Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsanspruch und Mutterschaftsurlaub

 

Orientierungssatz

Nach § 10 Nr 8 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 30.4.1980 erlischt der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, daß er erfolglos geltend gemacht wurde oder daß der Urlaub aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit nicht genommen werden konnte.

 

Normenkette

TVG § 1; MuSchG §§ 8a, 8d; BUrlG § 7 Abs. 4, 3

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 07.05.1985; Aktenzeichen 11 Sa 2039/84)

ArbG Hamm (Entscheidung vom 02.11.1984; Aktenzeichen 1 Ca 1643/84)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 1979 bei der Beklagten als Maschinenarbeiterin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 30. April 1980 (MTV) anzuwenden.

§ 10 Nr. 8 MTV lautet:

"Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach

Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, daß er

erfolglos geltend gemacht wurde oder daß Urlaub

aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit

nicht genommen werden konnte."

Im August 1983 wurde die Klägerin 12 Tage nach Urlaubsantritt in ihrer Heimat Spanien arbeitsunfähig krank, kehrte nach einem Krankenhausaufenthalt am 9. September 1983 zu ihrem Wohnort zurück und war erneut arbeitsunfähig krank.

Am 6. Januar 1984 gebar die Klägerin ein Kind und nahm im Anschluß an die Mutterschutzfristen vom 2. März 1984 bis zum 6. Juli 1984 Mutterschaftsurlaub.

Die Beklagte hat sich geweigert, der Klägerin danach 18 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 1983 zu gewähren mit der Begründung, dieser Anspruch sei wegen Ablaufs des Übertragungszeitraums am 31. März 1984 erloschen.

Die Klägerin hat beantragt, ihr 18 Tage Resturlaub aus dem Jahre 1983 zu gewähren. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagziel weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die von ihr begehrten Urlaubstage nicht zu. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Urlaubsanspruch nach § 10 Nr. 8 MTV erloschen ist. Nach dieser Tarifvorschrift erlischt der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, daß er erfolglos geltend gemacht wurde oder daß der Urlaub aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit nicht genommen werden konnte.

1. Die Klägerin hat den Urlaub erst nach dem 31. März 1984 geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch bereits verfallen, so daß es auf die Weigerung der Beklagten, den Urlaub zu erteilen, nicht mehr ankommt.

2. Der Verfall des Urlaubsanspruchs ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin durch Krankheit daran gehindert gewesen wäre, den Urlaub zu nehmen.

Die Mutterschutzfrist der Klägerin endete am 1. März 1984. Zu diesem Zeitpunkt war sie unstreitig arbeitsfähig. Der Zeitraum bis zum 31. März 1984 hätte ausgereicht, den Urlaubsanspruch zu erfüllen.

Daran ändert nichts, daß die Klägerin im Anschluß an die Mutterschutzfrist den Mutterschaftsurlaub nach § 8 a MuSchG genommen hat. Der erkennende Senat hat bereits mit Urteil vom 14. Mai 1986 (- 8 AZR 498/84 - AP Nr. 3 zu § 8 d MuSchG 1968, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) dargelegt, daß die Nichtverwirklichung des Urlaubs wegen Krankheit und wegen Inanspruchnahme des Mutterschaftsurlaubs nicht miteinander gleichgesetzt werden können. Die Inanspruchnahme von Mutterschaftsurlaub i. S. vom § 8 a MuSchG geschieht im Unterschied zur Erkrankung aufgrund der Entscheidung des Arbeitnehmers. Daran ändert nichts, daß die Klägerin nach § 8 a Abs. 1 Satz 1 MuSchG den Mutterschaftsurlaub im Anschluß an die Schutzfrist antreten mußte, nachdem sie sich hierfür entschieden hatte.

3. Zu Unrecht rügt die Klägerin, das Landesarbeitsgericht hätte prüfen müssen, ob im Mutterschaftsurlaub ein betrieblicher Grund i. S. von § 10 Nr. 8 MTV gesehen werden könne. Das kommt schon deshalb nicht in Frage, weil "betrieblich" nur solche Gründe sein können, die einen Arbeitgeber berechtigen, die Erteilung des Urlaubs bis zum Verfall des Urlaubsanspruchs zu verweigern. Ein solcher Grund ist der Mutterschaftsurlaub nicht.

4. Eine Regelung über den Fortbestand des Urlaubsanspruchs, der wegen der Gewährung von Mutterschaftsurlaub nicht hat genommen werden können, ist auch in den Vorschriften über den Mutterschaftsurlaub nicht enthalten. Aus § 8 d MuSchG muß das Gegenteil der von der Klägerin vertretenen Auffassung gefolgert werden: Diese Bestimmung, die eine Kürzungsmöglichkeit für den der Arbeitnehmerin zustehenden Urlaubsanspruch zum Inhalt hat, ist an § 4 ArbPlSchG orientiert (vgl. den Bericht des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 8/2797). Während jedoch § 4 Abs. 2 ArbPlSchG eine Regelung über die Fortdauer von Urlaub enthält, der dem Wehrpflichtigen nicht oder nicht vollständig vor der Einberufung gewährt worden ist, fehlt eine solche Bestimmung in § 8 d MuSchG, so daß es bei der Befristung des Anspruchs nach § 10 Nr. 8 MTV zu verbleiben hat (vgl. hierzu auch BAGE 45, 155 = AP Nr. 1 zu § 8 d MuSchG 1968).

Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer

Wittendorfer Dr. Haible

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441609

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