Änderung des WEG und BGB

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 17.5.2023 sieht als privilegierte bauliche Veränderung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 WEG-E solche, die "der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte" dienen, vor. Für das Mietrecht wird die Bestimmung des § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB-E entsprechend erweitert.

Unter Steckersolargeräten werden gemäß den technischen Normen des VDE/FNN derzeit kleine Photovoltaik-Anlagen bis maximal 600 Watt Wechselrichterleistung verstanden. Konkretisierende technische Vorgaben enthält der Entwurf nicht, da sie sich angesichts des technischen Fortschritts und sich ändernder Normen und Definitionen schnell als überholt erweisen können.

Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion vom 23.5.2023 sieht als privilegierte bauliche Veränderung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 WEG-E solche, die "der Nutzung von steckerfertigen Photovoltaik-Anlagen auf und an einem ausschließlich selbst genutzten Balkon oder einer ausschließlich selbst genutzten Terrasse" dienen, vor. Wiederum entsprechend soll § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB-E für den Bereich des Mietrechts erweitert werden.

Konkret würden die Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Gestattung der Montage einer Steckersolaranlage entweder im Bereich ihres Balkons oder ihrer Terrasse haben.

 
Wichtig

Anspruch auf Gestattung der Montage

Das Ermessen der Wohnungseigentümer hinsichtlich des "Ob" der Gestattung wird regelmäßig auf Null reduziert sein. Begehrt also ein Wohnungseigentümer die Gestattung der Montage eines Balkonkraftwerks und erreicht der entsprechende Beschlussantrag nicht die erforderliche Mehrheit, wird eine Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erfolgreich sein.

Bezüglich des "Wie" der Maßnahme ist den Wohnungseigentümern im Rahmen der Beschlussfassung allerdings ein Ermessen eingeräumt. Bezüglich möglicher konkreter Vorgaben im entsprechenden Gestattungsbeschluss kann insoweit auf die Ausführungen in Kap. 3.4 verwiesen werden.

Montage ohne Gestattungsbeschluss

Allein die Ausgestaltung als privilegierte bauliche Veränderung lässt die erforderliche Beschlussfassung nicht entfallen. Stets ist es Sache des Wohnungseigentümers, der eine nicht in der Gemeinschaftsordnung gestattete bauliche Veränderung beabsichtigt, einen Gestattungsbeschluss gegebenenfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeizuführen, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird.[1]

 
Hinweis

Jede bauliche Veränderung muss beschlossen werden

Jede von einem einzelnen Wohnungseigentümer beabsichtigte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums bedarf eines legitimierenden Beschlusses, auch wenn kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden. Für den bauwilligen Wohnungseigentümer hat der legitimierende Beschluss den Vorteil, dass er, ebenso wie eventuelle Rechtsnachfolger, durch dessen Bestandskraft Rechtssicherheit hat.[2]

Auch eine "Dolo-Agit"-Einrede (salopp: "Du darfst mir nicht nehmen, was Du mir ohnehin geben musst") dürfte im Beseitigungsprozess nicht erfolgreich zu erheben sein.[3] Freilich aber wird die Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten bleiben, ob die Einrede dann erfolgreich erhoben werden kann, wenn bereits ein durch Beschluss gestattetes Balkonkraftwerk vorhanden ist und ein Wohnungseigentümer eine weiteres in optisch vergleichbarer Ausführung ohne Gestattungsbeschluss montiert.

 
Praxis-Tipp

Grundsatzbeschluss herbeiführen

Derartige Unsicherheiten und Stolpersteine können von vornherein dadurch vermieden werden, dass ein Grundsatzbeschluss gefasst wird, wonach den Wohnungseigentümern die Montage von Balkonkraftwerken unter eindeutigen Vorgaben gestattet ist.

Ohnehin kann jeder Wohnungseigentümer aus Gründen der Gleichbehandlung die Gestattung der Montage eines Balkonkraftwerks verlangen. Insoweit wird auf die Beschlussmuster in Kap. 3.4 verwiesen. Auch wenn sämtliche Balkone und Terrassen über eine derartige Solaranlage verfügen, führt dies nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage. Hier gilt vielmehr: Je mehr Balkonkraftwerke montiert sind, desto einheitlicher das Gesamterscheinungsbild.

 
Hinweis

Vermietete Eigentumswohnung

Auch Mietern soll durch Erweiterung von § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Erlaubnis der Montage von Balkonkraftwerken gegen ihre Vermieter verliehen werden. Für vermietende Wohnungseigentümer gilt es insoweit zu beachten, dass die vermieterseitige Erlaubnis den wohnungseigentumsrechtlich erforderlichen Gestattungsbeschluss nicht ersetzt. Ein solcher muss also herbeigeführt werden. Wird allerdings sinnvollerweise ein Grundsatzbeschluss über die Gestattung der Montage von Balkonkraftwerken gefasst, besteht diese Hürde für vermietende Eigentümer nicht mehr.

[2] BGH, a. a. O.; BT-Drs. 19/18791 S. 62.
[3] Offengelassen von BGH, a. a. O.; "Dolo-Agit"-Einrede allerdings na...

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