Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrkosten für Lehrgangsbesuch

 

Normenkette

Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) vom 6. Januar 1955 § 17, § 18 Abschnitt III, § 19 Abs. 3 Buchst. c; Gesetz über die Reisekostenvergütung für die Bundesbeamten. Richter im Bundesdienst und Soldaten (

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 12.11.1991; Aktenzeichen 2 Sa 26/91)

ArbG Hamburg (Urteil vom 30.01.1991; Aktenzeichen 6 Ca 314/90)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 12. November 1991 – 2 Sa 26/91 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. Januar 1991 – 6 Ca 314/90 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Fahrkostenerstattung in unstreitiger Höhe von 6,20 DM für seine Teilnahme an einem Lehrgang.

Der Kläger ist als Posthandwerker im Postamt Hamburg 60 der Deutschen Bundespost POSTDIENST (DBP) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) Anwendung. Auf Anordnung der Beklagten nahm der Kläger, der Arbeiten an Starkstromanlagen durchzuführen hat, am 21. Februar 1990 an einem Sonderlehrgang Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) teil. Diesen veranstaltete das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in seinen Räumen am Behrmannplatz in Hamburg 54. Die Fahrt dorthin führte der Kläger mit seinem Privat-PKW durch. Die Beklagte verweigerte die Erstattung der Fahrkosten unter Hinweis auf die Verfügung des Bundesministers für Post und Telekommunikation Nr. 914/1989 (Amtsblatt Nr. 103 vom 14. September 1989, S. 1767). Diese hat u.a. folgenden Wortlaut:

II Neue Regelung

„Beamte des einfachen und mittleren Dienstes bis einschließlich Besoldungsgruppe A 8, die innerhalb ihres Dienst- oder Wohnortes für Aufgaben des Betriebsdienstes der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn abgeordnet werden, erhalten eine Fahrkostenerstattung in Höhe der billigsten Fahrkarte des regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels, das nach der Verkehrssitte benutzt wird. Hierauf …

…”

III Zusatz des BMPT

  1. Die Regelung unter II. tritt mit Wirkung vom 1.10.1989 in Kraft. Sie gilt für Abordnungen, die von diesem Zeitpunkt an angeordnet werden. Die AmtsblVfg 196/1955, S. 174, und die dazu ergangenen Vfg werden gleichzeitig aufgehoben.
  2. Die Regelung gilt für Tarifkräfte sinngemäß.
  3. Zu den Aufgaben des Betriebsdienstes gehören nicht Abordnungen zu Aus- und Fortbildungsveranstaltungen.
  4. Wohn- und Dienstort ist die jeweilige politische Gemeinde desselben; auf § 2 BRKG wird verwiesen.
  5. Es sind stets nur die Kosten der billigsten Fahrkarte des regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels zu erstatten. Dies gilt auch dann, wenn – gleich aus welchen Gründen – der Bedienstete sein privates Kfz benutzt. …

Der Kläger hat gemeint, die Fahrtstrecke von seinem Dienstort zu den Räumlichkeiten des DRK am Behrmannplatz in Hamburg 54 habe er aus dienstlichen Gründen zurückgelegt. Zur Erstattung der Fahrkosten in Höhe der Kosten der billigsten Fahrkarte des regelmäßig zwischen seiner Dienststelle und dem DRK verkehrenden Beförderungsmittels sei die Beklagte nach § 17 TV Arb verpflichtet. Durch die Verfügung des Bundesministers könne der tarifliche Erstattungsanspruch nicht ausgeschlossen werden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6,20 DM zuzüglich 4 % Zinsen ab dem 27. September 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die anläßlich der Lehrgangsteilnahme durchgeführte Fahrt sei nicht aus dienstlichen Gründen im Sinne § 17 TV Arb zurückgelegt worden, sondern es habe sich um eine Aus- und Fortbildungsveranstaltung gehandelt, zu der der Kläger abgeordnet worden sei. Eine Abordnung sei auch dann möglich, wenn die Aus- und Fortbildungsveranstaltung nicht bei einer Dienststelle der DBP stattfinde. Die an demselben Dienstort entstandenen Fahrkosten seien wegen der genannten Verfügung des Bundesministers für Post und Telekommunikation nicht zu erstatten.

Arbeits- und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Fahrt des Klägers von seiner Dienststelle zu den Räumlichkeiten des DRK, in denen der Sonderlehrgang HLW stattfand, sei eine aus dienstlichen Gründen zurückgelegte Fahrt im Sinne von § 17 TV Arb gewesen, weil diese auf ausdrückliche Anordnung durch die Beklagte erfolgt sei. Der Kläger habe dorthin nicht wirksam abgeordnet werden können, weil das DRK kein selbständiges Amt der Beklagten im Sinne des TV Arb sei. Die Verfügung des Bundesministers für Post und Telekommunikation Nr. 914/1989 schließe den Anspruch des Klägers nicht aus, weil keine Abordnung, sondern eine Dienstfahrt zu einem Dritten vorgelegen habe.

Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann rechtlich nicht gefolgt werden.

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der eingeklagten Fahrkosten.

1. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich der Anspruch nicht aus § 17 TV Arb, und zwar weder aus Abs. 1 noch aus Abs. 2.

a) Nach § 17 Abs. 1 TV Arb werden aus dienstlichen Gründen mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln zurückgelegte Fahrten nach den Sätzen der niedrigsten Klasse des jeweils benutzten Beförderungsmittels erstattet. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger die Fahrten zu den Räumlichkeiten des DRK und zurück nicht mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln, z.B. des Hamburger Verkehrsverbundes, zurückgelegt, sondern mit dem privaten PKW. Damit scheidet § 17 Abs. 1 TV Arb als Anspruchsnorm aus.

Der Kläger kann nach § 17 Abs. 1 TV Arb nicht die hypothetischen Kosten der billigsten Fahrkarte des regelmäßig zwischen seiner Dienststelle und dem DRK verkehrenden Beförderungsmittels in Rechnung stellen. Nach dem Wortlaut der Tarifnorm ist für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung entscheidend, daß die Fahrt tatsächlich mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln durchgeführt wurde, woran es vorliegend fehlt.

b) Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 17 Abs. 2 TV Arb. Nach dieser Tarifnorm ist Voraussetzung, daß der Arbeiter sein privates Fahrzeug auf dienstliche Veranlassung benutzt. Dies wurde vom Kläger weder behauptet noch vom Landesarbeitsgericht festgestellt. Damit scheidet auch § 17 Abs. 2 TV Arb als Anspruchsnorm aus.

2. Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 18 Abschnitt III TV Arb.

Die Bestimmung des § 18 TV Arb regelt die Entschädigung bei auswärtiger Beschäftigung. In Abschnitt I regelt sie „Aufwandsentschädigung im Aufgabenbereich Linientechnik usw. …”, in Abschnitt II „Entschädigung von Arbeitern im Zustelldienst” und in Abschnitt III „Reisekostenvergütung in anderen Fällen”.

Nach der Regelung im letztgenannten Abschnitt werden die Arbeiter in den durch die Abschnitte I und II, durch § 17 oder durch Sonderregelungen nicht erfaßten Fällen bei Dienstreisen in sinngemäßer Anwendung der für die Beamten der DBP jeweils geltenden Bestimmungen entschädigt. Nach § 22 Bundesreisekostengesetz erhalten abgeordnete Beamte Trennungsgeld nach der Trennungsgeldverordnung, und zwar auch dann, wenn die vorübergehende dienstliche Tätigkeit bei einer anderen Stelle als einer Dienststelle ausgeübt wird. Nach § 6 TGV erhielte der Kläger somit, weil er täglich an seinen Wohnort zurückgekehrt ist, Fahrkosten erstattet. Dies würde jedoch voraussetzen, daß auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen gegeben waren. Hieran fehlt es jedoch, wie die Revision zu Recht geltend gemacht hat. Nach § 1 Abs. 2 TGV wird zwar Trennungsgeld auch gewährt, wenn eine Abordnung im Rahmen der Aus- und Fortbildung erfolgt (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 TGV). Dies setzt allerdings nach § 22 Abs. 1 BRKG voraus, daß der neue Dienstort ein anderer als der bisherige Dienstort ist. Das ist vorliegend nicht der Fall. Der „alte” Dienstort des Klägers war das Postamt Hamburg 60, der „neue” Dienstort war Behrmannplatz, Hamburg 54.

Damit scheidet bereits aus diesem Grund ein Anspruch auf die eingeklagten Fahrkosten nach § 18 Abschn. III TV Arb aus.

3. Aus den gleichen Gründen entfällt auch ein Anspruch des Klägers nach § 19 Abs. 3 Buchst. c TV Arb. Ob die Beklagte den Kläger zu dem Sonderlehrgang HLW in tarifrechtlich zulässiger Weise abgeordnet hatte, kann somit dahinstehen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Fohrmann, Rose

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1083505

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