Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erklärt eine Partei schriftsätzlich oder zur Protokoll, sie stimme der Zulassung einer Sprungrevision zu, so bedeutet das noch nicht, daß sie auch schon der Einlegung einer Sprungrevision gemäß § 76 Abs 1 ArbGG zustimmen will.

2. Ob die dem Revisionsgericht vorzulegende Zustimmungserklärung (§ 76 Abs 1 Satz 3 ArbGG) vom Rechtsmittelgegner eigenhändig unterschrieben sein muß (so BGH 05.07.1984, I ZR 102/83 = NJW 1984, 2890), oder ob die Vorlage einer unbeglaubigten Fotokopie genügt (so BSG 13.02.1964, 3 RK 94/59 = BSGE 20, 154), bleibt offen.

 

Normenkette

ZPO §§ 234, 286; ArbGG § 76

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 12.03.1986; Aktenzeichen 3 Ca 6212/85)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Bauunternehmen, für das der Tarifvertrag für den Vorruhestand im Baugewerbe vom 26. September/12. Dezember 1984 (VorruhestandsTV) gilt. Der Nebenintervenient war bei der Klägerin als Bauingenieur tätig. Er teilte ihr mit, er wolle nach Vollendung seines 64. Lebensjahres ab 1. März 1985 von der Vorruhestandsregelung Gebrauch machen. Die Klägerin stimmte dem zu und übersandte der beklagten Zusatzversorgungskasse den tariflich vorgesehenen "Wartezeitnachweis" und einen "Anerkennungsantrag". Mit dem Nebenintervenienten schloß sie am 13. März 1985 eine Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis am 28. Februar 1985 endete. Seit dem 1. März 1985 zahlte sie dem Nebenintervenienten monatlich 4.050,-- DM Vorruhestandsgeld. Einschließlich weiter ausgezahlter Arbeitgeberanteile zu zwei befreienden Lebensversicherungen und zur Krankenversicherung des Nebenintervenienten zahlte die Klägerin in der Zeit von März bis August 1985 insgesamt 27.695,94 DM.

Die Beklagte lehnte es ab, der Klägerin diese Leistungen zu erstatten. Zur Begründung verwies sie auf den Versicherungs- und Versorgungsverlauf des Nebenintervenienten. Dieser hatte nach Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bis zum 23. Januar 1985 eine für die Rentenversicherung anrechnungsfähige Versicherungszeit von 418 Monaten erworben. Von den Beitragszeiten hatte er in 191 Monaten Pflichtbeiträge und in 106 Monaten freiwillige Beiträge geleistet, u.a. auch für die Zeit nach dem 1. Januar 1968, für die er von der Versicherungspflicht befreit war. Die Rentenanwartschaft des Nebenintervenienten aus der gesetzlichen Rentenversicherung betrug am 23. Januar 1985 1.587,70 DM monatlich.

In der Zeit nach seiner Befreiung von der Versicherungspflicht bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (206 Monate) zahlte der Nebenintervenient Prämien auf zwei befreiende Lebensversicherungen. Schlußtag beider Versicherungen war der 1. Januar 1986, Schlußalter 65 Jahre. Von diesem Zeitpunkt an beträgt die monatliche Gesamtrente aus beiden Versicherungen maximal 916,-- DM; bei einer Vorverlegung des Schlußalters auf den 1. April 1985 hätte der Nebenintervenient eine Rente von monatlich 838,63 DM erwarten können.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihr die Zahlungen, die sie an den Nebenintervenienten geleistet habe, erstatten. Der Nebenintervenient habe einen tarifvertraglichen Anspruch auf das Vorruhestandsgeld. Die Beklagte hafte zumindest deshalb, weil sie erst verspätet mit Schreiben vom 25. Oktober 1985 mitgeteilt habe, daß ein Erstattungsanspruch nicht anerkannt werde.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

27.695,94 DM nebst 4 % Zinsen seit dem

29. November 1985 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, der Nebenintervenient müsse sich auf die beiden befreienden Lebensversicherungen verweisen lassen. Wäre er bis zu seinem Ausscheiden bei der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung verblieben, so hätte er schon deshalb keinen tariflichen Anspruch auf Vorruhestandsgeld gehabt, weil er mit der Vollendung des 63. Lebensjahres flexibles Altersruhegeld hätte verlangen können. Er könne jetzt nicht deshalb günstiger stehen, weil er seine Versorgung auf gesetzliche Renten- und Lebensversicherungsleistungen aufgeteilt habe.

Im Anschluß an die erste mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 5. Februar 1986 hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Februar 1986 ausgeführt:

"Die Klägerin stimmt einem von der Beklagten zu

stellenden Antrag auf Zulassung der Sprungrevi-

sion gemäß § 76 ArbGG zu."

In der zweiten mündlichen Verhandlung am 12. März 1986 hat die Beklagte beantragt, die Sprungrevision gemäß § 76 ArbGG zuzulassen. Weiter heißt es dazu im Protokoll des Arbeitsgerichts:

"Der Klägervertreter verweist auf die bereits

schriftlich gegebene Zustimmung hierzu."

Mit seinem Urteil vom 12. März 1986 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Es hat die Sprungrevision im Tenor seiner Entscheidung zugelassen und im Tatbestand des Urteils ausgeführt:

"Die Klägerin hat dem Antrag des Beklagten auf Zu-

lassung der Sprungrevision mit Schriftsatz vom

18. Februar 1986 zugestimmt."

Die Rechtsmittelbelehrung des Urteils, die auch auf die Zulässigkeit einer Berufung und deren Formalien hinweist, lautet u.a.:

"Gegen dieses Urteil kann die unterlegene Partei

unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar

die Revision einlegen (Sprungrevision), wenn der

Gegner schriftlich zustimmt. Die Zustimmung muß

von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen

Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Die Einlegung der

Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als

Verzicht auf die Berufung."

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 15. April 1986 zugestellt. Diese legte mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 9. Mai 1986 Sprungrevision ein. Am 13. Mai 1986 stellte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten durch Nachfrage beim Bundesarbeitsgericht fest, daß seine Revisionsschrift bisher nicht eingegangen war. Am 14. Mai 1986 ging beim Bundesarbeitsgericht eine vom Beklagtenvertreter persönlich unterzeichnete Revisionsschrift vom 9. Mai 1986 ein. Darin heißt es, die Einwilligung der Gegenseite zur Sprungrevision sei

"in schriftlicher Form bei Stellung des Antrags auf

Zulassung der Revision gegeben worden (siehe das

beigefügte Urteil, S. 14 letzter Absatz; das Sit-

zungsprotokoll des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom

12. März 1986 sowie den in beglaubigter Kopie bei-

gefügten Schriftsatz der Gegenseite vom 18. Februar

1986)".

Diesem Schriftsatz waren die genannten Anlagen jedoch nicht beigefügt.

Am 16. Mai 1986 ging beim Bundesarbeitsgericht nochmals eine gleichlautende, vom Prozeßbevollmächtigten der Beklagten persönlich unterzeichnete Revisionsschrift ein, der eine Kopie des Sitzungsprotokolls vom 12. März 1986 sowie eine Kopie des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 18. Februar 1986 beigefügt waren. Beide Anlagen enthalten keinen Beglaubigungsvermerk. Die Kopie des Schriftsatzes vom 18. Februar 1986 war von einer nicht unterzeichneten Durchschrift gefertigt worden.

Durch Schreiben vom 23. Juli 1986 wies der Senatsvorsitzende den Beklagtenvertreter auf diese Umstände hin und bat ihn zu prüfen, ob eine Rücknahme der Revision zweckmäßig erscheine. Darauf beantragte der Vertreter der Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Juli 1986, eingegangen am 1. August 1986, der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Seine Nachprüfung habe ergeben, daß seine Sekretärin die ordnungsgemäß vorliegenden Anlagen versehentlich der Revisionsschrift nicht beigefügt habe. Dies sei entgegen seiner ausdrücklichen Anweisung aus unerklärlichen Gründen unterblieben. Die Sekretärin sei für ihn seit über 20 Jahren tätig, ohne daß ein derartiges Versehen ein einziges Mal vorgekommen sei. Hieraus ergebe sich, daß er seiner Hinweis- und Überwachungspflicht sorgfältig nachgekommen sei. Etwaige zu versendende Anlagen habe er sich stets in der Unterschriftsmappe mitvorlegen lassen. Dies sei auch im vorliegenden Falle geschehen. Er habe überdies unmißverständlich erklärt, daß "alles nochmal versandt werden müsse", da die ursprüngliche Revisionsschrift noch nicht beim Bundesarbeitsgericht eingegangen gewesen sei. Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten hat hierzu eine eidesstattliche Versicherung der Sekretärin vorgelegt, in der es heißt:

"Die erste Revisionsschrift ist am 9. Mai kurz vor

Mitternacht in den Briefkasten geworfen worden.

Nachdem diese am 13. Mai noch nicht beim Bundes-

arbeitsgericht eingegangen war, hat Herr Dr. K

angeordnet, daß alles noch einmal "vollständig mit

allen Anlagen, so wie in der Revisionsschrift ange-

geben", zu versenden sei. Ich hatte keinen Zweifel,

daß ich die von Herrn Dr. K beglaubigten

Kopien beifügen mußte. Dies ist leider nicht ge-

schehen, weil ich die Kopien versehentlich in die

Akte zurückgelegt hatte."

Zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Vertreter der Beklagten eine weitere persönlich unterzeichnete Revisionsschrift mit dem Datum vom 9. Mai 1986 vorgelegt. Dieser ist die Kopie einer im Original von dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin unterzeichnete Durchschrift des Schriftsatzes vom 18. Februar 1986 beigefügt. Die Kopie trägt die Stempelaufdrucke "Beglaubigte Kopie" sowie "Beglaubigt" mit der Unterschrift des Beklagtenvertreters. Ebenso sind die beigefügten Kopien des Sitzungsprotokolls vom 12. März 1986 und des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom selben Tage beglaubigt.

Mit ihrer Revisionsbegründung rügt die Beklagte die fehlerhafte Anwendung von § 2 des Vorruhestandsgesetzes und § 8 des VorruhestandsTV.

 

Entscheidungsgründe

Die Sprungrevision ist unzulässig.

I. Gem. § 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann gegen das Urteil eines Arbeitsgerichts unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar Revision eingelegt werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn die Sprungrevision vom Arbeitsgericht auf Antrag im Urteil oder nachträglich durch Beschluß zugelassen wird. Ist, wie im vorliegenden Verfahren, die Sprungrevision im Urteil zugelassen, so ist gem. § 76 Abs. 1 Satz 3 ArbGG die Zustimmung des Gegners der Revisionsschrift beizufügen. Die Revision der Beklagten genügt diesen Anforderungen nicht.

1. Die Klägerin hat der Sprungrevision der Beklagten nicht in gehöriger Form zugestimmt.

a) Dem Wortlaut des Schriftsatzes vom 18. Februar 1986 ist nicht zu entnehmen, daß die Klägerin einer Sprungrevision und damit der Übergehung der Berufungsinstanz zustimmen wollte. Ausdrücklich hat die Klägerin nur einem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision zugestimmt, den die Beklagte noch zu stellen hatte. Eine solche Zustimmung ist nach § 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG weder erforderlich noch geeignet, die vom Gesetz verlangte Zustimmung zur Einlegung des Rechtsmittels zu ersetzen.

Wird die Sprungrevision im Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen, so muß der Rechtsmittelgegner Gelegenheit haben zu prüfen und zu entscheiden, ob eine zweite Tatsacheninstanz durchgeführt werden soll (§ 76 Abs. 5 ArbGG) und ob es ratsam erscheint, auf die Möglichkeit von Verfahrensrügen zu verzichten (§ 76 Abs. 4 ArbGG). Erteilt der Rechtsmittelgegner die Zustimmung, so überläßt er es dem Belieben seines unterlegenen Prozeßgegners, den bisher festgestellten Sachverhalt überprüfen zu lassen oder als zutreffend hinzunehmen. Eine verständige Partei wird daher regelmäßig der Einlegung der Sprungrevision erst zustimmen, wenn sie Tatbestand und Entscheidungsgründe des anzufechtenden Urteils prüfen konnte (BSG Beschluß vom 9. Dezember 1975 - 3 RK 67/75 - SozR 1500 § 161 SGG Nr. 3). Demgemäß hat auch das Bundesarbeitsgericht betont, es sei zwar möglich, im Verfahren erster Instanz schon vor Erlaß des Urteils der Einlegung einer Sprungrevision zuzustimmen, etwa zu Protokoll des Gerichts, die Erklärung müsse aber deutlich ergeben, daß nicht nur die Zulassung der Revision beantragt, sondern bereits deren Einlegung durch die Gegenseite zugestimmt werde (BAG 36, 325, 326 = AP Nr. 1 zu § 76 ArbGG 1979, zu II 2 der Gründe, mit Anmerkung von Vollkommer). Mithin können weder ein Antrag auf Zulassung der Sprungrevision noch eine Zustimmung zu diesem Antrag die Zustimmung zur Einlegung des Rechtsmittels ersetzen (vgl. auch BSG Beschluß vom 19. Januar 1976 - 12/3 RK 28/75 - SozR 1500 § 161 SGG Nr. 5; BSG Urteil vom 3. Juni 1981 - 11 RA 4/81 - SozR 1500 § 161 SGG Nr. 29).

b) Im vorliegenden Verfahren haben die Parteien vor dem Senat klargestellt, daß in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 12. März 1986 Übereinstimmung über den unstreitigen Sachverhalt erzielt wurde und nunmehr auch Einigkeit darüber bestand, daß die Sprungrevision das geeignete und allein in Frage kommende Rechtsmittel sei. Danach kann davon ausgegangen werden, daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Arbeitsgerichts vom 12. März 1986 auch der Einlegung der Sprungrevision sowie der Übergehung der Berufungsinstanz zustimmen wollte. Diese im Termin vom 12. März 1986 erreichte Übereinstimmung ist jedoch wirkungslos, weil die Zustimmungserklärung nicht in der vom Gesetz geforderten Schriftform abgegeben wurde (§ 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

Die Schriftform ist nicht durch die Erklärungen der Parteien zu Protokoll des Arbeitsgerichts gewahrt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat die damalige Bevollmächtigte der Beklagten "Zulassung der Sprungrevision gem. § 76 ArbGG" beantragt und der Klägervertreter auf die "bereits schriftlich gegebene Zustimmung hierzu" verwiesen. Beide Erklärungen geben nicht wieder, daß weitergehende Einigkeit erzielt wurde und der Vertreter der Klägerin die Zustimmung erteilen wollte, Sprungrevision einzulegen. In dem Schriftsatz vom 18. Februar 1986, auf den im Protokoll verwiesen ist, hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin nur vorsorglich und noch ohne abschließende Klärung des Sachverhalts allein der Zulassung der Sprungrevision zugestimmt. Eine Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision enthält das Protokoll des Arbeitsgerichts damit nicht.

2. Eine wirksame Zustimmungserklärung der Klägerin zu der Sprungrevision der Beklagten ist auch im Verlaufe des weiteren Verfahrens in der Revisionsinstanz nicht abgegeben worden. Die Beklagte hat, auch nach der Zwischenverfügung des Senatsvorsitzenden, keine schriftliche Zustimmungserklärung der Klägerin beigebracht. Daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin dem Rechtsmittel tatsächlich zugestimmt haben mag, reicht nicht aus. Das Gesetz schreibt vor, daß dem Revisionsgericht eine schriftliche Zustimmungserklärung vorzulegen ist (§ 76 Abs. 1 Satz 3 ArbGG). Daran fehlt es.

II. Der Beklagten kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden.

1. Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 3 ArbGG muß der Revisionsschrift, wenn die Sprungrevision im Urteil zugelassen worden ist, die schriftliche Zustimmung des Gegners beigefügt werden. Es genügt jedoch auch, wenn die Zustimmungserklärung bis zum Ablauf der Revisionsfrist nachgereicht wird. Wird die Vorlage innerhalb der Revisionsfrist versäumt, so ist das Rechtsmittel unzulässig (BAG 31, 397, 403 = AP Nr. 1 zu § 76 ArbGG 1953; BGH NJW 1984, 2890; BSGE 3, 43 f.; BVerwGE 18, 53, 54, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Beklagte hat ihrer Revisionsschrift eine Zustimmungserklärung der Klägerin zur Einlegung der Sprungrevision nicht beigefügt; sie hat eine solche Erklärung auch nicht bis zum Ablauf der Revisionsfrist am 15. Mai 1986 nachgeholt.

2. Ob gegen die Versäumung der fristgerechten Vorlage überhaupt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden kann, ist streitig. Jedenfalls liegt kein formgerechter Antrag vor.

a) Das Bundessozialgericht hat die Auffassung vertreten, eine Wiedereinsetzung komme nicht in Betracht. Es betont den Unterschied zwischen bloßer Fristversäumnis und der Pflicht zur Vorlage der Zustimmungserklärung innerhalb der Frist, die keine Prozeßhandlung sei, sondern eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung der eigentlichen Prozeßhandlung, der Einlegung der Sprungrevision (BSG Urteil vom 15. März 1978 - 1 RA 33/77 - SozR 1500 § 67 SGG Nr. 11). Ob dieser sehr förmlichen Betrachtungsweise gefolgt werden kann, erscheint zweifelhaft. Näher liegt es, die fehlende Beifügung der Zustimmungserklärung ebenso zu bewerten wie einen Mangel der Revisionsschrift selbst und dagegen die Wiedereinsetzung zu eröffnen (vgl. zur fehlenden Unterzeichnung der Revisionsschrift BGH NJW 1962, 1248). Die Frage kann indes auf sich beruhen, da auch das Wiedereinsetzungsgesuch der Beklagten den gesetzlichen Formerfordernissen nicht genügt.

b) Gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 236, 234 ZPO muß der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen zwei Wochen seit Behebung des Hindernisses, das der fristgerechten Vornahme der Prozeßhandlung entgegenstand, gestellt werden. Für die Beklagte begann die Antragsfrist spätestens mit Zugang des gerichtlichen Hinweises vom 23. Juli 1986. Die Beklagte konnte diesem Hinweis entnehmen, daß ihre am 14. Mai 1986 eingegangene Sprungrevision der Form nicht genügte. Hiervon geht der Senat aufgrund der eidesstattlichen Versicherung der Sekretärin aus, die die Weisungen des Beklagtenvertreters auszuführen hatte. Der fristgerecht am 1. August 1986 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag behob gleichwohl den Formfehler nicht. Die schriftliche Zustimmung der Klägerin zur Einlegung der Sprungrevision wurde innerhalb der Antragsfrist nicht nachgereicht.

Bedenken ergeben sich bereits daraus, daß der Vertreter der Beklagten den Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 18. Februar 1986 und das Protokoll des Arbeitsgerichts vom 12. März 1986 lediglich in von ihm selbst beglaubigten Ablichtungen vorgelegt hat. Das Bundessozialgericht hält bereits die Vorlage einer unbeglaubigten Kopie für ausreichend (BSGE 20, 154, 155). Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, die Zustimmung zur Sprungrevision müsse handschriftlich unterzeichnet sein; eine vom Prozeßbevollmächtigten des Rechtsmittelklägers beglaubigte Fotokopie reiche nicht aus (BGH NJW 1984, 2890). Das Bundesarbeitsgericht hat in einem unveröffentlichten Urteil vom 19. September 1985 (- 2 AZR 533/84 -) offengelassen, ob es ausreicht, wenn der Rechtsmittelkläger die Übereinstimmung der vorgelegten Kopie mit der ersten Schrift der Zustimmungserklärung beglaubigt.

Im Streitfall kann die Frage ebenfalls unentschieden bleiben: Selbst wenn es genügt, daß der Prozeßbevollmächtigte der Revisionsklägerin die Zustimmungserklärung des Gegners beglaubigt, kann dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werden, weil die beglaubigte Erklärung selbst nicht geeignet ist, den Nachweis zu erbringen, daß der Rechtsmittelgegner der Einlegung der Sprungrevision zugestimmt hat. Wie bereits näher ausgeführt (oben zu I 1), dokumentieren weder der Schriftsatz des Klägervertreters vom 18. Februar 1986 noch das Protokoll des Arbeitsgerichts vom 12. März 1986 die eindeutige und vorbehaltlose Zustimmung.

Prof. Dr. Dieterich Schaub Griebeling

Halberstadt Dr. Reinfeld

 

Fundstellen

BB 1987, 2028

RdA 1987, 188

AP § 76 ArbGHG 1979 (LT1-2), Nr 7

AR-Blattei, Arbeitsgerichtsbarkeit XC 1979 Entsch 39 (LT1-2)

AR-Blattei, ES 160.10.3 (1979) Nr 39 (LT1-2)

EzA § 76 ArbGG 1979, Nr 5 (LT1-2)

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