Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Wasserbauingenieur

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung von Versuchsingenieur am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität; Begriff der Spezialtätigkeit

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 22.09.1988; Aktenzeichen 4 Sa 51/88)

ArbG Berlin (Urteil vom 08.03.1988; Aktenzeichen 17 Ca 106/87)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 22. September 1988 – 4 Sa 51/88 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1974 bei der Beklagten als Versuchsingenieur im Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft im Fachbereich 7 – Bauingenieur und Vermessungswesen – beschäftigt. Er hat eine Ausbildung als staatlich geprüfter Techniker und ist berechtigt, die Berufsbezeichnung „Ingenieur” zu führen. Vor seiner Beschäftigung bei der Beklagten war der Kläger langjährig als Versuchs- und Betriebsingenieur im Bereich des Wasserbaus tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der Kläger erhält Vergütung nach VergGr. IV a BAT.

Dem Kläger obliegen folgende Aufgaben:

Zeitanteil an der Gesamtarbeitszeit

1.

die Planung und Vorbereitung von Modellversuchen für komplizierte Bauvorhaben und die selbständige Planung und Durchführung von Modellversuchen mit großem Schwierigkeitsgrad,

55 v. H.

2.

die Beratung der Assistenten und Studenten in konstruktiven Fragen des wasserbaulichen Versuchswesens und der Modelltechnik,

10 v. H.

3.

der Entwurf und die Entwicklung von universellen Versuchseinrichtungen und Meßgeräten (Sonder- und Großgeräte) speziell für den Einsatz in Versuch und Forschung,

10 v. H.

4.

das Anleiten und Einarbeiten von Tutoren bei Modellversuchen, Meß- und Sondergeräten,

10 v. H.

5.

die Mitarbeit bei der Auswahl, Ergänzung und Abstimmung von Meßprogrammen für einen prozeßrechnergesteuerten Versuchsablauf zur Meßwerterfassung; Erstellen kleiner Rechnerprogramme für die Versuchsauswertung,

10 v. H.

6.

Kalibrieren und Betreuen von Meßgeräten,

5 v. H.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß seine Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III Fallgruppe 2 des Teils I der Anlage 1 a zum BAT erfülle. Er verfüge über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen wie ein technischer Angestellter mit einer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen und übe eine entsprechende Tätigkeit aus. Dabei handele es sich um eine Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit im wasserbaulichen Versuchswesen gehöre nicht zu den einschlägigen Aufgaben eines Ingenieurs mit der Studienrichtung Wasserwirtschaft/Wasserbau. Dieses Gebiet werde nur an einer Fachhochschule als Wahlpflichtfach gelehrt. An den übrigen Fachhochschulen liege der Ausbildungsschwerpunkt auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft und nicht auf dem des Wasserbaus. Auch zu üblichen Aufgaben eines Wasserbauingenieurs gehöre nicht die Durchführung von Modellversuchen für komplizierte Bauvorhaben. Derartige Versuche seien nur in Bereichen erforderlich, in denen ein Wasserbauingenieur eigene Konstruktionsentscheidungen nicht mehr verantworten könne, weil er deren Auswirkungen nicht mehr überschaue und deshalb ein Gutachten des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft anfordere. Für die Tätigkeit im wasserbaulichen Versuchswesen seien umfangreiche Kenntnisse auf den Gebieten Maschinenbau, Bauingenieur- und Vermessungswesen und konstruktiver Wasserbau, langjährige praktische Erfahrung in der Modellmeßtechnik und umfangreiche Spezialkenntnisse in der wasserbaulichen Strömungslehre erforderlich.

Der Kläger hat ferner geltend gemacht, daß sich seine Tätigkeit durch ihre besondere Schwierigkeit und die Bedeutung des Aufgabengebietes aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 heraushebe. Die besondere Schwierigkeit bestehe darin, daß er sich jedesmal neu auf die vielfältigen Erfordernisse bei der Bearbeitung der Projekte einstellen müsse. Jedes Forschungsprojekt sei vom ersten Planungsgedanken an völlig neu, andersartig und kreativ zu bearbeiten. Die Bedeutung des Aufgabengebietes liege darin, daß er seine Entwurfs- und Konstruktionsvorstellungen vor der Ausführung immer auf die im Institut vorhandenen verschiedenen Fertigungszweige und deren Möglichkeiten zur Herstellung abstimmen müsse. In seinem Verantwortungsbereich liege die fertigungstechnische Abnahme der vorgefertigten Bauteile, der Aufbau und das Einmessen der einzelnen Bauteile für das Modell bis zur Fertigstellung der Gesamtanlage. Die Auswahl, Einrichtung und sinnvolle Anordnung der Meßeinrichtung gehöre ebenfalls zu seinem Aufgabenkreis. Die selbständige Durchführung der Modellversuche, die Auswertung der Meßdaten, die fotometrische Dokumentation der Modell teile sowie bedeutender Strömungszustände erfolge durch ihn nach vorheriger Absprache mit dem Projektleiter/Hochschullehrer. Er wirke an der Zusammenstellung der Ergebnisse und Details der Textbeschreibung für das Gutachten verantwortlich mit.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab 1. März 1986 Vergütung nach VergGr. III BAT zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß der Kläger tarifgerecht vergütet werde. Zwar verfüge er über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen wie ein einschlägig ausgebildeter Ingenieur und übe eine entsprechende Tätigkeit aus. Diese erfülle aber allenfalls die Anforderung der „besonderen Leistungen” im Sinne der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10. Es handele sich nicht um eine Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2. Die von ihm benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten überstiegen nicht diejenigen eines einschlägig ausgebildeten Ingenieurs der Fachrichtung Bauingenieurwesen – Schwerpunkt konstruktiver Ingenieurbau/Wasserbau –. Das Fachgebiet Wasserbau sei Teil des einschlägigen Studiums, auch wenn es eine Spezialisierung im Rahmen der Fachrichtung Bauingenieurwesen darstelle. Daraus folge aber nicht, daß es sich um eine Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 handele. Dies gelte auch insoweit, als sich der Kläger darauf berufe, daß er Modellversuche durchführe. Die Durchführung neuartiger Versuche auch in Versuchsanstalten gehöre zu den üblichen Aufgaben eines Ingenieurs. Die Grundlagen dafür würden ihm während des Studiums vermittelt. Im übrigen müsse jeder Ingenieur während seiner Berufstätigkeit wie in jedem technischen Beruf weitere Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, um seine Tätigkeit dem technischen Fortschritt angepaßt ausüben zu können. Erfordere die Tätigkeit besondere Fachkenntnisse, besondere praktische Erfahrungen oder die Mitwirkung bei schwierigen Aufgaben, so könnten darin besondere Leistungen im Sinne der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 gesehen werden, ohne daß der Schluß gerechtfertigt sei, daß es sich um eine Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 handele.

Die Tätigkeit des Klägers hebe sich auch nicht durch ihre besondere Schwierigkeit und die Bedeutung des Aufgabengebietes aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 heraus. Die vom Kläger für die besondere Schwierigkeit und die Bedeutung des Aufgabengebietes angeführten Umstände seien für einen Ingenieur mit konstruktiven Aufgaben in einem Wissenschaftsinstitut üblich. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Aufgabenstellung als auch hinsichtlich der Abstimmungsprobleme bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Versuche.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben mit Recht erkannt, daß dem Kläger ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT nicht zusteht.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihm in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe III BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabsatz 1 und Unterabsatz 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen. Danach ist darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Das Landesarbeitsgericht nimmt zutreffend an, daß die in der Tätigkeitsbeschreibung zu 1) genannte Tätigkeit als Arbeitsvorgang im Tarifsinne anzusehen ist. Arbeitsergebnis ist der durchgeführte Modellversuch. Dazu gehören alle Tätigkeiten von der Vorbereitung bis zur Auswertung. Diese sind tatsächlich abgrenzbar und tariflich selbständig bewertbar. Sie nehmen 55 v.H. der Gesamtarbeitszeit des Klägers in Anspruch. Ob die übrigen in der Tätigkeitsbeschreibung zu 2) bis 6) aufgeführten Tätigkeiten selbständige Arbeitsvorgänge im Tarifsinne sind oder wegen ihres Zusammenhanges mit dem vom Arbeitsvorgang zu 1) erfaßten Tätigkeiten diesem zuzurechnen sind, hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft. Diese Prüfung ist auch dem Senat nicht möglich, da das Landesarbeitsgericht insoweit keine Feststellungen für die jeweiligen Arbeitsergebnisse und die tatsächlichen Zusammenhänge mit den vom Arbeitsvorgang zu 1) erfaßten Tätigkeiten getroffen hat. Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an, da das Landesarbeitsgericht den Arbeitsvorgang zu 1) zutreffend tariflich bewertet und der Kläger nicht ausreichend Tatsachen vorgetragen hat, die unter Einbeziehung der Tätigkeiten zu 2) bis 6) eine andere tarifliche Bewertung seiner Tätigkeit zuließen.

Mit Recht geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß der Kläger technischer Angestellter ist, so daß für die tarifliche Bewertung seiner Tätigkeit folgende Tätigkeitsmerkmale heranzuziehen sind:

Vergütungsgruppe IV b BAT Fallgruppe 21:

Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen und entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach Ablegung der Prüfung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach sechsmonatiger Ausübung dieser Tätigkeiten.

(Entsprechende Tätigkeiten sind zum Beispiel:

  1. Aufstellung oder Prüfung von Entwürfen nicht nur einfacher Art einschließlich Massen-, Kosten- und statischen Berechnungen und Verdingungsunterlagen, Bearbeitung der damit zusammenhängenden laufenden technischen Angelegenheiten – auch im technischen Rechnungswesen –, örtliche Leitung oder Mitwirkung bei der Leitung von Bauten und Bauabschnitten sowie deren Abrechnung;
  2. Ausführung besonders schwieriger Analysen, Schiedsanalysen oder selbständige Erledigung neuartiger Versuche nach kurzer Weisung in Versuchslaboratorien, Versuchsanstalten und Versuchswerkstätten).

Vergütungsgruppe IV a BAT Fallgruppe 10:

Technische Angestellte …, die sich durch besondere Leistungen aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 21 herausheben, sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

(Besondere Leistungen sind zum Beispiel:

Aufstellung und Prüfung von Entwürfen, deren Bearbeitung besondere Fachkenntnisse und besondere praktische Erfahrung oder künstlerische Begabung voraussetzt sowie örtliche Leitung bzw. Mitwirkung bei der Leitung von schwierigen Bauten und Bauabschnitten sowie deren Abrechnung).

Vergütungsgruppe III BAT Fallgruppe 2:

Technische Angestellte … mit langjähriger praktischer Erfahrung, die sich durch besonders schwierige Tätigkeit und die Bedeutung ihres Aufgabengebietes oder durch künstlerische oder Spezialtätigkeit aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 10 herausheben, sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

Das Landesarbeitsgericht nimmt zutreffend an, daß der Kläger die tariflichen Anforderungen eines „sonstigen Angestellten” erfüllt und eine „entsprechende Tätigkeit” ausübt (VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21). Ferner berücksichtigt das Landesarbeitsgericht, daß die vorliegend heranzuziehender Vergütungsgruppen aufeinander aufbauen, so daß ausgehend von der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21 die Anforderungen der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 zu prüfen sind. Insoweit geht das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff aus, indem es für die Heraushebung aus der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21 durch „besondere Leistungen” unter Bezugnahme auf die entsprechende Senatsrechtsprechung eine an den tariflichen Beispielstätigkeiten orientierte, deutlich wahrnehmbar erhöhte Qualität der Arbeit für notwendig hält, die erhöhtes Wissen und Können oder eine sonstige gleichwertige Qualifikation fordert (BAGE 51, 59, 87 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Diese Anforderungen sieht das Landesarbeitsgericht dadurch als erfüllt an, daß sich der Kläger bei jedem Versuch auf die vielfältigen Erfordernisse hinsichtlich seiner Planung und Durchführung einstellen müsse und dies besonders qualifizierte und differenzierte Fähigkeiten und umfangreiche Kenntnisse auf dem gesamten Fachgebiet erfordere. Gegen diese Subsumtion ergeben sich keine rechtlichen Bedenken.

Auch hinsichtlich der tariflichen Anforderungen der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 geht das Landesarbeitsgericht von den zutreffenden Rechtsbegriffen aus. Als Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 ist eine Tätigkeit anzusehen, die ein außerhalb der üblichen Aufgaben eines einschlägig ausgebildeten Ingenieurs liegendes, außergewöhnliches Spezialgebiet betrifft, wobei außergewöhnliche, spezielle Fachkenntnisse erforderlich sind, die auch nicht technischer Art sein können. Dabei reicht es nicht aus, wenn es sich lediglich um eine ungewöhnliche oder seltene Tätigkeit handelt. Entscheidend ist vielmehr, daß sich die Tätigkeit der gesamten Aufgabenstellung und der im Hinblick darauf geforderten besonderen Kenntnisse und Erfahrungen und ihres darin liegenden außergewöhnlichen Charakters wegen deutlich aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 heraushebt (BAG Urteil vom 11. September 1985 – 4 AZR 141/84 – AP Nr. 106 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Das Landesarbeitsgericht interpretiert die Senatsrechtsprechung auch zutreffend dahingehend, daß mit der Forderung nach „außergewöhnlichen, speziellen Fachkenntnissen” keine zusätzlichen Anforderungen gestellt werden, sondern nur der Begriff des außergewöhnlichen Spezialgebietes näher spezifiziert wird. Ein außerhalb der üblichen Aufgaben liegendes, außergewöhnliches Spezialgebiet erfordert gerade außergewöhnliche und spezielle Fachkenntnisse. Deren Einsatz in einem solchen Gebiet läßt mithin den Schluß zu, daß es sich um eine Spezialtätigkeit im Tarifsinne handelt. Diese Spezialtätigkeit muß sich wegen ihres außergewöhnlichen Charakters deutlich aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 herausheben, die wiederum eine Heraushebung aus der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21 erfordert. In diesem Sinne ist der Hinweis auf die VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21 in dem vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Urteil des Senats vom 11. September 1985 (– 4 AZR 141/84 – AP Nr. 106 zu §§ 22, 23 BAT 1975) zu verstehen.

Entgegen den Bedenken des Landesarbeitsgerichts ist an der Interpretation des Begriffes der Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 festzuhalten. Eine Spezialtätigkeit im Tarifsinne kann nicht gleichgesetzt werden mit einer Spezialisierung auf einem bestimmten Fachgebiet. Gerade in technischen Berufen wird, wenn nicht schon während des Studiums, so doch bei der Ausübung des Berufs in vielen Fällen eine Spezialisierung erfolgen. Diese rechtfertigt aber nicht den Schluß, daß ein technischer Angestellter, der sich auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisiert, Aufgaben ausübt, die außerhalb der einschlägigen Ausbildung liegen und die außergewöhnliche Fachkenntnisse erfordern, selbst wenn die Tätigkeit ungewöhnlich oder selten ist. Diese Anforderung folgt daraus, daß die Spezialtätigkeit nach dem Aufbau der Vergütungsgruppen ein Heraushebungsmerkmal aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10, die selbst schon besondere Leistungen erfordert, darstellt. Sie muß sich demgemäß nach ihrer gesamten Aufgabenstellung und der im Hinblick darauf geforderten besonderen Kenntnisse und Erfahrungen und ihres darin liegenden außergewöhnlichen Charakters wegen deutlich aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 herausheben.

Da es sich beim Begriff der Spezialtätigkeit um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist die Subsumtion des Landesarbeitsgerichts vom Revisionsgericht nur daraufhin zu überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob alle entscheidungserheblichen Tatumstände Berücksichtigung gefunden haben (BAGE 51, 59, 85 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Derartige Rechtsfehler enthält das angefochtene Urteil nicht. Das Landesarbeitsgericht stellt fest, daß die vom Kläger benötigten Kenntnisse zumindest ihren Grundlagen nach im Rahmen einer einschlägigen Ausbildung eines Wasserbauingenieurs mit Schwerpunktgebiet wasserbauliches Versuchswesen vermittelt werden. Auch wenn nur eine Fachhochschule Lehrveranstaltungen in diesem Fachgebiet anbiete und es sich mithin um eine ungewöhnliche und seltene Tätigkeit handele, lägen die Voraussetzungen für die Annahme eines Spezialgebietes im Tarifsinne nicht vor. Auch die Beschäftigung des Klägers in einer Versuchsanstalt rechtfertige keine andere Beurteilung. Damit berücksichtigt das Landesarbeitsgericht, daß Kenntnisse im wasserbaulichen Versuchswesen nur auf einer Fachhochschule vermittelt werden und der Kläger demgemäß eine ungewöhnliche und seltene Tätigkeit ausübt. Auch wenn er durch langjährige Erfahrungen weitere spezielle Kenntnisse erworben hat, so konnte das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes durchaus zu dem Ergebnis gelangen, daß es sich im Hinblick auf das in dem einschlägigen Studium vermittelte Grundwissen nicht um eine Spezialtätigkeit im Tarifsinne handelt. Da Tätigkeiten in Versuchsanstalten schon als Tätigkeitsbeispiel im Klammerzusatz zur VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21 genannt sind, ist auch insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht diesen Umstand nicht zu einer Qualifizierung einer Tätigkeit als Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 hat ausreichen lassen.

Die Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Der Kläger rügt mit der Revision, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, daß er bei den in der Tätigkeitsbeschreibung zu 2) und 4) genannten Tätigkeiten pädagogische Kenntnisse und bei der Tätigkeit zu 5) solche der Datenverarbeitung benötige, so daß im Hinblick auf deren zeitlichen Anteil von 30 v. H. an der Gesamtarbeitszeit die Tätigkeit insgesamt als Spezialtätigkeit anzusehen sei. Dies trifft aber nicht zu. Handelt es sich bei den in der Tätigkeitsbeschreibung zu 2), 4) und 5) genannten Tätigkeiten um selbständige Arbeitsvorgänge, so kann die Revision schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die tarifliche Anforderung der Spezialtätigkeit für jeden Arbeitsvorgang gesondert festzustellen ist. In diesem Falle kann durch die Tätigkeiten zu 2), 4) und 5) der nach § 22 BAT geforderte zeitliche Anteil an der Gesamtarbeitszeit nicht erreicht werden. Ist die gesamte Tätigkeit als ein Arbeitsvorgang anzusehen, so wäre es zwar rechtlich möglich, daß die vom Kläger angeführten Tätigkeiten den Arbeitsvorgang als Spezialtätigkeit qualifizieren könnten. Dazu hätte es jedoch eines substantiierten Vortrages des Klägers bedurft. Nach der Senatsrechtsprechung können außergewöhnliche, spezielle Fachkenntnisse, die ein außerhalb der üblichen Aufgaben eines einschlägig ausgebildeten Ingenieurs liegendes außergewöhnliches Spezialgebiet betreffen, auch solche nicht technischer Art sein (BAG Urteil vom 1. Juni 1977 – 4 AZR 111/76 – AP Nr. 98 zu §§ 22, 23 BAT). Das Erfordernis qualifizierter Kenntnisse kann aber aus der Arbeitsplatzbeschreibung, auf die sich der Kläger mangels anderweitigen Vortrags allein zu beziehen vermag, nicht entnommen werden. Weder läßt die Beratung von Studenten, Tutoren und Assistenten (Tätigkeit zu 2 und 4) auf das Erfordernis qualifizierter pädagogischer Kenntnisse noch die Beschreibung der Tätigkeit zu 5) auf das Erfordernis solcher auf dem Gebiet der Datenverarbeitung schließen. Die Rüge des Klägers nach § 139 ZPO kann insoweit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger nach seinem Sachvortrag in den Vorinstanzen die Erfüllung der Anforderung der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 hinsichtlich der Spezialtätigkeit allein durch den Arbeitsvorgang zu 1) für sich in Anspruch genommen hat.

Das Landesarbeitsgericht hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Erfüllung der Anforderungen der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit und der Bedeutung des Aufgabengebietes im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 verneint. Das Landesarbeitsgericht ist unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 29. Januar 1986 (BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975) von den zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen. Seine Subsumtion ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Landesarbeitsgericht führt zur besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit, die die fachlichen Anforderungen an die Qualifikation des Angestellten betrifft, aus, daß der Kläger insoweit im wesentlichen geltend mache, daß die besondere Schwierigkeit seines Aufgabengebietes darin liege, daß er sich jedesmal auf die vielfältigen Erfordernisse bei der Bearbeitung der Projekte einstellen müsse und diese Tätigkeit nur mit langjähriger Erfahrung im wasserbaulichen Versuchswesen bewältigt werden könne. Dies reiche aber nicht aus, da diese Umstände bereits zur Begründung der besonderen Leistungen der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 herangezogen und damit verbraucht worden seien.

Dies steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats. Es liegt im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz, durch welche Umstände es die qualifizierenden Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe als erfüllt ansieht (BAGE 51, 356, 372 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975 im Anschluß an BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht die besonderen Leistungen gerade mit der Neuartigkeit der Versuche begründet. Demgemäß konnte es diese in Bezug auf die besondere Schwierigkeit der Tätigkeit nicht nochmals heranziehen (vgl. BAGE 51, 59, 92 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Die Revision verweist allerdings auf eine Reihe von Umständen, die das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt haben soll. Damit kann sie jedoch keinen Erfolg haben. Zum einen schließt die Begründung des Landesarbeitsgerichts „im wesentlichen” nicht aus, daß es diese Umstände gesehen, aber im Rahmen seines Beurteilungsspielraums nicht für relevant erachtet hat. Zum anderen hat der Kläger zur besonderen Schwierigkeit in der ersten Instanz in zwei Sätzen allein darauf verwiesen, daß er sich auf jedes Projekt neu einstellen müsse. In der zweiten Instanz hat er ergänzend nichts vorgetragen. Soweit er mithin aus anderen Umständen nunmehr die besondere Schwierigkeit begründen will, handelt es sich insoweit um neues Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann.

Der Kläger rügt mit der Revision auch, daß das Landesarbeitsgericht bei der Beurteilung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit die Tätigkeiten zu 2) bis 6) der Tätigkeitsbeschreibung nicht berücksichtigt habe. Auch dies hat keinen Erfolg. Nach der Rechtsprechung des Senats kann das Qualifizierungsmerkmal der Schwierigkeit der Tätigkeit in der Regel nur bei den einzelnen Arbeitsvorgängen und nur ausnahmsweise bei der Verbindung ungewöhnlicher, spezieller und jeweils differenzierte Anforderungen stellender Einzelaufgaben auch im Hinblick auf § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT rechtlich Bedeutung erlangen (BAG Urteil vom 16. Juni 1982 – 4 AZR 938/79 – nicht veröffentlicht, unter Bezugnahme auf BAG Urteil vom 16. Mai 1979 – 4 AZR 680/77 – AP Nr. 23 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 4. April 1984 – 4 AZR 95/82 – und vom 2. Dezember 1987 – 4 AZR 408/87 – nicht veröffentlicht). Insoweit hätte der Kläger vortragen müssen, inwiefern sich eine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit aus der Zusammenfassung seiner Tätigkeit ergeben könnte. Dies hat er nicht getan. Er hat die Tätigkeiten zu 2) bis 6) überhaupt nicht für die Qualifizierung seiner Gesamttätigkeit herangezogen. Deshalb kann auch eine zusammenfassende Betrachtungsweise zu keinem anderen Ergebnis führen.

Das Landesarbeitsgericht hat ferner den Vortrag des Klägers hinsichtlich der Erfüllung der tariflichen Anforderung der Bedeutung des Aufgabengebietes mit Recht nicht für schlüssig gehalten. Nach der Senatsrechtsprechung betrifft die Bedeutung des Aufgabengebietes die Auswirkungen der Tätigkeit (BAGE 51, 59, 94 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Der Kläger hat demgegenüber in den Vorinstanzen die Bedeutung seiner Tätigkeit nur mit der Erforderlichkeit der Koordination der Versuchsplanung, ihrer Durchführung und der Auswertung mit anderen Beteiligten begründet. Damit ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß der Kläger zum Arbeitsvorgang zu 1) die Erfüllung der tariflichen Anforderung nicht schlüssig dargelegt habe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch eines Hinweises nach § 139 ZPO durch das Landesarbeitsgericht bedurfte es nicht, da der Kläger durchaus erkannt hat, daß er hinsichtlich der Bedeutung seines Aufgabengebietes Tatsachen vortragen müsse und sich die Unschlüssigkeit seines Tatsachenvortrages aus dem Urteil erster Instanz ergab.

Im Hinblick auf den fehlenden Sachvortrag in den Vorinstanzen kann der Kläger in der Revisionsinstanz die Bedeutung des Aufgabengebietes auch nicht mehr mit den in der Tätigkeitsbeschreibung zu 2) bis 6) aufgeführten Tätigkeiten begründen, obwohl eine zusammenfassende Betrachtungsweise nach § 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 2 BAT bei dem Qualifizierungsmerkmal der Bedeutung des Aufgabengebietes grundsätzlich geboten ist (BAG Urteil vom 16. Mai 1979 – 4 AZR 680/77 – AP Nr. 23 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

 

Unterschriften

Dr. Neumann, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Brocksiepe, Marx

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1015670

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