Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung nach Einigungsvertrag. Beteiligung der Personalvertretung

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 13; Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 1, 4 Ziff. 3; PersVG-DDR §§ 7, 72, 79, 108; PersVG-Berlin §§ 9, 79, 84, 87 Nr. 9

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 25.03.1993; Aktenzeichen 4 Sa 137/92)

ArbG Berlin (Urteil vom 07.09.1992; Aktenzeichen 22 Ca 12599/92)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 25. März 1993 – 4 Sa 137/92 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 3 Einigungsvertrag (fortan: Abs. 4 Ziff. 3 EV) gestützten ordentlichen Kündigungen.

Die im Jahre 1949 geborene Klägerin war seit 1981 am Institut für Lehrerbildung „…” (IfL) als Fachlehrerin beschäftigt. Diese Ausbildungsstätte für Lehrer unterer Klassen wurde nach Art. 13 EV auf den Beklagten überführt.

Nach § 2 Abs. 7 Ziff. 7 der Verordnung über die Vereinheitlichung des Berliner Schulrechts vom 20. Juni 1991 gilt für das Institut für Lehrerbildung folgende Regelung:

„a) Der Bildungsgang „Unterstufenlehrer” läuft zum Ende des Schuljahres 1991/92 aus. Wer die Abschlußprüfung am Ende des Schuljahres 1991/92 nicht besteht, kann sie zum nächstmöglichen Zeitpunkt einmal wiederholen. Der Bildungsgang dauert für Studierende der Matrikel 1988 sieben Semester, für Studierende der Matrikel 1989 sechs Semester. Wer die Abschlußprüfung besteht, ist befähigt, das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule für die Lehrämter mit Ausnahme des Lehramts des Studienrats aufzunehmen (fachgebundene Hochschulreife).

b) Der Bildungsgang „Heimerzieher” läuft zum Ende des Schuljahres 1991/92 aus. Wer die Abschlußprüfung am Ende des Schuljahres 1991/92 nicht besteht, kann sie zum nächstmöglichen Zeitpunkt einmal wiederholen.”

Im Oktober 1991 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin ab 1. Januar 1991 als Fachschullehrerin am IfL weiterverwendet wurde und sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) richtete.

Am 26. Februar 1992 wurde die Auflösung des IfL vom zuständigen Staatssekretär verfügt. In der Folgezeit konnten nur noch vor dem 1. Januar 1991 begonnene Ausbildungen abgeschlossen werden. Die letzten Prüfungen endeten im Juli 1992.

Der Senator für Schule, Berufsbildung und Sport des Beklagten hatte im Februar 1991 den amtierenden Abteilungsleiter L. als seinen geschäftsplanmäßigen Vertreter beauftragt, alle arbeitsrechtlichen Maßnahmen bei einer Auflösung des IfL durchzuführen, und ihn ermächtigt, Befugnisse auch auf Unterbevollmächtigte zu übertragen. Der amtierende Abteilungsleiter L. beauftragte die Verwaltungsangestellte Z., die wegen der Auflösung des IfL anstehenden Kündigungen verwaltungstechnisch vorzubereiten und das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren durchzuführen, nachdem er oder sein Vertreter die Entwürfe genehmigt hätten.

Im Falle der Klägerin zeichnete der amtierende Abteilungsleiter am 4. März 1992 einen Kündigungsentwurf ab. Diesen mit dem späteren Kündigungsschreiben übereinstimmenden Entwurf übersandte die Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport am 17. März 1992 an den Personalrat des IfL. Sie teilte mit, der Entwurf sei als Antrag zu betrachten, der Personalrat werde daher um Mitwirkung und Mitbestimmung nach den personalvertretungsrechtlichen Vorschriften gebeten. Das Schreiben weist die Verwaltungsangestellte Z. als „Bearbeiter” aus und ist von ihr „Im Auftrag” unterschrieben. Dieses Schreiben ging dem Personalrat am 23. März 1992 zu.

Mit Schreiben vom 31. März 1992 erklärte der Personalrat, er lehne die Kündigung ab. Zur Begründung führte er aus:

„Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, denn Frau S. ist alleinstehend.

Der Nachweis, daß die „bisherige Verwendung oder eine anderweitige nicht mehr möglich ist” (vgl. angegebene gesetzt. Grundlage – Einigungsvertrag) ist durch den fortbestehenden Arbeitgeber, das Land Berlin, nicht erbracht.”

Die Senatsverwaltung antwortete mit einem Schreiben vom 7. April 1992, dessen Form dem Schreiben vom 17. März 1992 entspricht, wie folgt:

„Ihre Einwände gegen die von uns beabsichtigten Kündigungen haben wir überprüft. Sie stehen dem Ausspruch der Kündigungen nicht entgegen.

Die Kündigungen werden nunmehr ausgesprochen bis auf die Kündigungen für die Schwerbehinderten, für die noch Verhandlungsgespräche mit einem Mitarbeiter der Hauptfürsorgestelle stattfinden werden …”

Mit einem vom amtierenden Abteilungsleiter L. unterzeichneten Schreiben vom 9. März 1992 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. Juli 1992 wegen ersatzloser Auflösung der Beschäftigungsstelle.

Gegen die ihr am 13. April 1992 zugegangene Kündigung erhob die Klägerin mit Schreiben vom 25. April 1992 „Widerspruch”. Sie forderte u.a. die Vorlage einer Vollmachtsurkunde für den Unterzeichner des Kündigungsschreibens. Dieses Schreiben ging beim Beklagten am 28. April 1992 ein.

Mit Schreiben vom 24. Juni 1992, das der Klägerin am 1. Juli 1992 zuging, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin erneut zum 31. Juli 1992, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin. Dieses Kündigungsschreiben ist vom Staatssekretär unterzeichnet.

Mit der am 28. April 1992 beim Arbeitsgericht eingereichten Kündigungsschutzklage macht die Klägerin – nach zwischenzeitlicher Klagerweiterung – die Unwirksamkeit der Kündigungen geltend. Sie ist der Auffassung, die Sonderkündigungstatbestände des Einigungsvertrages seien nach Abschluß des neuen Arbeitsvertrages vom Oktober 1991 nicht mehr anwendbar. Deshalb hätte das Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen nach § 87 Ziff. 9 PersVG Berlin beachtet werden müssen. Der Beklagte hätte eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit an allgemein- und berufsbildenden Schulen prüfen müssen.

Der Beklagte habe nicht allen Angehörigen des IfL gekündigt, bei der Auswahl der anderweitig Übernommenen seien die sozialen Belange der Klägerin nicht beachtet worden. Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Das Verfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet, durchgeführt und abgeschlossen worden.

Die weitere Kündigung vom 24. Juni 1992 sei wegen fehlender Beteiligung des Personalrats unwirksam.

Die Klägerin hat beantragt

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Beklagten nicht durch die ordentliche Kündigung vom 9. März 1992 und auch nicht durch die Kündigung vom 24. Juni 1992 aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;
  2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, der Arbeitsvertrag vom Oktober 1991 habe das Arbeitsverhältnis lediglich auf eine neue – tarifliche – Grundlage gestellt. Auf Versetzungsmöglichkeiten komme es bei der Kündigung wegen ersatzloser Auflösung der Beschäftigungsstelle nicht an. Verfügbare freie Steilen seien auch nicht vorhanden gewesen. Da allen Mitarbeitern des IfL gekündigt worden sei, sei eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten nicht in Frage gekommen. Die Mitwirkung des Personalrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Der amtierende Abteilungsleiter habe durch die Abzeichnung des Kündigungsentwurfs die Entscheidung zur Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens verantwortlich getroffen und nach Abschluß des Verfahrens auch über den Ausspruch der Kündigung entschieden. Der Personalrat sei von vornherein darüber unterrichtet gewesen, in welcher Funktion die Sachbearbeiterin Z. tätig geworden sei, und habe dagegen keine Bedenken erhoben. Aus dem Schreiben vom 7. April 1992 an den Personalrat gehe hervor, daß dessen Einwendungen geprüft worden seien und der Kündigung wegen ersatzloser Auflösung der Beschäftigungsstelle nicht entgegenstünden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Klaganträgen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Kündigungsschutzklage nicht stattgegeben werden. Eine Entscheidung über die Wirksamkeit der angefochtenen Kündigungen ist dem Senat nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht möglich. Die Sache ist deshalb zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Kündigung vom 9. März 1992 sei nach § 79 Abs. 4 PersVG-DDR unwirksam, weil der zuständige Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Es bestünden bereits Bedenken, ob das Beteiligungsverfahren überhaupt ordnungsgemäß eingeleitet worden sei, weil gegenüber dem Personalrat nicht der Dienststellenleiter oder der allgemein beauftragte amtierende Leiter der Abteilung 1, sondern die Verwaltungsangestellte Z. gehandelt habe. In jedem Falle sei das Beteiligungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil die beabsichtigte Kündigung entgegen § 72 Abs. 1 PersVG-DDR nicht mit dem Personalrat erörtert worden sei. Da der Personalrat ausdrücklich Bedenken gegen die Kündigung erhoben habe, hätten diese mit ihm erörtert werden müssen. Das Schreiben vom 7. April 1992 sei hierfür unzureichend gewesen. Schließlich sei dieses Schreiben auch nicht als ordnungsgemäßer Abschluß des Beteiligungsverfahrens nach § 72 Abs. 3 PersVG-DDR zu bewerten, denn mit diesem Schreiben seien dem Personalrat keine Gründe mitgeteilt worden.

Die Kündigung vom 24. Juni 1992 sei unwirksam, weil zu dieser Kündigung der Personalrat überhaupt nicht angehört worden sei. Dementsprechend sei der Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verpflichtet.

B. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, daß das PersVG-Berlin auch im Ostteil der Stadt mit verschiedenen Maßgaben gilt (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 28. September 1990 – GVBl. S. 2119 – in Verbindung mit dessen Anlage 2 Abschnitt VI Nr. 5; § 6 Nr. 4 a des Zweiten Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 10. Dezember 1990 – GVBl. S. 2289) und nach Maßgabe 4 „für eine Kündigung nach dem Einigungsvertrag die Beteiligungsrechte des Gesetzes zur sinngemäßen Anwendung des Bundespersonalvertretungsgesetzes weiterhin Anwendung finden”. Ferner ist es zutreffend davon ausgegangen, die Kündigung vom 9. März 1992 sei eine solche nach dem Einigungsvertrag. Der Beklagte hat die Kündigung ausdrücklich auf Abs. 4 Ziff. 3 EV gestützt. Die Klägerin war am 3. Oktober 1990 in der öffentlichen Verwaltung der DDR im Sinne von Abs. 1 EV beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom Oktober 1991 stellte das Arbeitsverhältnis lediglich auf eine neue Grundlage (vgl. BAGE 75, 284 und 75, 280 = AP Nr. 10 und 11 zu Art. 20 Einigungsvertrag).

II. Danach hatte der Personalrat des IfL bei der Kündigung der Klägerin gem. § 79 Abs. 1 PersVG-DDR mitzuwirken. Die Kündigung bedurfte nicht etwa nach §§ 79 Abs. 1, 87 Nr. 9 PersVG-Berlin seiner vorherigen Zustimmung. Wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls richtig erkannt hat, greift jedoch die Unwirksamkeitsfolge der §§ 79 Abs. 4, 108 Abs. 2 PersVG-DDR nicht nur bei unterbliebener, sondern grundsätzlich auch bei fehlerhafter Beteiligung des Personalrats ein (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. nur Urteil des Zweiten Senats vom 29. September 1983 – 2 AZR 179/82 – AP Nr. 1 zu § 79 BPersVG, zu A V der Gründe, mit weiteren Nachweisen; zuletzt Senatsurteil vom 14. Dezember 1995 – 8 AZR 356/94 – AP Nr. 66 zu Anlage I Kap. XIX Einigungsvertrag, zu B I 2 der Gründe).

III. Die Kündigung ist entgegen (er Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht wegen einer mangelhaften Vertretung der Dienststelle im Beteiligungsverfahren unwirksam.

1. Fanden nach § 6 Nr. 4 a des Zweiten Vereinheitlichungsgesetzes vom 10. Dezember 1990 die Beteiligungsrechte des PersVG-DDR für Kündigungen nach dem Einigungsvertrag weiterhin Anwendung, so betraf dies schon nach dem Gesetzeswortlaut das Beteiligungsrecht insgesamt. Es ging nicht lediglich darum, die Qualität des Beteiligungsrechts dem PersVG-DDR und die Beteiligung im übrigen dem PersVG-Berlin zu entnehmen. Beteiligungsrecht bedeutet das Recht des Personalrats, in bestimmter Art und Weise beteiligt zu werden. Die gesetzliche Regelung über die Beteiligung (das Beteiligungsverfahren) ist hiervon mitumfaßt. Sie bestimmt gerade Art und Weise, Umfang und Bedeutung des anwendbaren Beteiligungsrechts. Wenn etwa § 79 Abs. 1 PersVG-DDR dem Personalrat Einwendungen gegen die Kündigung gestattete, so war deren Behandlung eine Frage des Beteiligungsrechts des Personalrats. Daher mußte die Beteiligung dem § 72 PersVG-DDR, nicht dem § 84 PersVG-Berlin entnommen werden. Ebenso war es eine Frage des Beteiligungsrechts in diesem Sinne, wer dem Personalrat als Gesprächs- und Verhandlungspartner gegenübertrat. Auch hiernach bestimmten sich Umfang und Bedeutung des Beteiligungsrechts des Personalrats. Die Vertretung der Dienststelle war daher im Streitfalle nach § 7 PersVG-DDR, nicht nach § 9 PersVG-Berlin zu beurteilen.

Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des Zweiten Vereinheitlichungsgesetzes vom 10. Dezember 1990. Die Beteiligung des Personalrats richtete sich im Ostteil Berlins bis zum Inkrafttreten des Vereinheitlichungsgesetzes vom 28. September 1990 nach dem PersVG-DDR. Offensichtlich ging die Beteiligung des Personalrats dem Landesgesetzgeber für Kündigungen nach dem Einigungsvertrag zu weit, so daß für diese Kündigungen der alte Rechtszustand wiederhergestellt werden sollte. Schon deswegen kommt dem Argument des Landesarbeitsgerichts, das im PersVG-DDR geregelte Beteiligungsverfahren sei nicht auf die Berliner Verhältnisse zugeschnitten gewesen, keine Bedeutung zu (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 1996 – 8 AZR 868/93 –, unveröffentlicht).

2. Nach § 7 Abs. 1 PersVG-DDR handelt für die Dienststelle ihr Leiter. Er kann sich bei Verhinderung durch seinen ständigen Vertreter vertreten lassen. Bei obersten Dienstbehörden kann er auch den Leiter der Abteilung für Personal- und Verwaltungsangelegenheiten, bei Oberbehörden ohne nachgeordnete Dienststellen und bei Behörden der Mittelstufe auch den jeweils entsprechenden Abteilungsleiter zu seinem Vertreter bestimmen. Das gleiche gilt für sonstige Beauftragte, sofern der Personalrat sich mit dieser Beauftragung einverstanden erklärt.

Das Tätigwerden eines „sonstigen Beauftragten” setzt eine Verhinderung des Dienststellenleiters voraus. Ist der Dienststellenleiter tatsächlich nicht verhindert, so führt dieser Mangel gleichwohl nicht zur Unwirksamkeit einer Kündigung, wenn der Personalrat im Laufe des Beteiligungsverfahrens das Tätigwerden des sonstigen Beauftragten nicht rügt (BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 2 AZR 743/94 – AP Nr. 8 zu § 79 BPersVG, zu II 2 b, c der Gründe; BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 2 AZR 423/94 – n.v., zu II 1 der Gründe). Der Schutzzweck des § 79 Abs. 4 PersVG-DDR erfordert nicht, auch dann die Unwirksamkeit der Kündigung anzunehmen, wenn der Personalrat bei im übrigen ordnungsgemäßer Information das Vorliegen eines Verhinderungsfalles nicht in Zweifel gezogen hat (BAG a.a.O.). Ebensowenig ist bei unterbliebener Rüge der Personalvertretung das Fehlen einer besonderen Erklärung ihres Einverständnisses individualrechtlich von Belang.

3. Es bestehen keine Bedenken, die Verwaltungsangestellte Z. als sonstige Beauftragte im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 4 PersVG-DDR anzusehen. Denn der geschäftsplanmäßige Vertreter des Senators hatte Frau Z. entsprechend dem ihm selbst erteilten Auftrag mit der Durchführung des Beteiligungsverfahrens beauftragt.

Es kommt nicht darauf an, ob der Dienststellenleiter verhindert war, das Beteiligungsverfahren einzuleiten und durchzuführen, denn der Personalrat zog dieses nicht in Zweifel. Der Personalrat hatte nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob er die für den Dienststellenleiter handelnde sonstige Beauftragte als kompetente Gesprächspartnerin akzeptieren wollte. Da er weder Zweifel am Vorliegen eines Verhinderungsfalles geltend gemacht noch dem Tätigwerden der Beauftragten aus anderen Gründen widersprochen hat, ist ein etwaiger Mangel der Vertretung des Dienststellenleiters auch im Außenverhältnis unbeachtlich.

IV. Ob der Beklagte seiner Verpflichtung genügt hat. Gründe für das Festhalten am Kündigungsentschluß anzugeben, kann dahingestellt bleiben. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht hätte jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung geführt.

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Beteiligungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden. Dabei ist es zutreffend von § 72 Abs. 3 PersVG-DDR ausgegangen, der wie folgt lautet: „Entspricht die Dienststelle den Einwendungen des Personalrates nicht oder nicht in vollem Umfange, so teilt sie dem Personalrat ihre Entscheidung unter Angabe der Gründe schriftlich mit.” Die Dienststelle muß also ein Festhalten am Kündigungsentschluß gegenüber dem Personalrat schriftlich begründen.

2. Die Verpflichtung nach § 72 Abs. 3 PersVG-DDR besteht auch dann, wenn keine übergeordnete Dienststelle mehr besteht. In diesem Falle führt jedoch ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. § 72 Abs. 3 PersVG-DDR ist im Zusammenhang mit § 72 Abs. 4 PersVG-DDR zu sehen, der dem Personalrat einer nachgeordneten Stelle die Möglichkeit gibt, die Angelegenheit binnen drei Arbeitstagen nach Zugang der Mitteilung den übergeordneten Dienststellen mit dem Antrag auf Entscheidung vorzulegen. Ist die zur Unterrichtung verpflichtete Dienststelle die oberste Dienstbehörde, so entfällt die Möglichkeit, eine übergeordnete Dienststelle mit der Angelegenheit zu befassen (BAG Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 909/94 – AP Nr. 48 zu § 519 ZPO, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2 b der Gründe, im Anschluß an BVerwG Urteil vom 26. Juli 1984 – 1 D 57.83 – BVerwGE 76, 181, 183). Im Streitfalle handelte die oberste Dienstbehörde, so daß die Anwendung von § 79 Abs. 4 PersVG-DDR wegen der gerügten Formverletzung nicht in Betracht kommt (so auch Senatsurteil vom 18. Januar 1996 – 8 AZR 868/93 –, n.v.).

V. Ob das Beteiligungsverfahren im übrigen ordnungsgemäß abgeschlossen worden ist, kann nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht beurteilt werden.

1. Eine Erörterung der beabsichtigten Kündigung gemäß § 72 Abs. 1 PersVG-DDR hat nicht stattgefunden. Die schriftliche Unterrichtung des Personalrats über die beabsichtigte Kündigung mit dem Ziel, den Mitwirkungsvorschriften zu genügen, die schriftlich begründete Ablehnung der Kündigung durch den Personalrat und die anschließende Mitteilung nach § 72 Abs. 3 PersVG-DDR stellen noch keine Erörterung dar. Zumindest hätte der Personalrat erklären müssen, er wolle die schriftlichen Stellungnahmen als Erörterung genügen lassen (vgl. BVerwGE 76, 181, 182 f.; BVerwG Beschluß vom 27. Januar 1995 – 6 P 22.92 – PersR 1995, 185 ff., 187).

2. Ob eine (mündliche) Erörterung vor Ausspruch der Kündigung erfolgen mußte, bedarf noch der Klärung.

Die Erörterung kann nicht nur dann entfallen, wenn der Personalrat keine Einwände gegen die beabsichtigte Maßnahme erhebt oder überhaupt von einer Äußerung absieht und damit die Maßnahme billigt, sondern es liegt generell in der Hand des Personalrats, ob es zu einer Erörterung kommt. Der Personalrat kann auch dann auf eine (weitere) Erörterung verzichten, wenn er Einwendungen erhebt (vgl. auch BAG Urteil vom 5. Oktober 1995, a.a.O., zu II 2 c der Gründe, m.w.N.). Die Erörterung muß zumindest konkludent verlangt werden, andernfalls besteht für den öffentlichen Arbeitgeber kein Anlaß, über die schriftliche Darstellung der Maßnahme und ihrer Gründe hinaus eine Beratung aufzunehmen (vgl. auch Altvater u.a., BPersVG, 3. Aufl., § 72 Rz 8, wonach der Personalrat dem Dienststellenleiter innerhalb der Äußerungsfrist mitzuteilen hat, ob er eine Erörterung für erforderlich hält).

Das Landesarbeitsgericht muß daher noch aufklären, ob in dem Schreiben des Personalrats vom 31. März 1992 das Verlangen einer Erörterung im Sinne von § 72 Abs. 1 und 2 PersVG-DDR zum Ausdruck kam. Der Senat kann diese Frage nicht selbst beantworten, weil es für die Auslegung auch auf die tatsächliche Übung in der betreffenden Verwaltung ankommt.

C. Sofern das Landesarbeitsgericht nicht wieder zur Unwirksamkeit der Kündigung aus personalvertretungsrechtlichen Gründen gelangt, werden die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Kündigung zu prüfen sein. Weil die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil insoweit nicht vollständig sind und eine rechtliche Beurteilung – konsequent – ganz unterblieben ist, entziehen sie sich einer revisionsrechtlichen Überprüfung.

D. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist auch hinsichtlich der Verurteilung zur unveränderter Weiterbeschäftigung aufzuheben und zur anderweiten Verhandlung zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat in Abhängigkeit von seiner erneuten Entscheidung zum Kündigungsschutzantrag auch über den Weiterbeschäftigungsantrag neu zu befinden. Bis dahin besteht nach dem klagabweisenden Urteil des Arbeitsgerichts keine Verpflichtung des Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung.

 

Unterschriften

Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Ma. Schallmeyer, E. Vesper

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1083570

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