Leitsatz

Nachbar muss Änderung der Haustür in Doppelhaus-Wohnungseigentum dulden, wenn Teilungserklärung realteilungsähnlichen Zustand vorsieht

 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1 WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Sieht die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung zu Doppelhaus-Wohnungseigentum vor, dass bei Anwendung des WEG und Auslegung der Teilungserklärung in jedem Fall zu berücksichtigen ist, dass die Sondereigentümer der beiden Haushälften so behandelt werden, als ob die Gebäude auf zwei rechtlich selbstständigen, realgeteilten Grundstücken ständen, ist der Einbau einer Haustür, die sich zwar im Stil und durch einen Glaseinsatz, nicht aber in Farbe und Größe von der bereits vorhandenen unterscheidet, ohne Zustimmung des anderen Wohnungseigentümers zulässig.
  2. Die Haustür ist als Abgrenzungseinrichtung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum zwar zwingend Gemeinschaftseigentum (Palandt/Bassenge, WEG, 67. Aufl. § 5 Rz. 6). Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind von anderen Eigentümern nur dann hinzunehmen, wenn ihnen dadurch kein Nachteil erwächst, der über das einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Dabei ist unter einem Nachteil in diesem Sinne jede konkrete, nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung aus objektiver Sicht zu verstehen.
  3. Vorliegend ergibt sich allerdings aus den getroffenen Vereinbarungsregelungen eine Duldungspflicht des Nachbareigentümers, da § 22 Abs. 1 WEG auch in der Weise abbedungen werden kann, dass sich die Zulässigkeit baulicher Veränderungen allein nach allgemeinen nachbarrechtlichen Vorschriften des Privatrechts und des öffentlichen Rechts zu richten habe (vgl. BayObLG in ständiger Rechtsprechung seit 1993). Unabhängig von der Frage einer etwaigen Abbedingung der gesetzlichen Regelung wurde jedenfalls vorliegend kraft Vereinbarung Eigentümern ein zusätzlicher, über die WEG-Regelung hinausgehender Gestaltungsspielraum auch für bauliche Veränderungen eingeräumt. Kann man sogar Bestimmungen des § 22 Abs. 1 WEG durch Vereinbarung ändern, muss es auch als ein Minus demgegenüber zulässig sein, einen Maßstab vorzusehen, welcher Duldungspflichten bestimmt, jedenfalls bis zur Grenze verunstaltender baulicher Veränderungen (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, ZMR 2006, 142, 144). Diese Grenze hat der ändernde Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht überschritten.
Anmerkung

In einer früheren Entscheidung des BayObLG wurde allerdings bei einer ähnlichen Regelung in der Gemeinschaftsordnung ein pergolaartiger Überbau einer sondergenutzten EG-Wohnungsterrasse als nicht duldungspflichtig angesehen. Auf jeden Fall empfehlen sich in Gemeinschaftsordnungen insbesondere von Reihenhäusern und Doppelhaushälften klare Vereinbarungsregelungen, in welchem Umfang bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum einzelner Häuser vorgenommen werden dürfen. Sich etwa nur auf eine optisch-ästhetische Verunstaltung zu berufen, ist oftmals nur ein sehr subjektives Argument, welches einer weitgehenden richterlichen Ermessensentscheidung in eigener, objektivierender Wertung unterliegt und im Ergebnis oftmals kaum vorhersehbar ist.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt a.M. v. 30.6.2008, 20 W 222/06

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