Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsanspruch im Freischichtenmodell-Zeitausgleichsanteile

 

Leitsatz (amtlich)

Während des Urlaubs entstehen für einen im sog. Freischichtenmodell tätigen Arbeitnehmer nach den Regelungen des MTV-Metall NRW keine Zeitausgleichsanteile (im Anschluß an die Senatsentscheidung vom 7. Juli 1988 – 8 AZR 198/88 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).

 

Normenkette

BUrlG §§ 13, 11, 1, 3; Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 30. April 1980 i.d.F. vom 3. Juli 1984 (MTV-Metall NRW) §§ 2-3, 12, 17

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 17.12.1986; Aktenzeichen 3 Sa 1221/86)

ArbG Detmold (Urteil vom 29.04.1986; Aktenzeichen 2 Ca 1587/85)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Dezember 1986 – 3 Sa 1221/86 – aufgehoben.
  • Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 29. April 1986 – 2 Ca 1587/85 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten als Elektroschweißer beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 30. April 1980 i. d. F. vom 3. Juli 1984, in Kraft seit 1. April 1985 (MTV), anzuwenden.

In § 2 Nr. 1 MTV ist u. a. bestimmt:

“§ 2

Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit/Ausbildungszeit

  • Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 38 1/2 Stunden.

    Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann zwischen 37 und 40 Stunden betragen (Vollzeitbeschäftigte).

    Die Spanne zwischen 37 und 40 Stunden soll angemessen ausgefüllt werden. Dabei sind die betrieblichen Bedürfnisse zu berücksichtigen (§ 3).”

§ 3 MTV hat folgenden Wortlaut:

“§ 3

Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit/Ausbildungszeit

  • Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen des Volumens, das sich aus der für den Betrieb nach § 2 Nr. 1 Abs. 1 festgelegten Arbeitszeit ergibt, durch Betriebsvereinbarung näher geregelt. Dabei können für Teile des Betriebes, für einzelne Arbeitnehmer oder für Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten zwischen 37 und 40 Stunden festgelegt werden.

  • Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage in der Woche verteilt werden. Sie muß im Durchschnitt von zwei Monaten erreicht werden.
  • Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert. Bei einer Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit und der Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch in Form von freien Tagen erfolgen. Dabei muß zur Vermeidung von Störungen im Betriebsablauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der Festlegung der freien Tage sind die Wünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen.”

In den §§ 12 und 15 MTV ist bestimmt:

“§ 12

Urlaubsvergütung

  • Bei der Berechnung der Urlaubsvergütung sind zugrunde zu legen

    • bei den Arbeitern hinsichtlich der Lohnhöhe 150 % des regelmäßigen Arbeitsverdienstes (Berechnung s. § 15);
    • bei den Angestellten der regelmäßige Arbeitsverdienst (Berechnung s. § 15) und eine zusätzliche Urlaubsvergütung, die je Urlaubstag 2,40 % (50 % von 1/20,83) des regelmäßigen Arbeitsverdienstes ausmacht;
    • bei den Auszubildenden die regelmäßige Ausbildungsvergütung sowie eine zusätzliche Urlaubsvergütung, die je Urlaubstag 2,40 % (50 % von 1/20,83) der regelmäßigen Ausbildungsvergütung ausmacht.
  • Die Urlaubsvergütung ist auf Wunsch des Arbeitnehmers/Auszubildenden vor Antritt des Urlaubs zu zahlen, sofern der Urlaub mindestens zwei Wochen umfaßt. Statt der Urlaubsvergütung kann ein entsprechender Abschlag geleistet werden.

    Fällt ein Zahlungstermin für Lohn, Gehalt oder Ausbildungsvergütung in die Urlaubszeit, so sind der Lohn, das Gehalt oder die Ausbildungsvergütung auf Wunsch des Arbeitnehmers/Auszubildenden vor Beginn des Urlaubs auszuzahlen. Statt dessen kann ein entsprechender Abschlag geleistet werden.

§ 15

Berechnung des Arbeitsverdienstes

  • In allen Fällen, in denen dieser Tarifvertrag Anspruch auf Zahlung des “regelmäßigen Arbeitsverdienstes” regelt, wird für die Berechnung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes folgendes zugrunde gelegt:

    • Gewerbliche Arbeitnehmer

      Hinsichtlich der Lohnhöhe der durchschnittliche Stundenverdienst in den letzten drei abgerechneten Monaten oder in den diesem Zeitraum annähernd entsprechenden Abrechnungszeiträumen vor Beginn des Fortzahlungszeitraums (Gesamtverdienst des Arbeitnehmers in dem betreffenden Zeitraum einschließlich aller Zuschläge, jedoch ohne einmalige Zuwendungen sowie Leistungen, die Aufwendungsersatz darstellen, z.B. Auslösungen, soweit sie nicht Arbeitsentgelt sind, geteilt durch die Zahl der bezahlten Arbeitsstunden);

      Hinsichtlich der Anzahl der Arbeitsstunden je Tag, der zu vergüten ist, der Bruchteil, der sich aus der Verteilung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage nach dem Durchschnitt der letzten drei abgerechneten Monate ergibt, bei Urlaub 1/5 der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers nach dem Durchschnitt der letzten drei abgerechneten Monate (Gesamtzahl der in dem betreffenden Zeitraum geleisteten Stunden geteilt durch die Zahl der Arbeitstage, die sich aus der Verteilung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ergeben).

      Wenn in den Bezugszeiträumen oder während des Zeitraums der Fortzahlung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes eine Änderung des Lohnabkommens erfolgt ist, so ist für den Fortzahlungszeitraum vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Lohnabkommens ab der regelmäßige Arbeitsverdienst auf der veränderten Grundlage zu ermitteln.

§ 17 MTV lautet:

“§ 17

Geltendmachung und Ausschluß von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis

  • Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen.
  • Der Arbeitnehmer/Auszubildende hat das Recht, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis innerhalb folgender Fristen geltend zu machen:

    • Ansprüche auf Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Abrechnung,
    • alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.
  • Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, daß der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, diese Fristen einzuhalten.

Beklagte und Betriebsrat haben am 11. März 1985 eine Betriebsvereinbarung geschlossen, in der u. a. folgendes bestimmt ist:

“§ 1 Persönlicher Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte im Sinne des § 1, Nr. 3 MTV 1980).

§ 2 Dauer der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit

Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden.

§ 3 Betriebsnutzungszeit

  • Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen von 40 Std. pro Woche und Schicht nicht vermindert.
  • Die sich aus der 40-stündigen Betriebsnutzungszeit pro Schicht und der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer ergebende Differenz wird als entsprechender Zeitausgleich in Form von freien Tagen ausgeglichen. Dabei muß zur Vermeidung von Störungen im Betriebsablauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der Festlegung der freien Tage sind die Wünsche der Arbeitnehmer in Absprache mit dem Vorgesetzten zu berücksichtigen. Die freien Tage sind innerhalb von 3 Monaten zu gewähren.”

Der Kläger hat auch nach dem 1. April 1985 an jedem Arbeitstag acht Stunden unter Berücksichtigung der für ihn anfallenden Freischichten (freie Tage) gearbeitet.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für 20 Urlaubstage, die ihm nach dem 1. April 1985 gewährt worden sind, ein Freizeitausgleich von jeweils 0,3 Stunden, insgesamt also 360 Minuten, zu.

Der Kläger hat mit seiner am 30. Dezember 1985 zugestellten Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Freizeitguthaben von 360 Minuten zu gewähren. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freitzeitausgleich für die ihm nach dem 1. April 1985 gewährten Urlaubstage.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zum Anspruch des Klägers nur festgestellt, daß er nach dem 1. April 1985 insgesamt 20 Urlaubstage erhalten hat. Diese Feststellungen reichen für eine Entscheidung, ob der Kläger seine Klage rechtzeitig erhoben hat, nicht aus. Nach § 17 Nr. 2 Buchst. b MTV sind – abgesehen von Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit – alle übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, daß der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, diese Fristen einzuhalten (§ 17 Nr. 3 MTV).

Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen getroffen, zu welchem Zeitpunkt der Kläger vor der Zustellung der Klage am 30. Dezember 1985 Urlaub erhalten und ob und wann er seinen Anspruch auf Zeitausgleichsanteile für die Urlaubstage geltend gemacht hat.

Nach dem Vortrag des Klägers muß davon ausgegangen werden, daß der Anspruch jeweils mit Gewährung der Urlaubstage entsteht und auch fällig wird. Damit wäre der Kläger gehalten gewesen, im entsprechenden zeitlichen Abstand seinen Anspruch gegenüber der Beklagten geltend zu machen, um dessen Ausschluß nach § 17 Nr. 3 MTV zu vermeiden.

Eine Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, um diesem Gelegenheit zu geben, hierzu die notwendigen weiteren Feststellungen zu treffen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), kommt vorliegend nicht in Betracht, weil auch im übrigen die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen die Klage nicht rechtfertigen und die Sache deshalb zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

II. 1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung eines Freizeitguthabens ergebe sich aus § 3 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung vom 11. März 1985.

2. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Kläger hat weder nach dem für sein Arbeitsverhältnis anzuwendenden MTV noch nach der Betriebsvereinbarung vom 11. März 1985 einen Anspruch auf Zeitausgleich. Ein Zeitausgleich entsteht nur für Tage, an denen der Kläger arbeitet, nicht aber für Tage, an denen er wegen Urlaubs von der Arbeitspflicht freigestellt ist. Dies hat der erkennende Senat bereits im Urteil vom 7. Juli 1988 (– 8 AZR 198/88 –, zur Veröffentlichung bestimmt) für den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18. Juli 1984 ausgeführt. Für die hier maßgeblichen Vorschriften ergibt sich keine andere Beurteilung.

a) Die Arbeitszeit des Klägers beruht auf § 2 Nr. 1 Abs. 1, § 3 Nr. 6 MTV sowie auf § 2 und § 3 der Betriebsvereinbarung vom 11. März 1985.

Danach gilt für den Kläger nach dem Tarifvertrag eine tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Diese ist nach der Betriebsvereinbarung in der Weise verteilt, daß der im gewerblichen Bereich der Beklagten tätige Kläger von Montag bis Freitag täglich acht Stunden zu arbeiten hat. Die Zeitdifferenz zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und der tariflich festgelegten regelmäßigen Arbeitszeit von 38, 5 Stunden ist durch Freizeit auszugleichen.

Gegen die Rechtswirksamkeit dieser Regelungen bestehen keine Bedenken. Für den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18. Juli 1984 hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts durch Beschluß vom 18. August 1987 festgestellt (– 1 ABR 30/86 – AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt), daß im Bereich der niedersächsischen Metallindustrie die Dauer der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Betriebe, Gruppen von Arbeitnehmern oder einzelne Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung geregelt werden kann, weil die Tarifvertragsparteien ergänzende Betriebsvereinbarungen über die Verteilung der Arbeitszeit ausdrücklich zugelassen haben. Dieser Auffassung hat sich der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts u. a. mit dem Urteil vom 2. Dezember 1987 (– 5 AZR 602/86 –, zur Veröffentlichung bestimmt) angeschlossen. Auch der erkennende Senat ist ihr im Urteil vom 7. Juli 1988 (aaO) gefolgt. Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, von der Entscheidung des Ersten Senats für den hier zu beurteilenden Manteltarifvertrag abzuweichen, sind nicht ersichtlich.

b) Die Betriebsvereinbarung vom 11. März 1985 ist jedenfalls insoweit wirksam, als in ihr die Verteilung der Arbeitszeit bestimmt wird.

Nach § 3 Nr. 1 und 2 MTV ist die Festlegung der Arbeitszeit gestattet, wie sie in der Betriebsvereinbarung geregelt ist. Die Bestimmung in § 3 der Betriebsvereinbarung, nach der von Montag bis Freitag täglich acht Stunden gearbeitet und und zum Ausgleich Freizeit in Form von unbezahlten Tagen zu gewähren ist, verstößt nicht gegen § 3 Nr. 6 MTV.

c) Damit ist die Beklagte verpflichtet, entsprechend § 15 Nr. 1 MTV die Urlaubszeit zu vergüten. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

d) Zu Unrecht meint jedoch der Kläger, daß ihm für jeden Urlaubstag auch ein Zeitguthaben von 0,3 Stunden zustehe. Dafür fehlt es an einer Rechtsgrundlage im MTV und auch in der Betriebsvereinbarung.

aa) Der MTV enthält zwar keine ausdrückliche Bestimmung hierüber. Daß Zeitausgleichsanteile für einen Arbeitnehmer während des Urlaubs aufgrund des Tarifvertrags nicht entstehen, ist jedoch der Regelung über die nach § 3 Nr. 6 MTV zulässige Arbeitszeitverteilung zu entnehmen. Danach kann für Arbeitnehmer, die wie der Kläger im sog. Freischichtenmodell arbeiten, vorgesehen werden, daß sie täglich acht Stunden statt des nach § 2 Nr. 1 Abs. 1 MTV vorgesehenen Durchschnitts von 38,5 Stunden wöchentlich (= 7,7 Stunden täglich) arbeiten.

Das Freischichtenmodell, wie es im Betrieb der Beklagten eingeführt ist, hat zum Inhalt, die für den Arbeitgeber mögliche Betriebsnutzungszeit von 40 Stunden in der Woche mit der wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers von 38,5 Stunden zu harmonisieren. Beide sollen dadurch aufeinander abgestimmt werden, daß ein Arbeitnehmer, der – soweit dies nach dem Tarifvertrag zulässig ist – weiterhin 40 Wochenstunden arbeitet, als Ausgleich zur tariflich zulässigen Regelarbeitszeit von 38,5 Wochenstunden nach Erreichen eines Zeitguthabens von 7,7 Stunden an einem individuell bestimmten oder betrieblich vereinbarten Arbeitstag von der Arbeitspflicht befreit wird.

Würde ein Arbeitgeber durchgehend Arbeitnehmer im Umfang der zulässigen Betriebsnutzungszeit von 40 Stunden wöchentlich beschäftigen, wäre dies tarifwidrig oder hinsichtlich der die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden übersteigenden 1,5 Stunden nur ausnahmsweise als Mehrarbeit mit den dadurch verursachten Zuschlägen nach Zustimmung des Betriebsrats möglich. Der nach dem MTV zulässige Zeitausgleich eröffnet die Möglichkeit, trotz einer betrieblichen Arbeitszeit von 40 Stunden durch den Einschub freier Tage die tarifliche Wochenarbeitszeit einzuhalten. Daraus folgt aber notwendig, daß nach § 3 Nr. 6 MTV Zeitausgleichstage nur für geleistete Arbeit möglich sind. Sollen dennoch Zeitausgleichsanteile auch für Zeiträume entstehen, in denen die Vergütung weitergezahlt wird, ohne daß eine Arbeitsleistung erbracht wird, bedarf es einer besonderen Regelung im Tarifvertrag. Daran mangelt es.

Das Landesarbeitsgericht hat nicht erkannt, daß die Regelung für den Ausgleich der Differenz zwischen Arbeits- und Betriebsnutzungszeiten nach § 3 Nr. 6 Satz 2 MTV auf Urlaubstage nicht anwendbar ist. Während des Urlaubs wird ein Arbeitnehmer zwar entsprechend den für den Urlaub maßgeblichen Vergütungsvorschriften in § 15 MTV bezahlt als hätte er gearbeitet, er hat aber keine (betriebliche oder individuelle) Arbeitszeit einzuhalten, er arbeitet nicht. Damit entstehen für Urlaubstage keine Zeitausgleichsanteile, die zu freien Tagen angesammelt werden könnten. § 3 Nr. 6 Satz 2 MTV bestimmt, daß nur die Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit und Arbeitszeit auszugleichen ist. Zeiten der Lohnfortzahlung, also auch Urlaub, begründen keine Arbeitszeit, auch wenn sie wie Arbeitszeit zu vergüten sind (vgl. ebenso bereits das Senatsurteil vom 7. Juli 1988, aaO).

bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist auch § 3 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung vom 11. März 1985 eine Rechtsgrundlage für den vom Kläger begehrten Anspruch nicht zu entnehmen. Sie unterscheidet sich inhaltlich nicht von § 3 Nr. 6 MTV, sieht also ebenfalls nur einen Zeitausgleich zwischen Arbeitszeit und Betriebsnutzungszeit vor.

 

Unterschriften

Michels-Holl, Dr. Leinemann, Dr. Peifer, Plenge, Hannig

 

Fundstellen

Haufe-Index 872098

BAGE, 154

RdA 1989, 132

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