMR 2011 S. 830; a. A. AG Hannover, Urteil v. 26.10.2010, 483 C 3145/10, ZMR 2011 S. 334.

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