Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildungskosten. Rückzahlungsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

vgl. Urteil vom 16. März 1994 – 5 AZR 339/92

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 30.07.1992; Aktenzeichen 10 (11) Sa 964/91)

ArbG Köln (Urteil vom 09.07.1991; Aktenzeichen 16 Ca 6516/90)

 

Tenor

1. Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. Juli 1992 – 10 (11) Sa 964/91 – werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revisionsinstanz haben der Kläger zu 5/9 und die Beklagte zu 4/9 zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger die anteiligen Kosten für den Erwerb der Musterberechtigung für das Flugzeugmuster Boeing 737-300 sowie eine Ergebnisbeteiligung zurückzuzahlen hat.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Flugunternehmen, das insbesondere Charterflüge im Touristikgeschäft durchführt. Sie fliegt ausschließlich Flugzeuge des Typs Boeing 737-300. Bei diesem Flugzeugtyp handelt es sich um eines der modernsten und meistverkauften Flugzeuge der westlichen Welt. In Deutschland wird dieses Flugzeugmuster von der Lufthansa, der Condor, der Firma Süd-Flug und der Firma Hapag-Lloyd eingesetzt.

Der Kläger war vom 15. Oktober 1987 bis zum 30. Juni 1990 bei der Beklagten als Co-Pilot beschäftigt. Er hatte zum Zeitpunkt der Einstellung bei der Beklagten eine gültige Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer A 2 sowie Musterberechtigungen für verschiedene Flugzeugtypen. Nach dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien war er als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Boeing 737-300 vorgesehen. Hierfür besaß er keine Musterberechtigung. Im Anstellungsvertrag vom 31. August 1987 war deshalb eine entsprechende Ausbildung des Klägers vereinbart worden. Es heißt dort u.a.:

㤠2

Ausbildung

Der Mitarbeiter wird ab 15.10.87 in Seattle, USA durch die Firma Boeing zum Co-Piloten auf dem Flugzeugmuster Boeing 737-300 ausgebildet. Nach Erhalt des Type-Ratings wird der Mitarbeiter auf diesem Flugzeugmuster als Co-Pilot eingesetzt.

Sollte der Mitarbeiter – gleich aus welchem Grunde – vor Ablauf von 3 Jahren nach dem 1. kommerziellen Einsatz aus den Diensten der G. Fluggesellschaft ausscheiden, so hat er die Kosten des Type-Ratings an die Gesellschaft zurückzuzahlen, wobei er jeweils 1/36 des Type-Rating-Betrages je Dienstmonat gutgebracht bekommt.

Der Wert des Type-Ratings ist mit DM 80.000,00 festgesetzt worden.

Ebenso wird der Type-Rating-Betrag zur Rückzahlung fällig, wenn der Mitarbeiter aufgrund mangelnder Vorbereitung und Leistung das Type-Rating nicht bestehen sollte. Das gleiche gilt für den Prof-Check.”

Die Ausbildung des Klägers für den Erwerb der Musterberechtigung Boeing 737-300 und für das Navigationssystem „EFIS” begann am 20. Oktober 1987. Seinen ersten kommerziellen Einsatz hatte der Kläger am 22. Dezember 1987.

In einem an alle Cockpit-Crews gerichteten Schreiben vom 11. Juli 1989 kündigte die Beklagte die Zahlung einer Ergebnisbeteiligung für das Jahr 1989 an. Der Kläger hat dieses Schreiben vor der Zahlung der Prämie erhalten.

Es heißt dort u.a.:

„Als Ergebnisbeteiligung 1989 werden wir mit dem Dezembergehalt je Kapitän DM 25.000,00 brutto und je Co-Pilot DM 15.000,00 brutto vergüten.

Außerdem erhalten nur die Piloten die Ergebnisbeteiligung, die am 31.12.1989 im ungekündigten Arbeitsverhältnis zur G. stehen.

Der Betrag ist in voller Höhe rückzahlbar, wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis mit der G. vor dem 30.06.1990 aufkündigt.”

In einem Schreiben vom 6. Dezember 1989 wird dies wiederholt. Die Beklagte zahlte an den Kläger mit dem Dezembergehalt die Ergebnisbeteiligung (Prämie) in Höhe von 15.000,00 DM. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14. Mai 1990 zum 1. Juli 1990. Der Kläger wechselte zur Fluggesellschaft H.. Er wurde dort als Pilot für die Boeing 737-400 eingestellt.

Für Juni 1990 steht dem Kläger ein restlicher Vergütungsanspruch in Höhe von 3.252,89 DM netto zu. Die Beklagte hat gegenüber diesem Anspruch wegen der von ihr geltend gemachten Rückzahlungsansprüche die Aufrechnung erklärt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die Ergebnisbeteiligung nicht mit seinen Gehaltsansprüchen verrechnen dürfen. Die Prämie sei ihm bereits im Sommer 1989 durch den Geschäftsführer der Beklagten auf einem Pilotentreffen ohne Rückzahlungsvorbehalt zugesagt worden. Das Schreiben vom 6. Dezember 1989 habe er nicht erhalten. Das Schreiben vom 11. Juli 1989 habe er nicht in seinem Postfach vorgefunden. Er habe es erst zu einem späteren Zeitpunkt, vermutlich im Herbst 1989, von dritter Seite erhalten. Das Schreiben sei schon wegen seines Flugblattcharakters nicht geeignet, Ergebnisbeteiligungen und deren Rückzahlung rechtsverbindlich festzulegen.

Die Beklagte habe ebensowenig Anspruch auf Rückzahlung der geltend gemachten Ausbildungskosten. Die in § 2 des Anstellungsvertrages vom 31. August 1987 vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung sei unwirksam. Sie verstoße gegen sein Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes gem. Art. 12 GG. Die Rückzahlungsverpflichtung stelle für ihn eine unzumutbare Belastung dar und entspreche keinem begründeten und zu billigenden Interesse der Beklagten. Die Beklagte könne auch lediglich die tatsächlich aufgewendeten Kosten zurückverlangen. Hierfür sei sie darlegungs- und beweislastpflichtig. Die tatsächlichen Kosten für die Einweisung in das Flugzeugmuster und die Ausbildung zum Co-Piloten hätten allenfalls ca. 35.000,00 DM betragen.

Der Kläger hat, soweit in der Revision noch von Interesse, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.252,89 DM netto nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juli 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Widerklagend hat sie beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an sie 24.414,11 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 28. Juli 1990 zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe Anspruch auf Rückzahlung der Ergebnisbeteiligung in Höhe von 15.000,00 DM sowie auf Rückzahlung der noch nicht gutgebrachten Ausbildungskosten. Der restliche Gehaltsanspruch des Klägers sei damit aufgrund Aufrechnung erloschen. Darüber hinaus müsse der Kläger den noch nicht verrechneten Teil der Prämie sowie die restlichen Ausbildungskosten in Höhe von insgesamt 24.414,11 DM an sie zahlen. Der Anspruch auf Rückzahlung der Prämie ergebe sich aus dem Vorbehalt. Der Kläger habe die Schreiben vom 11. Juli 1989 und vom 6. Dezember 1989 vor Zahlung der Prämie über sein betriebsinternes Postfach erhalten.

Der Anspruch der Rückzahlung der Ausbildungskosten resultiere aus § 2 des Anstellungsvertrages vom 31. August 1987. An der Wirksamkeit dieser Vereinbarung könne kein Zweifel bestehen. Die Beklagte hat gegen die Rechtsprechung des Senats zur Rückzahlung von Ausbildungskosten grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken erhoben und sich gegen die Auffassung gewandt, der Arbeitgeber hätte die tatsächlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln darzulegen und zu beweisen. Im übrigen hat sie die Rückzahlungsklausel auch bei Anwendung der Rechtsprechung des Senats für wirksam gehalten, weil der Kläger mit der Ausbildung einen erheblichen wirtschaftlichen Wert erhalten habe. Die vereinbarten Rückzahlungsbeträge seien auch nicht überhöht. Ihre Schwestergesellschaft S. habe für die Ausbildung von 24 Piloten im Herbst 1987 insgesamt 1,92 Millionen DM an die Firma Boeing gezahlt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, und zwar mit der Begründung, die Beklagte habe mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten in Höhe von 12.667,00 DM wirksam aufgerechnet. Es hat den Kläger auf die Widerklage verurteilt, die verbleibenden Ausbildungskosten in Höhe von 9.414,11 DM an die Beklagte zu zahlen. Einen Anspruch auf Rückzahlung der Prämie hat es nicht für gegeben erachtet; daher hat es die Widerklage im übrigen abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat laut Tenor die Berufung des Klägers zurückgewiesen und den Kläger auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils verurteilt, an diese 11.747,11 DM zu zahlen. Die weitergehende Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten sei nicht gegeben, wohl aber ein Anspruch auf Rückzahlung der Prämie. Die Beklagte habe mit diesem Anspruch wirksam gegen den Nettolohnanspruch des Klägers aufgerechnet. In Höhe des Differenzbetrages zwischen 15.000,00 DM und 3.252,89 DM sei die Widerklage begründet. Mit ihren Revisionen verfolgen die Parteien ihre ursprünglichen Klageziele weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Beklagte rügt mit ihrer Revision, das LAG hätte den „Anspruch auf Rückzahlung von Ausbildungskosten” in Höhe von 12.667,00 DM nicht abweisen dürfen, weil dieser Anspruch durch Urteil des Arbeitsgerichts zuerkannt worden sei und sich die Berufung der Beklagten ausschließlich gegen die Abweisung der Widerklage auf Rückzahlung der Prämie richte. Da die Berufung des Klägers zurückgewiesen sei, hätte eine Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zu Lasten der Beklagten nicht erfolgen dürfen.

Diese Argumentation der Beklagten ist unrichtig. Der Kläger hatte mit der Berufung sowohl seinen Anspruch auf Zahlung von 3.252,89 DM netto weiterverfolgt, als auch beantragt, „unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten die Widerklage insgesamt abzuweisen”. Da also der Kläger das erstinstanzliche Urteil in Höhe seiner Beschwer angegriffen hatte, konnte das Berufungsgericht durchaus das arbeitsgerichtliche Urteil zu Lasten der Beklagten abändern. Wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat es das getan. Die Berufung des Klägers war insofern erfolgreich, als er sich gegen die Verurteilung zur Rückzahlung der Ausbildungskosten richtete. Die Berufung der Beklagten war insofern erfolgreich, als sie sich gegen die Abweisung der Widerklage auf Rückzahlung der Prämie richtete. Dies kommt in den Entscheidungsgründen deutlich zum Ausdruck. Wenn das Landesarbeitsgericht gleichwohl tenoriert hat, die Berufung des Klägers werde zurückgewiesen, so handelt es sich dabei um eine ungenaue Ausdrucksweise, die darauf beruht, daß das LAG der Beklagten einen höheren Widerklagebetrag als das Arbeitsgericht zugesprochen hat.

Über den Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten ist also nicht bereits (teilweise) vom Arbeitsgericht rechtskräftig entschieden worden.

II. Die Revisionen beider Parteien sind unbegründet.

Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten. Dem Kläger steht die restliche Vergütung in Höhe von 3.252,89 DM nicht zu. Sie ist durch Aufrechnung mit dem Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Prämie erloschen. Das Landesarbeitsgericht hat der Beklagten den verbleibenden Betrag in Höhe von 11.747,11 DM zu Recht zugesprochen.

1. Der restliche Vergütungsanspruch in Höhe von 3.252,89 DM netto ist in der geltend gemachten Höhe zwischen den Parteien unstreitig. Dieser Anspruch ist durch die Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung der Ergebnisbeteiligung für 1989 erloschen (§§ 388, 387, 389 BGB). Der Beklagten stand der zur Aufrechnung gestellte Anspruch aufgrund des Rückzahlungsvorbehalts zu. Sie hat deshalb auch Anspruch auf Rückzahlung des durch die Aufrechnung nicht erloschenen Teils in Höhe von 11.747,11 DM.

a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte dem Kläger die Zahlung der Prämie nur unter dem Rückzahlungsvorbehalt zugesagt hatte.

aa) Der Kläger hatte für 1989 vor Zugang des Schreibens vom 11. Juli 1989 keinen Anspruch auf vorbehaltlose Zahlung der Prämie. Er behauptet zwar, der Geschäftsführer der Beklagten habe auf einer Pilotenbesprechung am 26. April 1989 eine Ertragsbeteiligung in Aussicht gestellt, ohne einen Vorbehalt der Rückforderung zu erwähnen. Diese bloße Ankündigung stellte aber noch nicht die rechtsverbindliche Zusage einer Zahlung dar, zumal der Kläger selbst einräumt, die Einzelheiten hätten von einer Gehaltskommission beraten werden sollen.

bb) Die mit dem Rückzahlungsvorbehalt verbundene Zusage durch Schreiben vom 11. Juli 1989 ist gegenüber dem Kläger auch im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB wirksam geworden. Das Schreiben ist dem Kläger vor dem Zeitpunkt der Zahlung zugegangen. Es kommt nicht darauf an, ob es in sein betriebliches Schließfach gelangt ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger das Schreiben spätestens im Herbst 1989 erhalten. Er wußte daher, daß die dort für alle Cockpit-Crews versprochene Zahlung nur unter dem Vorbehalt der Rückzahlung erfolgen sollte. Dem steht auch nicht entgegen, daß das Schreiben an alle Cockpit-Crews gerichtet war. Der begünstigte Personenkreis, zu dem der Kläger gehörte, war damit eindeutig bestimmt. Der Kläger konnte dem Schreiben ohne weiteres entnehmen, daß auch er, wie dann auch geschehen, für 1989 eine Ergebnisbeteiligung in Höhe von 15.000,00 DM unter dem Vorbehalt der Rückzahlung erhalten sollte. Soweit der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe verkannt, daß die Beklagte für das Zugehen des weiteren Schreibens vom 6. Dezember 1989 die Beweislast trage, kommt es hierauf nicht an. Mit dem Schreiben vom 11. Juli 1989 ist dem Kläger gegenüber bereits der Vorbehalt erklärt worden.

b) Der Rückzahlungsvorbehalt ist auch wirksam. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht es für zulässig erachtet, bei einer Gratifikation in der Höhe von mehr als zwei Monatsbezügen eine Bindungsdauer über den 30. Juni des Folgejahres hinaus zu vereinbaren. Dies entspricht der Senatsrechtsprechung (BAG Urteil vom 27. Oktober 1978 – 5 AZR 754/77 – AP Nr. 99 zu § 611 BGB Gratifikation, unter II 1 a der Gründe). Unwirksam wäre der Rückzahlungsvorbehalt nur, wenn die Ergebnisbeteiligung von 1989 allein Entgelt für die 1989 geleistete Arbeit sein sollte. Sie wäre dann als Nachzahlung Teil der Arbeitsvergütung. Eine Rückzahlungsklausel stellt in diesem Fall eine nach § 622 Abs. 2 BGB unzulässige Kündigungserschwerung dar (BAG Urteil vom 27. April 1982, BAGE 38, 318, 324 f. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Probearbeitsverhältnis, unter II 1 der Gründe). Der Begriff Ergebnisbeteiligung spricht für einen solchen Vergütungsbestandteil im engeren Sinne. Entscheidend ist aber, daß die rechtsverbindliche Zusage der Zahlung unmittelbar mit der Einschränkung des Rückzahlungsvorbehaltes verbunden gewesen ist. Damit ist für den Kläger der von der Beklagten bestimmte Zweck der Prämie, nämlich zumindest auch die künftige Betriebstreue zu belohnen, erkennbar geworden.

2. Dagegen kann die Beklagte nicht vom Kläger Rückzahlung der Kosten für den Erwerb der Musterberechtigung verlangen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind einzelvertragliche Vereinbarungen, wonach Ausbildungskosten, die der Arbeitgeber aufgewendet hat, vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen sind, wenn dieser das Arbeitsverhältnis vor Ablauf bestimmter Fristen beendet, grundsätzlich zulässig. Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Zahlungsverpflichtungen, die an die vom Arbeitnehmer ausgehende Kündigung anknüpfen, können gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Die Rückzahlungspflicht muß vom Standpunkt eines verständigen Betrachters einem begründeten und zu billigendem Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Der Arbeitnehmer muß mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten haben. Insgesamt muß die Erstattungspflicht dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Die für den Arbeitnehmer tragbaren Bindungen sind aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln (BAGE 42, 48 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; BAG Urteil vom 24. Juli 1991, BAGE 68, 178 = AP Nr. 16 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; vgl. auch BGH Urteil vom 5. Juni 1984 – VI ZR 279/82 – AP Nr. 11 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe).

Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht begründet. Das hat der Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil im Parallelrechtsstreit – 5 AZR 339/92 – vom 16. März 1994 im einzelnen ausgeführt. Darauf wird verwiesen. Danach ist die richterliche Inhaltskontrolle einzelvertraglicher Klauseln, durch die sich der Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Ausbildungskosten verpflichtet, von Verfassungs wegen geboten. § 242 BGB begründet die Befugnis zu einer richterlichen Inhaltskontrolle von Verträgen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend Urteil vom 18. August 1976, BAGE 28, 159 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe) hat sich die für die gerichtliche Inhaltskontrolle von Rückzahlungsklauseln erforderliche Interessenabwägung insbesondere daran zu orientieren, ob und inwieweit der Arbeitnehmer mit der Aus- oder Weiterbildung einen geldwerten Vorteil erlangt.

In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat für Musterberechtigungen zu dem Ergebnis gelangt, daß wegen deren Besonderheiten unabhängig von der Art der Musterberechtigungen und der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten regelmäßig nur eine Bindungsdauer von einem Jahr vereinbart werden darf. Auch insoweit wird auf das im Parallelrechtsstreit – 5 AZR 339/92 – ergangene, zur Veröffentlichung bestimmte Urteil vom 16. März 1994 verwiesen.

b) Im Streitfall war der Kläger nach dem Erwerb der Musterberechtigung noch länger als ein Jahr als Co-Pilot tätig. Der Beklagten stand daher im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis kein Anspruch auf Rückzahlung der Kosten für den Erwerb der Musterberechtigung mehr zu.

 

Unterschriften

Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Reinecke, Bengs, Buschmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1082699

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